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Ich sehe dein Geheimnis

Ich sehe dein Geheimnis

Titel: Ich sehe dein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrington
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sogar gar nicht so schlimm, aber ich hatte trotzdem keine Lust, hier draußen auf ein Taxi zu warten. Aber ich würde ganz sicher nicht wieder hineingehen.
    »Clare!«
    Ich drehte mich um. »Lass mich in Ruhe, Gabriel.«
    »Es tut mir leid.«
    »Geh wieder rein.«
    »Bitte höre mir zu.« Er hielt mich an den Schultern fest und zwang mich, ihn anzusehen. Ein Regentropfen rann seine Wange hinunter. Sein Blick war flehentlich, fast gequält. »Ich bin ein Idiot.«
    Ich nickte. »Weiter …«
    »Ich weiß nicht, warum ich so etwas sage. Ich meine, natürlich weiß ich, warum. Nämlich weil ich nicht gut finde, wie deine Familie ihren Lebensunterhalt verdient. Aber ich finde es nicht in Ordnung, dass ich dich deswegen dauernd verletze. Du bist ein guter Mensch und ich mag dich.« Nach einer Pause fügte er hinzu: »Mehr als ich sollte.«
    Ich nahm mir fest vor, das Atmen nicht zu vergessen.
    »Es tut mir leid, dass ich solche Sachen sage. Es liegt an … an meiner Vergangenheit …«
    Ich wartete auf eine genauere Erklärung, aber stattdessen küsste er mich. Er küsste mich einfach auf den Mund. Ich hatte vorher niemanden außer Justin geküsst. Zum Glück hielt Gabriel mich immer noch an den Schultern fest, denn ich hatte weiche Knie und spürte meine Beine nicht mehr. Seine Hand glitt meinen Rücken hinab. Mein Mund öffnete sich und der Kuss wurde inniger. Er stöhnte leise und zog mich enger an seinen Körper heran.
    Und dann ertönte eine Autohupe.
    Ich löste die Umarmung. Mom blieb mit ihrem Toyota Prius neben uns stehen – um den Moment zu zerstören und wahrscheinlich um sich dafür rächen, dass ich sie beim Bankett alleine gelassen hatte.
    Sie ließ das Fenster herunter und rief: »Willst du einsteigen oder hast du schon eine Mitfahrgelegenheit gefunden?«
    Ich seufzte. Das einzig Richtige in dieser Situation war, mit Mom zu fahren. Bliebe ich hier, würden wir uns weiter küssen, und ich wusste nicht, ob ich das wollte. Gabriel war attraktiv und verführerisch und all das, aber gleichzeitig schien er zu verabscheuen, wer ich war.
    »Bis bald«, verabschiedete ich mich und stieg zu meiner Mutter ins Auto.
    Sie zog ihre Augenbrauen hoch und pfiff leise.
    Ich stieß ihr den Ellbogen in die Rippen.
    Am nächsten Morgen hatte ich zwar leichte Kopfschmerzen, aber ich trug immer noch ein Lächeln im Gesicht. Sowohl Gabriels Kuss als auch meine heftige körperliche Reaktion darauf hatten mich überrascht. Emotional war ich völlig durcheinander. Die Arbeit an diesem Fall war für mich so spannend wie bisher nichts in meinem Leben. Und obwohl Gabriel abwechselnd freundlich und abweisend war und meine Gefühle für ihn alles andere als eindeutig waren, genoss ich doch seine Nähe. Der Kuss gestern Abend hatte mir gezeigt, dass er genauso fühlte.
    Ich schlurfte ins Badezimmer und spülte zwei Kopfschmerztabletten mit einem großen Glas Wasser hinunter. Nach dem Duschen würde ich mich bestimmt schon besser fühlen.
    Eine halbe Stunde später hatte ich mich für hellbraune Shorts und ein grünes T-Shirt mit V-Ausschnitt entschieden. Ich trug hellrosa Lippenstift auf und gab etwas Pflegemittel in meine trockenen Haare. Die Luftfeuchtigkeit tat ihnen nicht gut. Ich wäre viel hübscher, wenn ich in der Wüste leben würde.
    Hoffentlich hatte Gabriel heute einen Auftrag für mich. Ich konnte es kaum erwarten, ihn wiederzusehen. Wahrscheinlich war er genauso verwirrt wie ich, aber einer Sache war ich mir ganz sicher: dass ich in seiner Nähe sein wollte. Ich sah auf mein Handy – keine neuen Nachrichten. Mit einem Mal hatte ich Lust auf ein ungesundes Frühstück und beschloss, mir im Supermarkt einen Donut zu holen.
    Ich nahm meine Tasche, konnte jedoch die Hausschlüssel nicht finden. Ich warf sie immer auf die Arbeitsplatte in der Küche, wenn ich heimkam. Vage erinnerte ich mich daran, das auch gestern Abend getan zu haben. Aber da ich noch von Gabriels Kuss benebelt gewesen war, hatte ich sie vielleicht aus Versehen woanders abgelegt.
    Es klingelte an der Tür. In der Hoffnung, es könne Gabriel sein, ordnete ich schnell meine Frisur und öffnete sie. Davor stand jemand, mit dem ich am allerwenigsten gerechnet hätte.
    »Mein Name ist Olga Maslov«, sagte sie mit starkem russischem Akzent.
    »Ich weiß, wer Sie sind. Was kann ich für Sie tun?«
    Sie legte den Kopf schief und schloss die Augen. »Du wirst deinen Schlüssel auf dem Boden finden.«
    Mir blieb der Mund offen stehen. »Woher wussten Sie …«
    Sie

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