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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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wachte auf…
    … auf, auf …
    …und dachte an Rusty, beide Albträume flossen jetzt ineinander, welche Freude, wie wunderbar. Er starrte an die leeren Flecken an der Wand, wo Billys erste Opfer gewesen waren. Er druckte neue Bilder aus und heftete sie an die richtigen Stellen, dann schaute er stundenlang darauf, wie es ihm schien.
    Wen schneide ich? In dem Traum? War es Mom? Hat Billy mich gezwungen …
    Nein. Lieber nicht daran denken.
    Immer noch ohne Schlaf, ging er nach unten. Gramma hatte ihren Platz vor dem Fernseher verlassen. Erschrocken blickte er aus dem Fenster und stellte fest, dass der Polizist noch da war. Okay, sie musste also noch im Haus sein.
    Er fand sie in dem Raum, der früher einmal das offizielle Esszimmer gewesen war. Seit Jahren hatte niemand mehr dort gegessen, und der Porzellanschrank war seither so gut wie leer. Gramma saß im Schneidersitz auf dem alten Esstisch, das Nachthemd um die dürren Schenkel gewickelt, die Hände im Schoß verschränkt. Sie funkelte ihn aus Augen an, die kalt waren und gleichzeitig glühten.
    » Mom«, sagte er erleichtert, » was tust du…«
    » Warum nennst du mich Mom?«, fragte sie mit tiefer Stimme. » Rennst hier im Haus herum und schreist wie ein gottverdammtes Baby nach deiner Mommy. Du armseliges Kind.«
    Oh.
    » Mommy«, jammerte sie, ein grausames Grinsen auf den Lippen. » Mommy, wo bist du? Mommy! Mommy!«
    » Okay, Gramma…«
    » Mommy! Mommy! Ha! Ich weiß noch, wie du als kleiner Junge warst, Jasper. Bist deiner Mama gefolgt wie ein Hündchen. Hast an ihrem Rockschoß geklebt.«
    Jazz schluckte.
    » Aber deine Mommy ist nicht mehr da, mein Junge. Deine Mommy ist fort. Verstehst du? Fort.« Sie kicherte, und ihr grausames Lächeln wurde breiter. » Fort, fort, fort. Gott sei Dank, fort!«
    Jazz presste die Kiefer aufeinander.
    » Deine Mutter war eine schreckliche Person. Es ist ihre Schuld, was aus deinem Daddy geworden ist. Er war vollkommen in Ordnung, bis sie dahergekommen ist und… du weißt schon…« Sie lehnte sich ein wenig zurück, und das Nachthemd schob sich ein Stück höher. Jazz drehte es beinahe den Magen um. » Und ihn mit ihrem Bösen verschlungen hat, bis sie seine Seele geschwärzt und ihn verdorben hat.«
    Es stimmte nicht. Es stimmte nicht einmal annähernd, und Jazz ertrug es nicht. » Pass auf, wie du über meine Mutter redest, Gramma«, warnte er sie.
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. » Mamas Junge. Wie ich gesagt habe. Sie war böse. Sie hat deinen Daddy böse gemacht. Und du bist aus ihrem Bösen geboren worden. Was glaubst du, bist du dann?«
    Jazz sah rot, und er machte mit zu Fäusten geballten Händen einen Satz auf sie zu.
    » Nur zu, Jasper«, flüsterte sie, ein unheimliches Leuchten in den Augen. » Schlag mich nur. Mach ruhig. Denkst du, es ist das erste Mal, dass ich geschlagen werde? Denkst du das?«
    Er stöhnte auf, fuhr herum und schlug stattdessen mit der flachen Hand an den Porzellanschrank. Eins der verbliebenen Geschirrteile fiel um und zerbrach.
    Gramma lachte. » Mamas Junge«, gluckste sie. » Hat nicht den Mumm, mich zu verprügeln, was? Es gibt nur ein Heilmittel für Mamas Jungen, Jasper.«
    Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte hinaus, aber ihre Stimme folgte ihm in den Flur. » Nur ein Heilmittel! Du musst genauso werden wie dein Daddy! Das ist deine einzige Hoffnung. Du musst zu deinem Daddy werden…«

24
    Jazz verbrachte einen großen Teil des Tages mit Fantasien darüber, wie er seine Großmutter auf möglichst schmerzhafte und grausame Art und Weise umbringen könnte. Und seine Vorstellungskraft ließ diesbezüglich einiges zu, wie sich herausstellte.
    Den restlichen Tag brachte er damit zu, sich die Umsetzung seiner Imaginationen auszureden.
    Sie war so häufig einfach doof und kindisch, dass man die unheimlichere Dimension ihres Wahnsinns leicht vergaß. Sie kannte Jazz’ Schwächen. Sie wusste, welchen Knopf sie drücken musste. Und wenn die richtigen Synapsen in der falschen Reihenfolge zündeten, machte sie es auf grausame Weise. Mit hämischer Freude.
    Bis Connie endlich frei war für den Tag, hatte sich seine Großmutter in ein junges Mädchen verwandelt, das Jazz– den sie offenbar für eine Art Priester hielt– mit einem leichten Lispeln fragte, ob sie Pudding bekomme, da sie so ein braves Mädchen gewesen sei und alle ihre Ave Marias gebetet hatte. Jazz widerstand dem Drang, sie zu würgen. Im Kühlschrank war noch Joghurt, und er hatte sie in

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