Ich Tarzan Du Jane Verfuehrung kann so einfach sein
kürzesten Linie zum gegenüberliegenden führt. Als beispielhafter Gedankengang in diesem Zusammenhang könnte der folgende gelten: „Wenn ich schon das Handtuch nach dem Rasieren in der Hand habe und es um des Blutes willen in die Wäsche tun will, kann ich auch gleich das Waschbecken putzen. Und auf dem Weg zum Wäschekorb den Fernseher. Dann noch fix den Staub von dem wirklich schönen Schwiegermutter-Porträt gewischt.“ Die Optimierung setzt ein, wenn die ersten Tropfen vom Kalklöser (Waschbecken!) Pfützen auf dem Parkett bilden: „Oh, super, da lohnt es sich, den Boden zu feudeln.“ Und dann wird der Plan gnadenlos ausgeführt. Hart. Hammerhart. Der Eimer mit dem Wischwasser bleibt selbstverständlich stehen, bis er ein weiteres Mal genutzt werden kann, etwa wenn einer von Tarzans Kumpeln eine Flasche Bier umschüttet. Das Handtuch hat den Weg logischerweise noch nicht in den großen Wäschekorb „mit allem“, also mit 30-, 40-, 60- und 90-Grad-Wäsche sowie sämtlichen Verschmutzungsstufen und Wäschefarben, gefunden, da seine Ressourcen zu diesem Zeitpunkt nicht sinnvoll und restlos aufgebraucht wurden. Jetzt die Waschmaschine laufen zu lassen, ist unökologisch und unökonomisch: Tarzan weiß seit jeher, dass es in der Natur gilt, alles wiederzuverwerten und nichts verkommen zu lassen. Außerdem hat Tarzan die Welt von seinen Enkeln nur geborgt. Voreiliges Waschen ist damit völlig indiskutabel.
Auch dieses Verhalten ist für Jane schwer nachvollziehbar. Sie verbrachte ihre Tage einsam im Baumhaus, blies da mal eine alte Tigerkralle weg, die vom Abendessen übrig geblieben war, rubbelte dort mit dem Lederlappen Talgreste und Ruß vom Felsvorsprung oder schaufelte das Abfallloch zu. Da sie alle Zeit der Welt hatte –Tarzan war ja arbeiten, die Freundinnen ausnahmsweise mal in ihren Baumhäusern –, konnte Jane jederzeit ihre Arbeit unterbrechen, vergessen, wo sie war und etwas anderes beginnen. Dieses archaische Verhalten zeigt sich heute noch, wenn Jane beim Zähneputzen gleich den Spiegel sauber wischt: Da weiß die linke Wischhand kaum, was die rechte Putzhand gerade tut. Oder wenn sie während des Telefonierens in der Wohnung herumspaziert und Staub wischt. Lila-Latzhosen-Trägerinnen versuchen, uns dieses Mängelverhalten heute als Multitasking zu verkaufen.
Allein die Fülle der anstehenden Putztermine zeigt, wie häufig der Mann seine Wohnung gründlich säubert. Das haben wir Männer ja auch bei der Armee gelernt: Sicher werden im Nachhinein die Sauforgien mit Stripperinnen häufiger kolportiert. Aber die Erinnerungen an die herrlichen Stunden des geselligen Flickens grüner Uniformhemden, des Reinigens der öligen Gewehrläufe, des liebevollen Zusammenlegens sämtlicher Hemden kann uns keiner nehmen. Eine solche Schule hat Jane niemals besucht. Nie hat sie einen verstaubten Ausbilder am Freitagnachmittag am Mundgeruch erkennen müssen, nie ist sie von Felsbrocken traumatisiert worden, die sich auf Spindschränken oder -böden zu wahren Bergen aufgetürmt haben. Denn wir Männer sind von Feldwebeln geprägt, die aus jedem Staubkorn, dass sie beim Stubendurchgang zu sehen glaubten, mindestens das Riesengebirge machten. Nein, Jane saß derweil auf dem Sofa und debattierte mit Muttern über den Bügelzusatz aus der Dose, der das Eisen von selbst über den Stoff jagt. Aber jetzt die Klappe aufreißen!
Was Tarzan allerdings in der Tat nicht für nötig hält, sind antibakterielle Mülltüten, neun verschiedene Reiniger für das Bad (und vier für die Toilette), nach jedem leichten Mairegen Fenster putzen, Heizungszwischenräume vor und nach dem Winter entstauben, Handtücher nach jedem Gebrauch waschen, trocknen, bügeln, Bettwäsche nach jedem Nieser wechseln. Schließlich bedeutet das ja auch noch waschen, trocknen, bügeln, einsortieren. Sie sagen zwar „wechseln“, aber in Wirklichkeit reicht ihnen das ja gar nicht. Außerdem verzichten wir auf das Bügeln der Unterwäsche (Einzige Ausnahme: diese rattenscharf-roten Strapse. Die sind an ihren Schenkeln zwar immer schön prall und ausgefüllt, aber gebügelt liegen sie noch enger an. Echter Unter-uns-Männer-Tipp! Die kann sie jedes Mal bügeln.), Oberkante der Bilderrahmen abstauben (auch wenn wir dadurch den prima Foto-Akt im Schlafzimmer mal wieder zu sehen bekämen) und Küchenregale einmal die Woche wischen (wegen des Fettgeruchs – tsss), Fliesen schrubben, bis ein glatzköpfiger Fremder mit verschränkten Armen darin erscheint.
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