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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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Kleins Vater, verwarf dies aber rasch wieder. Es war theoretisch zwar möglich, dass seine Trauer den Mann in den Irrsinn getrieben hatte, aber Trauer nahm normalerweise nicht solche Formen an. Wäre Fulton tatsächlich so verrückt geworden, würde er wohl eher versuchen, Jazz oder Billy zu töten, statt Billys Verbrechen nachzuahmen.
    Natürlich gab es keinen Grund zu der Annahme, dass der Täter jemand war, den Jazz kannte– die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass es ein völlig Fremder war. Was bedeutete, dass er eine Menge Informationen hatte und keine Schlüsse daraus ziehen konnte.
    » Alle Klassen«, dröhnte die Stimme des Direktors über die Lautsprecheranlage, » werden gebeten, eine Schweigeminute für Ms. Davis einzulegen.«
    Von dem einen oder anderen unterdrückten Schluchzer abgesehen, wurde es absolut still in Jazz’ Klassenzimmer.
    Zwei Tage. Zwei Tage bis zu einem weiteren Mord. Der Impressionist pirschte durch Lobo’s Nod, und Jazz fiel nichts ein, was er tun könnte, um ihn aufzuhalten. Er schrieb G. William unter der Schulbank auf Howies Handy eine Nachricht: Irgendwas Neues??? Doch die Schweigeminute endete ohne eine Antwort.
    So ging es den ganzen Tag. Er überprüfte pausenlos das Handy, überzeugt, dass er eine Nachricht übersehen hatte, weil er mit dem Gerät nicht vertraut war, aber wie er auf dem Ding auch herumtippte und-strich: Es kam nichts von G. William.
    Er durchlitt den Schultag schweigend und einsam, blieb noch mehr für sich als sonst und vermied sogar Augenkontakt. Inzwischen wussten alle, dass er bei Ginnys Tod dabei gewesen war. Wie vorausgesehen, hatte man es aus den Umständen gefolgert, und die Information hatte sich über Nacht verbreitet. Das Einzige, was sie nicht wussten, war, dass Ginnys Tod mit anderen zusammenhing. G. William wartete immer noch auf den Serienmörderbericht des FBI . Der würde den ersten Mord in Lindenberg offiziell mit den anderen verknüpfen– dann würde er an die Öffentlichkeit gehen. Bis dahin tat die Polizei so, als hätten die Leiche auf dem Feld, die tote Kellnerin und die tote Lehrerin nichts miteinander gemein.
    Das waren viele Morde für das kleine Lobo’s Nod. Eine Menge Verdacht.
    Jazz trug den schweren Mantel dieses Verdachts den ganzen Tag.
    Es war idiotisch von ihm gewesen zu glauben, er könne ein normaler Jugendlicher sein. Er hatte sich in den letzten vier Jahren auf die schlimmste Weise selbst zum Narren gehalten. Nach Billys Verhaftung hatte man noch Mitleid mit ihm gehabt. Das hatte sich dann allmählich verloren, und jetzt blieb nur noch Misstrauen übrig.
    Es würde sich nie ändern. Es würde nie vergehen. Man traute ihm nicht, man würde ihm nie trauen, und er konnte den Leuten schwerlich einen Vorwurf machen. Jemand anderer hätte Ginny bestimmt retten können. Oder wenigstens hätte nicht ein kranker Teil von jemand anderem ihren Tod sogar noch genossen…
    Seit Ginnys Tod hatten natürlich keine Theaterproben stattgefunden. Aber Connie schleifte Jazz unmittelbar nach Schulschluss zu Eddie Viggaro nach Hause, wo sich alle Mitwirkenden an dem Stück trafen. Jazz stand in einer Ecke und sagte nichts, überzeugt, dass niemand im Raum seine Anwesenheit guthieß.
    Es dauerte lange, bis ein Gespräch in Gang kam; es gab zu viele Tränen. Jazz wünschte, er könnte mit ihnen weinen. Wünschte, er könnte ihnen auf eine Weise von Ginnys letzten Augenblicken erzählen, die ihnen half und nicht nur morbid wirkte.
    » Wir müssen sie ehren«, sagte Connie. » Sie hat uns so viel bedeutet.«
    Alle stimmten zu. Und jetzt drängten anstelle der Tränen die Worte aus ihnen.
    » Eine Gedenktafel«, schlug jemand vor, und Jazz zuckte innerlich zusammen.
    » Das ist lahmarschig«, sagte das Mädchen, das Abigail spielte. » Wir sollten eine Statue aufstellen…«
    Jazz trat nervös von einem Bein aufs andere. Eine Tafel. Eine Statue. Trophäen.
    » Vielleicht eine ganze Serie von Statuen«, sagte der Junge, der Giles Corey spielte. » Zum Beispiel eine für jede Rolle, die sie im College gespielt hat, oder so.«
    Das löste ein aufgeregtes Durcheinander aus, das erst endete, als eine kräftige Stimme dazwischenfuhr. » Wollt ihr Ginnys Andenken wirklich ehren?«
    Alle sahen Jazz überrascht an.
    Er hatte eigentlich nichts sagen wollen, es war ihm jedoch so herausgerutscht. Und jetzt musste er weitermachen, weil ihn alle anstarrten.
    » Schaut«, sagte er, zuerst zögerlich, aber dann zunehmend selbstbewusst, » wenn ihr an sie erinnern

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