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Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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den Papierhaufen. Niemand wird mir je etwas nachweisen können. Nicht virtuell, nicht real. So ein Feuer passiert manchmal, vor allem bei Rauchern, wenn sie unvorsichtig sind …

78
    Die Türen der U-Bahn öffneten sich, und Sara stieg zusammen mit anderen Fahrgästen aus. Sie verbarg sich in der Menschenmenge, suchte Schutz bei den zahllosen Unbekannten, die für einen Moment nur ihren Weg teilten, um dann wieder im Nichts unterzutauchen.
    Die Rolltreppe führte direkt zum Marienplatz. Sie lief die wenigen Schritte zum Eingang des Cafés, spürte, wie nervös sie mit einem Mal bei dem Gedanken wurde, in wenigen Augenblicken Michael gegenüberzustehen. Wie sollte sie ihn begrüßen? Eine Umarmung? Ein Kuss? Wenn ja, auf den Mund? Oder lieber auf die Wangen? Oder gar nichts, ein wenig Distanz schaffen? Ohne zu einem Ergebnis zu kommen, fuhr sie in den vierten Stock.
     
    Der Ober kam bereits zum zweiten Mal an ihren Tisch. Sara winkte ab. »Ich warte noch.«
    Er entfernte sich wieder. Sie beobachtete, wie er den Kopf schüttelte, ganz leicht nur, und doch drückte es klar seine Verärgerung über sie aus, über sie, die hier saß, auf einem der besten Plätze, und ihn um seinen Umsatz brachte. Sie drehte den Kopf wieder zum Fenster und suchte den großen, von Touristen bevölkerten Platz nach Michael ab. Wenn er vom Gericht kam, musste er den Marienplatz überqueren, wahrscheinlich kam er die Theatinerstraße entlang. Sie brachte den Kopf näher ans Fenster und versuchte, ihn in der Menge zu erspähen, doch die Menschen unter Sara waren viel zu klein, um sie gut erkennen zu können. Sie wandte sich ab und ließ ihren Blick wieder durch das Café wandern. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte sie, ihn gesehen zu haben, doch sie hatte sich wieder geirrt. Sie dachte an Tini und den bevorstehenden Termin bei König. Mit den neuen Beweisen musste er dafür sorgen, dass Tini aus der Untersuchungshaft freikam, selbst wenn die Anklage noch nicht fallen gelassen wurde. Sie war jetzt fast eine Woche im Gefängnis, wie es ihr wohl ging? Ob sie fest darauf vertraute, dass Michael und sie sich für sie einsetzten? Sie holte Peters Handy hervor und wählte die Nummer ihrer Mutter.
    »Reiser.«
    »Mama, hallo, du, kannst du, falls ich mich verspäte, Jonas pünktlich um sieben bei Tom holen?«
    »Sara! Von wo rufst du an? Das ist doch nicht deine Nummer.«
    »Das ist Peters Handy. Ich hab es mir von ihm geliehen.«
    »Peters Handy? Was ist denn mit deinem?«
    Sollte sie ihrer Mutter wirklich erklären, dass sie ihr Handy heute dem Wahnsinnigen gegeben hatte, der sie gestern Abend über den Haufen gerannt hatte, und dabei auch Jonas’ Handy verlor, als der gleiche Irre, der vermutlich auch Pauls Mörder war, sie mit einem Messer bedroht und verletzt hatte? »Es ist kaputt.«
    »Und wo bist du, dass du nicht weißt, ob du dich verspätest?«
    Sara zögerte kurz. »Ich muss aufs Kommissariat, wegen Tini, reine Routine. Kannst du ihn holen?« Sie hörte, wie ihre Mutter einen Seufzer ausstieß.
    »Natürlich kann ich ihn holen. Pass bitte auf dich auf, ja?«
    »Danke, Mama.« Sie legte auf und sah auf die Zeitanzeige auf Peters Display. Viertel vor vier. Ob sich der Gerichtstermin verzögert hatte? Sie holte Michaels Visitenkarte aus der Innentasche ihres Mantels.
     
    Sie hatte aufgehört zu zählen, wie oft sie nun die Wahlwiederholungstaste gedrückt hatte. Belegt. Wie konnte sein Telefon belegt sein, wenn er im Gericht war? Ausgeschaltet vielleicht. Aber nicht belegt. Immer mehr ergriff sie ein Gefühl der Enttäuschung, sogar Verärgerung, dann wieder Angst. War etwas passiert? Er würde sie nicht einfach hier sitzenlassen. So konnte sie sich nicht getäuscht haben. Er hätte sie angerufen.
    Plötzlich schlug sie sich mit der Hand vor die Stirn. Du Idiot! Wie soll er dich denn anrufen? Wenn er anruft, dann auf Jonas’ Telefon! Woher soll er denn wissen, dass du es verloren hast!
    Sie wählte die Nummer von Jonas’ Mailbox. Drei neue Nachrichten.
     
    Sara, hier Michael, du gehst nicht an dein Telefon und ich habe gerade Pause und mal über die Trackingfunktion nachgesehen, wo du bist. Was machst du in der Westendstraße? Ich hoffe, du bist nicht zu Valeska zurückgegangen … Muss ich mir Sorgen machen? Ruf bitte an!
     
    Sara sprang zur nächsten Nachricht.
     
    Sara, was soll das? Hast du mich eben weggedrückt? Es ist Viertel vor zwei und du bist noch immer in der Westendstraße. Was ist los? Wir hatten doch gesagt, keine

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