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Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)

Titel: Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shoko Tendo
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auf der ganzen Welt am allerwichtigsten war, das war nicht ich, das war seine Familie. Und deshalb musste ich ihn aufgeben.
    »Wir sollten uns trennen.«
    Endlich konnte ich es sagen.
    »Bist du mir böse?«
    »Nein, aber bemüh dich, ein guter Vater zu werden.«
    »Meinst du das wirklich ernst?«
    »Ja, wir können so unmöglich weitermachen.«
    Ich senkte den Blick, denn wenn ich Shin in die Augen gesehen hätte, wäre ich vermutlich wieder schwach geworden.
    »Wenn du meinst … Ich will dich nicht von deinem Entschluss abbringen. Ich hätte heute natürlich gerne eine ganze Nacht mit dir verbracht, aber das geht dann wohl nicht mehr.«
    Dann legte Shin seinen Schlüssel auf den Esstisch und stand auf.
    »Vermutlich werde ich nicht hier sein, um dir zum Geburtstag zu gratulieren. Deshalb schon heute: Herzlichen Glückwunsch zu deinem 20. Geburtstag, Shoko.«
    Er ging zur Tür, zögerte eine Sekunde lang mit der Hand auf der Klinke, dann fiel die Tür mit einem dumpfen Geräusch hinter ihm ins Schloss, dessen Echo in meinem Bauch vibrierte.
    Drei Jahre – von 17 bis 20 – erscheinen eine lange Zeit, aber für mich sind sie sehr schnell vorbeigegangen. Ich habe Shin wirklich geliebt und wäre am liebsten immer mit ihm zusammen gewesen, aber er war unerreichbar für mich, auch wenn er mich wahrscheinlich nie verlassen hätte. Nach diesen drei Jahren hatte ich Angst, wieder ganz allein zu sein.
    Als ich noch ein kleines Mädchen war, sind wir in den Sommerferien oft ans Meer gefahren und ich habe Sandburgen gebaut.
    »Mama, wird die Sandburg kaputtgehen?«
    »Nein, diese Burg wird bestimmt stehen bleiben.«
    »Toll, dann ist sie ab jetzt mein größter Schatz.«
    »Ja, aber auf diesen Schatz musst du gut aufpassen.«
    Plötzlich schwappte eine Welle auf den Strand und schon war von meiner Sandburg nichts mehr zu sehen.
    Mein Herz schien genauso empfindlich zu sein wie die Sandburgen am Strand.

6 . T ÄTOWIERUNG
    Es war wieder Regenzeit, die Tropfen fielen auf die blühenden Hortensienbüsche und perlten von den Blüten ab wie Tränen. Ich fing wieder an, in einer Bar zu arbeiten, wo ich mich auf eine Stellenanzeige hin vorgestellt hatte. Wie das Wetter war auch meine Stimmung düster und trüb.
    In der neuen Bar gab es einen Mann namens Tanaka, der sehr nett zu mir, er war ein Yakuza und zwölf Jahre älter als ich. Er kam mit jedem gut aus und war immer sehr aufmerksam, vor allem mir gegenüber. Nach einiger Zeit meinte er zu mir: »Willst du nicht meine Freundin sein, Shoko? Ich bin Single und wünsche mir wirklich eine ernsthafte Beziehung.«
    Da ich immer noch häufig an Kuramochi-san dachte, antwortete ich ihm lieber nicht darauf.
    Eines Tages sind wir nach der Arbeit noch zusammen in eine Snackbar gegangen, wo er mich der Mama-san 29
› Hinweis
vorstellte. »Das ist Shoko. Sie arbeitet für Noriko-Mama.«
    Mama-san: Die Betreiberin einer Snackbar oder Hostessenbar wird »Mama« genannt, oft handelt es sich dabei um eine ehemalige, etwas ältere Hostess, die genug Geld beiseitegelegt hat, um eine eigene Bar zu eröffnen.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, begrüßte ich sie und verbeugte mich.
    »Ah, ich kenne deine Mama-san sehr gut. Sie ist eine gute Geschäftsfrau und sieht wirklich toll aus.«
    Mama-san lächelte und leerte den Aschenbecher aus, der vor Tanaka stand.
    »Sag mal, Mama-san, kannst du mir nicht helfen? Ich mag Shoko sehr gern, aber sie will sich einfach nicht für mich entscheiden.«
    »Shoko-chan, Tanaka-san ist wirklich ein guter Mann. Und alleinstehend, das kann ich dir garantieren. Er wohnt nämlich direkt bei mir gegenüber. Ich treffe ihn oft im Supermarkt, wenn er Bier kauft, und er ist immer allein.«
    »Oh Mann, das ist mir oft echt peinlich, dass du mich so schlampig rumlaufen siehst …«
    »Mir ist es auch unangenehm, wenn du mich ohne Make-up erwischst«, sagte sie und hielt sich beide Hände wie ein kleines Kind vor das Gesicht. Dann lachten beide.
    Tanaka schien in dieser Bar Stammgast zu sein. Doch auch an diesem Abend gab ich ihm keine positive Antwort.
    Einige Tage später bekam ich eine Erkältung und hohes Fieber und musste im Bett bleiben. Plötzlich klingelte es an meiner Wohnungstür. Ich schreckte auf und blickte verschlafen auf den Wecker auf meinem Nachttisch. Es war kurz nach 21 Uhr.
    »Wer ist da?«, fragte ich durch die Tür.
    »Shoko! Ich bin’s, Tanaka.«
    »Tanaka-san?«
    Überrascht öffnete ich die Tür. Tanaka hatte in der Bar angerufen und sich

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