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Ich Stell Mein Herz Auf Sommerzeit

Titel: Ich Stell Mein Herz Auf Sommerzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erma Bombeck
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nicht, dazu hat es keinen Grund! In Wirklichkeit hat es ungefähr sechs- bis siebenhundert Gründe, oder glaubt doch sie zu haben. Alle entspringen der Angst, etwas Verbotenes getan zu haben und dafür gestraft zu werden. Wenige Eltern aber haben den richtigen Blick für verräterische Anzeichen.
    Wenn Sie Ihrem Kind verboten haben, ohne Ihre Begleitung schwimmen zu gehen, weil Sie arbeiten müssen, und Sie finden den Burschen beim Heimkommen mit chlorgeröteten Augen, nassen Haaren, roter Brust und verschrumpelten Fingerspitzen vom stundenlangen Wasserplanschen vor, und er behauptet, er habe ›Einführung in die mathematischen Gleichungen‹ gelesen, so besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, daß er lügt.
    Wenn Sie feststellen, daß Ihr Kind in der Garage ein Fahrrad mit einem alten Bettuch zudeckt, Sie Polizeisirenen in der Nähe hören, es fragen, woher es das Rad hat, und es erwidert: »Gefunden«, würde ich ihm lieber noch ein paar Fragen mehr stellen.
    Ich habe festgestellt, daß ein Kind jedesmal Stein und Bein lügt, wenn es auf die Frage »Was machst du da?«
    »Nichts!« erwidert. Selbstverständlich gibt es gewisse naheliegende Lügen, etwa auf »Hast du dir das Gesicht gewaschen?« Sie hören »Ja!« und sehen quer über Gesicht und Brust eine Nässespur wie von einer Hundezunge.
    Manches Kind ist nur deshalb ungehorsam, weil die Vorschrift für den Umgang mit der Wahrheit so dehnbar ist. Beispiel: Man darf kein Plätzchen nehmen und hinterher behaupten, man habe es nicht getan. Das nennt man eine Lüge.
    Schmeckt jedoch ein Plätzchen wie der Boden des Hamsterkäfigs, darf man nicht die Wahrheit sagen. Man muß sagen, es schmeckt fabelhaft. Das nennt man Takt.
    Einige der phantastischsten Wahrheitsverdrehungen, auf die ich gestoßen bin, stammen aus dem Mund meiner Kinder. Jetzt, da sie älter geworden sind, kommt einiges ans Licht, wovon ich keine Ahnung hatte. Etwa, daß sie einander mit einem Tranchiermesser im Hof herumgejagt haben und daß einer unserer Babysitter an Sylvester einen Liter Gin ausgetrunken hat.
    So ungern ich das öffentlich zugebe, ich weiß den Takt meiner Kinder zu schätzen. Ich glaube, die Wahrheit hätte mich seinerzeit überfordert.
Dein Kind, das unbekannte Wesen
    Die Frage, die mir meine Leser am häufigsten stellen, lautet »Wie viele Kinder haben Sie denn nun wirklich?« Die Antwort lautet: sechs.
    Drei davon sind noch zu Hause. Ihretwegen habe ich Krampfadern im Hals, weil ich andauernd brüllen muß: »Sitz gerade! Man sagt ›danke‹! Iß deinen Teller leer! Nimm die Füße vom Tisch! Knall nicht mit den Türen! Mach das Licht aus! Geh ins Bett! Sprich nicht mit vollem Mund! Hör auf zu telefonieren! Benutze die Serviette! Bind dir die Schuhbänder zu. Wasch dir die Hände! Paß auf, ich sag dir das nicht zum zweiten Mal!«
    Dann habe ich noch drei, die nicht mehr zu Hause sind, und von denen ich gerüchteweise erfahre, daß sie abdecken helfen, Türen aufhalten, einkaufen gehen, jemandem Komplimente über selbstgebackene Plätzchen machen, schwere Taschen zum Wagen tragen und begeistert alle Gemüsesorten essen, die sie daheim nicht anrühren würden. Als ich zum ersten Mal von diesem Phänomen hörte, wollte ich es nicht glauben. Mein Sohn war übers Wochenende bei Eltern eines Schulkameraden eingeladen. Ich rechnete damit, daß sie ihn abends gegen zehn Uhr heimschicken würden, im festen Glauben, er sei von einem Tornado gezeugt und unter Werwölfen groß geworden.
    Der Morgen dämmerte: noch immer kein verzweifelter Anruf. Gegen Mittag klingelte das Telefon. Eine freudig bewegte Stimme bat, mein Sohn möge doch noch zum Abendessen bleiben dürfen.
    »Wer spricht denn da?« rief ich. »Soll das ein schlechter Witz sein?«
    Die Stimme sagte, es sei ein Vergnügen, meinen Sohn zu Gast zu haben und sich mit ihm unterhalten zu können. Außerdem sei er ein leuchtendes Beispiel für ihren eigenen Sohn, denn er putze nach dem Baden die Wanne, hänge seine Handtücher auf, mache sein Bett selbst und sei eben dabei, den Rasen zu mähen.
    »Beschreiben Sie das Kind mal«, verlangte ich.
    »Der Junge ist sieben, hat blondes Haar, ein gewinnendes Lächeln und tadellose Tischmanieren.«
    »Schicken Sie ihn mir an den Apparat«, sagte ich mißtrauisch.
    Der nächste Ton, den ich hörte, war ein übellauniges Greinen. »Was willste denn? Ich soll womöglich schnell heimkommen und mein Zimmer aufräumen oder deine Brille suchen oder sonst für dich schuften, was?«
    Es stimmte,

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