Ich sehe was, was du nicht siehst
Hast du das denn immer noch nicht begriffen? Natürlich mag ich dich – viel zu sehr. Das habe ich immer getan. Deshalb bin ich auch davongelaufen. Das hier …« Sie fuchtelte mit der Hand. »Was auch immer da zwischen uns ist, dieses Band – es macht mir Angst.«
Seine Augen wurden dunkel und er beugte sich noch tiefer zu ihr herunter. »Warum macht es dir Angst?«
»Weil das alles so intensiv, so heftig ist. Es kann nicht echt, kann nicht von Dauer sein.«
Er beugte sich noch weiter herunter, seine Hüften berührten sanft die ihren, als er ihr einen federleichten Kuss auf die Lippen drückte. Bebend presste er sich an sie und küsste sie noch einmal. »Uns beide«, er küsste sie wieder, und ein Schwarm Schmetterling flatterte in ihrem Bauch, »verbindet etwas ganz Besonderes. Dieses Band sollte wie ein Schatz behütet werden. Wir sollten uns daran freuen. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass unsere Liebe nicht von Dauer sein wird.«
Sie schmiegte sich an ihn, und erregende Hitze pulsierte durch ihren Körper, als sie die Arme um seinen Nacken schlang und sich seinem Kuss hingab. Die ständige Angst, die sie stets begleitete, begann sich in Nichts aufzulösen. Seine Lippen liebkosten die ihren mit einer Sinnlichkeit, bei der ihre Ängste und Sorgen verflogen. Seine Berührungen waren wie eine Droge, durch die die Welt um sie herum in einem Nebelschleier versank. Ihre Haut schien zu glühen, und sie sehnte sich verzweifelt danach, seinen Körper auf dem ihren zu spüren.
Er unterbrach den Kuss, und seine Lippen bahnten sich einen Weg über ihren Nacken. Wie ein Bogen spannte sich ihr Körper ihm entgegen, und sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um sich besser an ihn schmiegen zu können. »Wenn du mich so hältst, dann verschwindet die Angst wie von selbst.«
»Angst?«, flüsterte er, und sein heißer Atem ließ sie erbeben, als er ihr einen Kuss auf das Schlüsselbein drückte.
Unwillkürlich erbebte sie wieder. Der Nebel um ihre Sinne schien immer dichter zu werden. »Mmh«, murmelte sie. »Es kommt mir jetzt so dumm vor, Angst zu haben, nur weil ich Damon damals ebenso verfallen war.« Und sie erwiderte seine Liebkosung mit einem Kuss auf den Nacken.
Er erstarrte und zog den Kopf ruckartig zurück. Immer noch lagen seine Hände auf ihren Hüften, und er schaute auf sie hinunter. »Damon? Du vergleichst mich ernsthaft mit dem Mann, der dich deiner Meinung nach umbringen will?«
Sie runzelte die Stirn und wollte ihn zu sich herunterziehen. »So habe ich es nicht gemeint. Ich meinte nur … ich hatte einfach Angst. Mit uns beiden, das ging einfach zu schnell. Das hat mir einen Riesenschrecken eingejagt.«
»Weil sich die Beziehung zu deinem früheren Ehemann ebenfalls so schnell entwickelte?«
»Genau.«
»Und das ist der Grund, warum du mich verlassen hast? Weil du Angst hattest, dass sich herausstellt, dass ich so bin wie er?«
»Ja … aber warte, nein, so habe ich es nicht gemeint …« Sie fuchtelte mit der Hand. »So habe ich das wirklich nicht gemeint.«
Er schob sie von der Tür weg, öffnete sie dann und beförderte sie mit einem Stoß nach draußen auf die Veranda.
»Warte, halt, was soll das werden?«
Er zerrte sie zu seinem Auto und riss die Beifahrertür auf. »Ich bringe dich zu Alex und meinen Brüdern, damit sie dich im Auge behalten. Danach hole ich deine Sachen aus der Pension. Dann löse ich diesen Fall. Und wenn ich das geschafft habe«, er beugte sich vor, sodass sein grimmiges Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt war, »dann brauchst du dir nie wieder Sorgen zu machen, dass ich mich als zweiter Damon entpuppe.«
Sie riss die Augen auf. »Nein, so habe ich das nicht gemeint. Lass es mich doch erklären.«
Doch er hatte sich bereits von ihr abgewandt.
21
Als er Madison bei seinen Brüdern abgesetzt hatte, hatte Pierce sich wieder beruhigt und fühlte sich tatsächlich ein bisschen wie der Arsch, als den Madison ihn beschimpft hatte. Sie hatte sich wieder und wieder dafür entschuldigt, dass sie ihn mit Damon verglichen hatte und beteuert, dass es nicht so gemeint gewesen war.
Doch er hatte sie nicht beachtet, er hatte ihr wehtun wollen, genauso, wie sie ihm wehgetan hatte. Jetzt, da er Gelegenheit hatte, in Ruhe darüber nachzudenken, wurde ihm klar, dass sie höchstwahrscheinlich die Wahrheit gesagt hatte – sie hatte wirklich Angst vor ihren eigenen Gefühlen, nicht vor ihm, und sie hatte auch nicht gesagt, dass sie glaubte, dass er sich als zweiter
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