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Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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Klimpern, als habe er mit seinem Unterarm den Inhalt der Tasche wieder hineingeschoben. Dem Schaben folgte ein dumpfes Geräusch und sie wusste, dass er gerade ihre Tasche auf den Boden hatte fallen lassen. Also doch. Er hatte ihre Tasche durchwühlt. Was zum Teufel suchte er? Einen Beweis für ihre Untreue?
    »Und was will dieser Kripobeamte von dir? Der hat sich benommen, als seist du ein Schwerverbrecher. Behauptet, er hätte dich in der Wohnung von diesem … diesem Seitz angetroffen. Ich hoffe, du hast eine sehr gute Erklärung dafür. Außerdem sagt er, du hättest Seitz ein Alibi für Freitagabend gegeben. Spinnst du? Du kannst doch die Polizei nicht anlügen!«
    Jetzt hallten seine Schritte im Flur. Wenn das eben der Küchentisch war, musste er gleich in ihrem Arbeitszimmer sein.
    »Ich habe die Polizei nicht angelogen. Ich erkläre dir alles, wenn ich nach Hause komme.«
    » Wenn du nach Hause kommst? Du setzt dich unverzüglich ins Auto und holst Jonas bei deiner Mutter ab.« Eine Schublade wurde aufgerissen und wieder zugeknallt. Er saß an ihrem Schreibtisch. Sara schloss die Augen und zählte bis fünf. Hör auf, durch meine Sachen zu gehen.
    »Das Auto ist kaputt.«
    Wieder wurde eine Schublade geöffnet. »Das Auto ist brandneu, das kann gar nicht kaputt sein.«
    Hast du eine Ahnung, wie kaputt so ein neues Auto sein kann. Zum Glück warst du nicht dabei.
    »Heißt das, dass dumich angelogen hast? Dass du nicht bei der Weihnachtsfeier, sondern bei diesem Seitz warst?«
    Sie schwieg. Was sollte sie darauf antworten? Ja, ich habe dich angelogen vielleicht?
    »Sara?« Sein Tonfall nahm an Schärfe zu. »Ich warte.«
    Wieder knallte eine Schublade. Sara wurde immer angespannter und schloss unwillkürlich die Augen. Hör auf, meine Schubladen zuzuknallen, du weißt, dass ich das hasse!
    »Das Auto ist kaputt. Ich hatte einen Unfall.«
    Er sog scharf die Luft ein. »Du hast es kaputt gefahren ?«
    »Ja.«
    »Nein! Das glaub ich nicht. Nicht meinen Audi.« Sie sah ihn vor sich, wie er sich den Nasenrücken rieb und dabei den Kopf senkte, als laste alles Gewicht dieser Welt auf ihm.
    »Doch. Leider.«
    »Wie kaputt?«
    »Ziemlich. Fahruntauglich.«
    »Das glaube ich nicht. Du fährst mein Auto kaputt und hältst es nicht mal für nötig, mir das mitzuteilen? Stattdessen gehst du zu diesen … Weibern!« Wieder wurde eine Schublade scheppernd aufgerissen und mit voller Wucht zugeschlagen. »Denkst du irgendwann einmal nicht nur an dich?«
    »Ich bin hierher, um die Zeit zu überbrücken, bis ich Jonas holen musste.«
    »Du hast Jonas aber nicht geholt. Nicht mal das.«
    »Ja eben. Wegen dieser Asthma-Attacke!«
    » Vermeintlichen Asthma-Attacke.« Die letzte Schublade flog auf.
    »Ist doch egal! Valeska hat Hilfe gebraucht.«
    Das Rascheln von Papier füllte die neuerliche Stille aus. Sie wartete, ob er noch etwas sagen würde. Aber es war eigentlich egal. Sie hatte ohnehin nicht geglaubt, dass er nachfragen würde, ob sie sich bei dem Unfall verletzt hatte, oder warum sie ohnmächtig geworden war, oder wie sie sich fühlte. Aber sie ertrug jetzt seine Anklagen nicht. Für heute reichte es, sie wollte einfach nur ein freundliches Wort. Rückhalt. Unterstützung. Idealerweise von ihrem Partner, aber das hatten sie heute ja bereits konstatiert, dass sie keine Partner waren …
    »Und nur du konntest ein Telefon bedienen.«
    »Wir waren allein.«
    Wieder machte er eine Pause.
    »Ich will, dass du sofort nach Hause kommst und jeden Kontakt zu dieser Gruppe abbrichst. Und sag jetzt nicht, das geht nicht wegen Christina. Diese Frauen sind nicht zurechnungsfähig. Drei Männer sind schon tot.« Das Papierrascheln wurde stärker. Zerknüllte er gerade ihre Unterlagen? Egal. Es war ihr wirklich egal.
    »Willst du, dass ich das nächste Opfer bin?«
    »So ein Unsinn! Was hat das denn mit dir zu tun? Ich gehöre doch nicht zur Gruppe.«
    »Ganz genau. Du gehörst nach Hause. Sofort. Wir haben eine Menge zu besprechen, angefangen mit deinem Besuch bei diesem Seitz.«

50
    Valeskas Rucksack lag immer noch auf dem Schreibtisch im Büro. Sara betrachtete ihn und spielte am Reißverschluss herum. Unfähig, ihre Gedanken zu ordnen und sich auf eine Sache zu konzentrieren. Wer war Valeska wirklich? Hieß sie in Wahrheit Lydia Schwartz? Hatte sie nicht nur Haar- und Augenfarbe, sondern auch ihren Namen geändert? Wozu dieser König sie wohl aufs Revier bestellt hatte? Ob Ronnie sich wieder beruhigt hatte? Sie glaubte nicht daran.

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