Ich, Tochter eines Yakuza (German Edition)
begleitete. Er rief mich jeden Tag mehrmals an, benutzte ungeniert seinen Zweitschlüssel, betrat meine Wohnung auch, wenn ich nicht da war, und drückte die Wiederwahltaste am Telefon, um zu überprüfen, mit wem ich zuletzt gesprochen hatte. War es eine Freundin von mir, dann rief er an und fragte: »Ist Shoko noch bei dir?«
Wenn ich dann ans Telefon kam, hieß es immer: »Komm sofort nach Hause!«
Er rief dann so oft an, bis ich endlich nach Hause fuhr. Ich konnte mich also nicht mehr einfach so mit meinen Freunden treffen. Eines Tages verriet ihm die Wiederwahltaste die Nummer eines Taxiunternehmens, und er forschte nach, wann und wohin ich mit dem Taxi gefahren war. Als ich wieder zu Hause war, tat er so, als wüsste er von nichts, und fragte nur: »Wo warst du heute?«
»Nur kurz bei einem Freund«, antwortete ich und verzog genervt das Gesicht.
Plötzlich schrie er mich an: »Ein Freund? Was für ein Freund war das?«
»Das geht dich gar nichts an!«
»Du hast dich also mit jemandem getroffen, den du vor mir geheim halten willst.«
Rasend vor Wut schlug er mir ins Gesicht.
»Was soll das?«
Ich schlug zurück, dann trat er mir so stark in den Bauch, dass ich gegen den Tisch taumelte, sodass alle Gegenstände vom Tisch fielen. Tanaka hob eine schwere Tasse auf und warf sie mir ins Gesicht. Blut spritzte auf den Küchenboden. Doch er hörte nicht auf, sondern zerrte an meinen Haaren, die vom Blut ganz verklebt waren, und schleuderte mich durch den Raum. Dabei riss er mir ein Büschel Haare zusammen mit einem Stück Kopfhaut aus. Er schlug mich weiter und weiter. Zwei meiner Schneidezähne brachen ab, mein Nasenbein war gebrochen, meine Augen schwollen so zu, dass ich sie kaum mehr öffnen konnte, und eine Scherbe von der Tasse hatte sich tief in meinen Fuß gebohrt. Ich konnte nicht mehr stehen und brach mit einem Stöhnen zusammen.
Kurz darauf kniete sich Tanaka zu mir nieder und murmelte: »Shoko, bitte verzeih mir, ich liebe dich doch so. Du musst mir verzeihen.«
Dann nahm er mich fest in den Arm.
Doch sein Verhalten wurde immer schlimmer und es dauerte nicht lange, bis sein Yakuza-Clan davon erfuhr. Otsuka-san, sein Aniki 31
› Hinweis
, konnte es irgendwann nicht länger mit ansehen und versuchte, Tanaka ins Gewissen zu reden.
Aniki: wörtlich »großer Bruder« Yakuza sind in der Gruppe wie ein Familienverband organisiert, ganz oben ist der Oyabun – der Vater – und weiter unten passen die Aniki wie große Brüder auf alle Rangniederen auf.
»Tanaka, du musst dich von Shoko trennen. Eine Frau so zu behandeln ist kein gutes Vorbild für unsere jungen Leute. Alles, was du heute erreicht hast, verdankst du deiner Ehefrau, also beende diese Beziehung.«
Er hat es ihm immer wieder gesagt, aber Tanaka meinte nur: »Das ist eine Sache zwischen Shoko und mir, das geht dich nichts an, Aniki. Sonst können wir über alles reden, aber die Sache mit Shoko geht niemanden etwas an.«
Otsuka-san war machtlos dagegen und warnte mich verzweifelt: »Shoko, der wird dich irgendwann umbringen. Er hat komplett den Verstand verloren und ich kann nichts dagegen tun.«
»Ich werde nicht zulassen, dass du mich verlässt!«, brüllte Tanaka jedes Mal und wurde dabei immer brutaler. Wenn er dann aufhörte, mich zu schlagen, weinte er und bettelte: »Es tut mir leid, bitte verzeih mir. Wenn es um dich geht, kann ich nicht mehr klar denken. Ich habe noch nie solche Gefühle gehabt. Verlass mich nicht, Shoko, bitte!«
Und dabei blickten seine Augen so traurig und treuherzig wie die meiner ehemaligen Haustiere. Ich konnte nicht verhindern, dass er mir leid tat, und wusste wirklich nicht, was ich tun sollte.
Otsuka-san erzählte mir, dass Tanaka früher ganz anders gewesen war: »Seit er mit dir zusammen ist, ist er total verändert. Früher haben ihn Frauen schnell gelangweilt und er hat sie verlassen. Das war alles nur ein Spiel, und seine Ehefrau war ihm immer am wichtigsten. Ich hätte nie gedacht, dass er sich einmal so verhalten würde, das ist einfach jämmerlich.«
Tanakas Entschuldigungen waren immer die gleichen: »Das mache ich doch nur, weil du mich verlassen willst, dabei liebe ich dich so sehr.«
»Warum kannst du mich nicht verstehen? Ich fühle mich entsetzlich, wenn ich spüre, dass du Schluss machen könntest. Und dann muss ich dich einfach schlagen. Hinterher weiß ich, dass das gemein ist, aber ich kann nicht aufhören damit.«
Das, was er Liebe nannte, fand ich nur erdrückend und
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