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Ich träume deutsch

Ich träume deutsch

Titel: Ich träume deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nilgün Tasman
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Yalcin in die Schule. Er sollte auf Mine warten, damit sie nicht alleine nach Hause gehen musste.
    „Allahım, ich habe auch keinen Verstand mehr! Eine Ameise würde Mine mehr Schutz geben als Yalcin!“, sagte sie und fing an zu lachen. Ich musste daheim auf Ablam warten und durfte Yalcin nicht begleiten.
     
    Mine kam ganz lustig aus der Schule zurück und hatte viel zu erzählen. Sie stellte sich hin wie ein Soldat und begann die Nationalhymne zu singen: „Kkorkma sönmez bu safaklarda yüzen alsancak, sönmeden yurdumun üstünde   ...“ Babaanne fing an zu weinen, da weinte ich auch.
    „Kızım, hast du das alles heute gelernt?“
    „Ja, Babaanne“, antwortete Mine.
    „Ich bin so stolz auf dich, mein Kind, wir hätten dich viel früher in die Schule schicken müssen. Du wirst bestimmt mal eine bedeutende Frau für unser Land“, sagte Babaanne und streckte Mine ihre Hand zum Küssen entgegen.
    Puh, Mine und bedeutende Frau? Da lachten ja die Hühner im Stall! Also, so viel hatte sie auch nicht gelernt, schließlich war sie den ganzen Tag in der Schule gewesen.
    Yalcin klopfte an das Tor und zog immer wieder die Schultern hoch, er war ganz außer sich.
    Babaanne klopfte Yalcin auf die Schulter und fragte: „Hast du Mine nicht gefunden? Zavalli Deli, du armer Dummkopf. Wer hat sie wohl geklaut?“
    Yalcin wurde noch unruhiger, dann ließ Babaanne ihn endlich in den Hof. Als er Mine sah, fing er wieder vor |110| Freude an zu hüpfen. Ich ging gleich ins Haus, da sich niemand für mich interessierte.
    Mine saß im Wohnzimmer, machte ihre Hausaufgaben, und immer wenn Babaanne „Kızım, sing es noch einmal“ sagte, schmetterte Mine wieder die Nationalhymne. Ich konnte es nicht mehr hören! „Maşallah, wundervoll, Kızım“, sagte Babaanne ganz stolz.
    Mine ging sehr gerne in die Schule, und sie machte jeden Tag ihre Hausaufgaben. Eigentlich war ich ja inzwischen schon siebeneinhalb Jahre, und trotzdem durfte ich von Babaanne aus nicht in die Schule. Sie meinte, ich sei noch zu klein. Der Lehrer Nazim war zwar sehr streng, aber Ablam sagte immer, dass er viel besser wäre als ihre deutsche Lehrerin. Sie konnte auch schon alle türkischen Buchstaben schreiben. Nach drei Wochen kam der Lehrer jedoch plötzlich nicht mehr. Nazim Öğretmen wurde während des Unterrichts von den Polizisten einfach mitgenommen. Er hätte den Kindern Geschichten erzählt, die gegen Atatürk gerichtet waren, und verbotene Bücher über Gleichberechtigung und Kommunismus gelesen, hieß es. Mine war sehr traurig darüber, weil sie Nazim Öğretmen so gern gehabt hatte. Manche Erwachsene behaupteten sogar, dass Nazim ein Verräter sei.
    Also, Babaanne wusste zwar nicht, was ein Kommunist war, aber sie war überzeugt, dass Nazim Öğretmen nichts Schlechtes getan haben konnte.
    Ablam und die anderen Kinder in der Schule mussten wochenlang auf einen neuen Lehrer warten. „Wer will schon nach Alaca versetzt werden?“, sagte Babaanne.
     
    Nach zwei Monaten kam endlich ein neuer Lehrer nach Alaca. Sein Name war Ömer Öğretmen. Die Leute in Alaca hatten ihm gleich einen Spitznamen gegeben „Kütük Ömer“.
    |111| Ömer Öğretmen war klein, dick, hatte keinen Hals und ganz kurze Arme. Deshalb nannten sie ihn „Baumstumpf-Ömer“.
    Als Babaanne den neuen Lehrer das erste Mal sah, sagte sie gleich: „Inşallah begegnet der uns nicht nachts, da bekommt man ja Angst.“
    Ömer Öğretmen kam aus Konya, und da haben die Menschen auch ganz wenig Farben auf dem Kopf und sind stark behaart. Ömer Öğretmen war sehr gläubig. Manchmal sah man ihn auf dem Schulhof auf seinem Gebetsteppich beten, und trotzdem waren die Menschen in Alaca sehr skeptisch.
    Nach ein paar Tagen wollte Mine nicht mehr in die Schule gehen, weil sie „Kütük Ömer“ nicht leiden konnte. Er hatte Ablam nichts Böses getan, aber er zog die Jungen an den Ohren und manchen hatte er sogar mit seinem Stock auf die Handinnenflächen geschlagen.
    „Das hätte Nazim Öğretmen nie getan“, sagte Ablam.
    „Wenn er dir auch nur ein Haar krümmt, schicke ich ihn nach Konya, mach dir keine Sorgen“, versprach Babaannem.
    Als „Kütük Ömer“ erfuhr, dass Ablam Alamanci war, wurde sie plötzlich zu seinem Schützling.
    „Schreibe deinem Vater, er soll mich auch nach Alamanya mitnehmen“, sagte er immer zu Ablam, und Mine nickte, ohne ihm zu antworten. Babaanne gefiel das gar nicht.
    „Eşoleşek, was will der in Alamanya?“, fragte sie, aber dann war sie froh,

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