Ich soll nicht töten
verzögern, bis er achtzehn wurde. Dann konnte er tun, was er wollte, und niemand konnte ihn daran hindern.
Ich tue, was ich will, hatte Billy einmal gesagt und lächelnd seine Trophäensammlung betrachtet. Mit einer Hand hatte er ein Halsband gefühlt, das er einem Opfer abgenommen hatte. Mit der anderen hatte er Jazz über das Haar gestrichen. Und niemand kann mich daran hindern. Ich bin ihr Gott. Ich bestimme, ob sie leben oder sterben. Es gibt kein großartigeres Gefühl auf der Welt.
Jazz’ Finger zitterten über der Tastatur. Vielleicht sollte er zulassen, dass sie ihn wegbrachten. Vielleicht wäre es das Beste.
25
Der Impressionist ließ den Fernseher im Hintergrund laufen, während er die Planung für seinen nächsten Schritt durchging. Alles war fertig, es war keine Vorbereitung mehr nötig. Er musste das Vorhaben nur noch ausführen.
Auf dem Bildschirm lenkte ihn kurz etwas ab– ein Werbespot mit zwei Puppen, die so taten, als würden sie über eine Wiese laufen.
Er dachte einen Moment nach. Über Puppen.
Darüber, beherrscht zu werden.
Jeder wurde von etwas beherrscht. Das wusste der Impressionist. Von einem Ehepartner. Einem Elternteil. Einem Chef. Einem Freund. Von seinen eigenen Impulsen, seien sie düster oder licht.
Jeder war eine Marionette für etwas.
Die meisten Leute sahen nur einfach die Drähte nicht, das war alles. Und deshalb glaubten sie, überhaupt keine Puppen zu sein.
Der Impressionist sah seine Drähte. Er wusste, wie lang sie waren. Er kannte ihre Zugfestigkeit. Wie viel Spiel sie ließen.
Er wusste, wer sie zog.
Doch er überlegte.
Er dachte über eine Puppe nach, die ihre Drähte sieht.
Er fragte sich… Angenommen, eine Marionette würde die eigenen Drähte kappen?
Physik und Logik schrieben vor, dass sie leblos zu Boden sackte.
Aber angenommen, das geschah nicht?
Angenommen, eine Marionette könnte die eigenen Drähte durchschneiden und durch diesen Akt der Auflehnung wirklich lebendig werden? Zu ihrem eigenen Puppenspieler werden?
Ja, was war dann? Der Impressionist sollte Jasper Dent in Ruhe lassen. Er hatte diese Regel gebrochen.
Er konnte nicht anders. Der Impressionist kannte sich als willensstarke Person, aber wenn es um Jasper Dent ging… Jedes bisschen Vernunft in ihm rief ihm zu, dem Jungen aus dem Weg zu gehen. Aber eine tiefere, ursprünglichere Kraft in ihm drängte ihn weiter, wollte ihn in Dents Richtung stürzen sehen.
Ist es so, wenn man verliebt ist?, fragte sich der Impressionist. Ist es das, was Verliebte erfahren?
Er suchte ein Bild von Dent in seinem Handy heraus. Was, fragte er sich, sahen andere Leute, wenn sie Jasper Dent sahen? Sie sahen wahrscheinlich nichts weiter als einen Teenager. Einen Jungen. Einen Schüler. Sie wussten nicht, wer da in Wirklichkeit unter ihnen wandelte.
Wir tun, was wir wollen, dachte der Impressionist. Und niemand kann uns daran hindern.
26
Am nächsten Tag war es in der Schule praktisch still. Von dem sonst üblichen Lärmen und den Frotzeleien in den Fluren vor der ersten Stunde war nichts zu hören, der Klangteppich der Unterhaltungen wurde durch ein gelegentliches Schluchzen ersetzt.
Jazz fragte sich, wie allen zumute wäre, wenn sie wüssten, dass Ginnys Tod– so niederschmetternd er für sie selbst war– nur einer aus einer blutigen Reihe war. In zwei Tagen würde eine Frau mit den Initialen I. H. sterben. Sie würde vergewaltigt werden, mit sowohl vaginalem als auch rektalem Eindringen, dann würde ihr Abflussreiniger gespritzt werden– das vorletzte Opfer, bei dem er angewandt wurde–, und sie würde mithilfe eines Systems aus Nägeln und Angelleine in der Dusche eines Hotelzimmers aufgestellt werden, als würde sie sich waschen. So hatte es Billy als » Künstler« gemacht, und genauso würde es der Impressionist machen, bis aufs i-Tüpfelchen, und darüber hinaus nur aus seinen eigenen kranken Gründen sechs Finger entfernen.
Während er auf den Gong wartete, der das Ende der ersten Stunde anzeigte, schlug Jazz eine neue Seite in einem Notizheft auf und fing an, Namen und Fakten aufzulisten, in der Hoffnung, dass er so auf Dinge kam, die er noch nicht sah. Aber nichts verband sich. Nichts funktionierte. Er hatte nur zwei echte Verdächtige: Erickson und Weathers. Beide kamen infrage, aber keiner passte genau. G. William schrieb er gar nicht auf, schon beim Gedanken daran, dass er den Sheriff verdächtigt hatte, glühten ihm die Wangen vor Scham.
Er dachte auch an Jeff Fulton, Harriet
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