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Ich sehe dich

Titel: Ich sehe dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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verfolgen, überallhin, bis ans Ende der Welt, wenn es sein musste.
    Langsam wurde er ruhiger. Der Gedanke, Sara in seinem Versteck gefangen zu halten, seine Fantasien an ihr auszuleben, erregte ihn. Er stellte sich vor, wie er sie in ihrer Wohnung überwältigen und bis zum Abend in ihrem Kellerabteil verstecken würde. Wer käme schon auf die Idee, dort nach ihr zu suchen. Er müsste ihre Schlüssel und ihre Handtasche mitnehmen, es so aussehen lassen, als habe sie die Wohnung freiwillig verlassen. Nachts würde er sie dann holen und in ihr neues Zuhause bringen. In seine Folterkammer neben dem KulturLaden. Die wahre Folterkammer. Nicht eine Forumsrubrik, wo jämmerliche Frauen über ihre noch jämmerlicheren Männer fantasierten. Nein, einen realen Raum des Entsetzens, direkt neben diesen ahnungslosen Schwätzerinnen. Er bereute keinen Cent des Geldes, mit dem er den Hausmeister bestochen hatte, die Band rauszuwerfen und den Raum an ihn zu vermieten. Sein Versteck, direkt neben Lydias liebstem Ort.

69
    Die Küchenuhr tickte gleichmäßig. Melanie hatte die Wohnung bereits vor Minuten verlassen, doch Lydia stand immer noch reglos im Flur, erschlagen von der Flut von Bildern, die mit dem Schließen der Wohnungstür auf sie eingestürzt waren. Carlo mit der Zigarette, Carlo mit dem Bügeleisen, Carlo mit dem Kochlöffel, sein teuflisches Grinsen, wenn er die Essigessenz in ihre Wunden träufelte, sein wildes Stöhnen, wenn er brutal in sie eindrang, immer von hinten, als könnte er es nicht ertragen, ihr dabei ins Gesicht zu sehen.
    Endlich löste sie sich aus ihrer Starre und ging in die Küche. Die Arbeitsflächen waren blitzeblank, das Geschirr in der Anrichte war penibel geordnet. Wahllos riss sie alle Küchenschränke auf und versuchte, etwas zu finden, was nicht dorthin gehörte, aber es war alles wie immer. Nichts hatte sich verändert. Jeder Teller stand an seinem angestammten Platz, selbst die Reihenfolge im Gewürzregal war dieselbe: Salz, Pfeffer, Oregano, Rosmarin. Der Küchentisch war leer, die Zeitungen ordentlich im Zeitungsständer geschichtet.
    Mit einem abschließenden Blick verließ sie die Küche und lief zum Wohnzimmer. Auch hier hatte sich nichts verändert, die karge Einrichtung wirkte noch farbloser, die Schonbezüge auf dem Sofa etwas bleicher und die Tischdecke auf dem Couchtisch ausgewaschener. Ihr Blick blieb am Esstisch hängen.
    Ein Computer. Klar, dachte sie, wie sollte er mich sonst im Chat aufspüren? Sie schaltete ihn an. Mit leisem Surren fuhr er hoch.
    Nur ein Icon zierte den ansonsten eintönig blauen Desktop – der Shortcut zum Internet. Während sich die Verbindung aufbaute, tippte sie Valeska in die Suchmaske von Windows ein.
     
    389 Treffer.
     
    Sie saß wie vom Blitz getroffen da. Ungläubig starrte sie auf die Liste der Suchergebnisse, die sich vor ihren Augen aufbaute. Sie öffnete eines der aufgelisteten Elemente und las mit wachsendem Entsetzen einen ihrer Foreneinträge.
     
    … sein verhalten hat nichts mit dir zu tun, sein verhalten ist nie deine schuld – es liegt immer am angreifer, sich zu kontrollieren. aber es liegt an dir, ihm einhalt zu gebieten, indem du gehst. unternimm etwas. jetzt!
    viel glück
    valeska
     
    Er hatte sie nicht nur im Chat, sondern auch im Frauenwehr-Forum beobachtet. Der Schweiß brach ihr aus. Hatte sie selbst ihn dorthin eingeladen? Wahllos klickte sie auf verschiedene Links der Suchliste. Beiträge aus verschiedenen Foren, vor allem aus dem Frauenwehr-Forum und aus der Folterkammer erschienen auf dem Bildschirm.
    Sie gab Blackwidow ein.
     
    166 Treffer.
     
    Lydia fühlte, wie ihr Puls raste.
    Als Nächstes rief sie den Dateimanager auf und durchsuchte die Ordner. Langsam stieg Übelkeit in ihr auf. Die meisten Foren und Chats, die hier genannt waren, kannte sie oder besuchte sie regelmäßig. Sie öffnete Outlook. Das Postfach war wohlsortiert. Lydia öffnete die letzte gesendete E-Mail.
     
    Hallo Marie,
    danke für deine Unterstützung. Ich bleibe dabei, diese Sara muss raus. Wenn wir beide vorschlagen, dass sie gesperrt wird, haben wir eine bessere Chance, was meinst du? Machst du mit?
    Gruß
    Carla
     
    »Scheiße!«, entfuhr es Lydia. »Carla?«
    Ihre Faust schlug auf den Tisch, so hart, dass der Bildschirm wackelte. Dann suchte sie nach Lydia .
    Drei Treffer.
    Ein PDF ihrer Heiratsurkunde, eine Liste mit den Dingen, die sie zurückgelassen hatte, und ihr Abschiedsbrief. Mein Abschiedsbrief? Ungläubig öffnete sie das

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