Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
Vom Netzwerk:
müssen? Zuerst wird die Schwester zu Unrecht verdächtigt, jetzt der Anwalt. Saras Behauptung, die Polizei irre sich, das ist doch nichts als eine Vermutung. Und das, obwohl sie in den letzten Tagen immer wieder feststellen musste, dass Christina sie nach Strich und Faden belogen hat.«
    »Das stimmt doch gar nicht!« Wie konnte er die Dinge nur immer so verdrehen. »Sie hat mir Dinge verheimlicht, und mich nicht belogen.«
    »Ach, hör doch auf mit der Haarspalterei.« Er verscheuchte eine imaginäre Fliege. »Fakt ist, dass du dich der Wahrheit verweigerst.«
    Dr. Rosen machte eine beschwichtigende Geste. »Nun, Sara, Ronalds Frage, warum Sie die Ermittlungsergebnisse der Polizei anzweifeln, ist durchaus berechtigt. Aus seiner Sicht wirkt ihr Verhalten irrational und verstärkt seine Frustration über Ihre unerwünschte Einmischung. Können Sie Ronald mit rationalen Gründen davon überzeugen, warum Sie glauben, dass die Polizei sich irrt?«
    Ronnie zollte Dr. Rosen einen anerkennenden Blick, offenbar hoffte er, in ihr einen Bündnispartner gefunden zu haben. Er lehnte sich zurück.
    »Ichweiß, dass Michael, also Herr Seitz, nichts mit den Morden zu tun haben kann, weil seine Nachbarn ihm sein Alibi bestätigen.«
    »Und das weißt du auch von der Polizei?«, fragte Ronnie, ohne den Spott in seiner Stimme zu unterdrücken. Wieder beugte sich Dr. Rosen vor und verfolgte aufmerksam das Zwiegespräch. Für eine Sekunde schoss Sara der Gedanke durch den Kopf, dass der Mordfall sie mehr interessierte als ihre Eheprobleme.
    »Nein, natürlich nicht! Das weiß ich von seiner Nachbarin.« Sara biss sich auf die Lippe. Wenn er nachfragte, war es ganz vorbei.
    »Und wie kommt die Nachbarin von Herrn Seitz dazu, dich anzurufen?«
    Sara atmete tief ein. Jetzt musste sie Farbe bekennen. »Ich hab sie besucht. Gestern Nachmittag.«
    »Du hast was? Warst du dort etwa mit Jonas und Ben?« Ronnies Gesicht spiegelte eine Mischung aus Erstaunen und Wut.
    »Nein, natürlich nicht. Sie waren mit Mama bei uns zu Hause.«
    »Ich fasse es nicht. Wenn wir heute nicht hierhergekommen wären, hätte ich nie davon erfahren. Stimmt’s? Nein, warte, meine Kollegin hätte es mir wahrscheinlich erzählt. Weil sie sich vielleicht darüber gewundert hat, dass eine wildfremde Frau auf ihr Kind aufpasst. Ich verlasse mich auf dich, und sobald ich mich umdrehe, machst du, was du willst.« Sara sah, wie er um seine Beherrschung rang.
    »Warum hätte ich es dir auch sagen sollen? Wir hätten uns nur gestritten!« Sie hörte den Trotz in ihrer Stimme und wusste, es war der falsche Tonfall, wenn sie die Situation noch irgendwie retten wollte.
    »Ja! Und zwar zu Recht! Es ist inakzeptabel, dass du dich nicht an Abmachungen hältst!«
    Sie starrten sich gegenseitig an. Sie fröstelte. War es wirklich schon so weit mit ihnen gekommen, dass sie nicht mal im Beisein einer Mediatorin eine vernünftige Unterhaltung führen konnten?
    »Darf ich mich hier einklinken?« Die freundliche Stimme von Dr. Rosen schob sich dazwischen. Er verlor seine mühsam aufrechterhaltene Beherrschung.
    »Nein, das dürfen Sie nicht!« Seinem Brüllen begegnete Dr. Rosen mit einem eisigen Blick. Er mäßigte seinen Tonfall und presste die nächsten Worte heraus. »Da ist doch Hopfen und Malz verloren! Dass dieser … dieser Vertrauensmissbrauch unsere Ehe zerstört, muss ich mir nicht für neunzig Euro die Stunde bestätigen lassen.«
    Er stand auf und ging zur Tür, ohne Sara eines weiteren Blickes zu würdigen. Dort drehte er sich noch einmal um und sagte, mehr an Dr. Rosen gerichtet, als an Sara: »Meine Geduld ist am Ende. Und unsere Ehe auch. Was das bedeutet, muss ich wohl nicht näher erläutern.«

39
    Lydia notierte sich die Telefonnummer und schloss die Internetseite. Zögernd griff sie zum Hörer und wählte. Beim zweiten Freizeichen legte sie schnell auf. War sie wirklich dazu bereit? Wenn sie jetzt davonrannte, würde sie dann nicht ihr ganzes Leben auf der Flucht sein? Er würde nie aufgeben, das war inzwischen klar.
    »Oh nein, so schnell gebe ich nicht klein bei. Du weißt nicht, wen du jetzt als Gegner hast.« Sie ballte die Fäuste. Sie würde kämpfen. Ihn vernichten. Eine andere Lösung gab es nicht. ER oder SIE.
    Sie stand auf und öffnete die Tür zum Veranstaltungsraum, in dem alle Lichter brannten. Nach einem prüfenden Blick durch den Saal vergewisserte sie sich, dass die Eingangstür geschlossen war, und blieb dann in der Bürotür stehen. Angestrengt

Weitere Kostenlose Bücher