Ich träume deutsch
ihres Şalvars und fing an zu weinen.
„Nilgün, hast du deine Anne vergessen? Gel, komm, Yavrum. Ich habe euch so vermisst!“, sagte Annem und dann musste sie auch weinen. „Gel, Yavrum, komm zu deiner Anne!“ Sie wurde immer lauter.
„Sie hat mich vergessen, mein eigenes Kind kennt mich nicht mehr“, rief sie und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
Mine zerrte an meinem Schlafanzug: „Kannst du dich nicht mehr an unsere Anne erinnern?“
Ich hatte meine Anne nicht vergessen, aber meine Beine waren schuld, die wollten nicht, und mein Herz klopfte ganz |115| schnell und ganz laut. Ich wusste auch nicht, warum ich plötzlich solche Angst vor Anne hatte. Ich hatte mich doch so auf sie gefreut, ich hatte sie doch so sehr vermisst. Endlich war „bald“ gekommen, aber nun war alles ganz schlimm.
Mine saß neben Anne und gab ihr immer wieder einen Kuss auf die Wange.
Ich sah meine Babaanne an und verkroch mich noch mehr in ihren Şalvar. Babaanne streichelte mir über den Rücken und steckte mir ein Stück Kandiszucker in den Mund. Obwohl meine Anne genauso schön war wie früher, hatte ich Angst, zu ihr zu gehen.
Dann sagte Anne, dass sie mir schöne Sachen mitgebracht hätte, und holte eine Puppe mit echten blonden Haaren und blauen Augen aus ihrem Koffer. Die Puppe war wunderschön und trug ein rot kariertes Kleid. Sie holte noch eine Puppe hervor und gab sie Mine.
„Gel, Yavrum, ich habe dich so sehr vermisst“, sagte Anne, streckte die Arme nach mir aus und wischte sich immer wieder die Tränen aus dem Gesicht. Babaanne löste meine Hand von ihrem Şalvar.
„Psst Kızım, hadi, geh zu deiner Anne“, sagte sie und steckte mir noch einen Kandiszucker in den Mund.
„Los, geh zu deiner Anne und sag ihr Süßes.“
Babaanne zerrte mich zu Anne. Mein Herz klopfte ganz schnell und ich setzte mich vorsichtig neben Anne und hielt die Puppe fest. Anne unterhielt sich mit Ablam, und immer wieder küsste sie mich auf die Wange.
„Kızım, wo sind deine Locken? Warum hast du so klebrige Haare?“, fragte Annem.
„Babaanne mag keine Locken, sie kämmt ihr Haar immer mit Spucke glatt“, flüsterte Mine ganz leise, damit es Babaanne nicht hören konnte.
|116| Babaanne stellte ein Tablett mit Essen auf den Boden.
„Guten Appetit. Du hast eine lange Reise hinter dir und sicher einen leeren Magen“, sagte Babaanne.
„Danke Anne, ich danke dir für alles, was du für meine Kinder getan hast.“
„Es sind auch die Kinder meines Sohnes“, antwortete Babaanne, und ihre Augenbrauen zogen sich wieder zu einem Strich zusammen. Babaanne war sehr traurig, weil mein Baba nicht mitgekommen war.
„Ich habe die Briefe, die du geschickt hast, gelesen“, sagte Babaanne.
„Babaanne, du kannst doch gar nicht lesen, ich habe sie dir vorgelesen“, unterbrach Mine.
„Eşoleşek, unterbrich mich nicht“, erwiderte Babaanne und sprach weiter mit Anne.
„Du hast geschrieben, dass du bald kommen würdest, aber so schnell habe ich nicht mit dir gerechnet.“
„Anne, ich habe meine Kinder fast zwei Jahre nicht gesehen.“
Annem liefen die Tränen über das Gesicht, aber jetzt versteckte sie sie nicht mehr.
„Es waren siebzehn Monate und vier Tage“, korrigierte Babaanne und verschwand wieder in der Küche.
Anne erzählte uns alles, was während dieser langen Zeit passiert war, bis die Sonne aufging.
Nachdem Ali Amca mit uns nach Ankara abgeflogen war, hatte Anne erst Tag und Nacht geweint, so sehr hatte sie uns vermisst. Dann fand Anne noch eine Arbeit. Sie machte einem alten Mann den Haushalt, der sie dafür gut bezahlte.
„Lass nichts auf deine Ehre kommen, hörst du?“, sagte Babaanne.
|117| „Anne, der Mann ist fast achtzig Jahre alt“, entgegnete Annem und schüttelte den Kopf.
„Ein Mann ist nie zu alt für solche Sachen“, antwortete Babaanne.
Auf jeden Fall hatte Annem ganz viel Geld gespart, und bevor sie nach Alaca kam, war sie nach Istanbul geflogen und hatte dort einen Bauplatz direkt am Meer gekauft.
Mine klatschte in die Hände und küsste Anne überall im Gesicht.
„Yaşasın, yaşasın, endlich haben wir ein Haus!“, schrie Mine begeistert.
„Hayır, Kızım, noch haben wir kein Haus, aber bald werden wir eines haben“, verbesserte sie Annem.
Babaanne schien darüber nicht glücklich zu sein. Ihre Augenbrauen waren immer noch ein ganz dicker Strich quer über ihrer Stirn.
Annem war alleine gekommen, und den Bauplatz hatte sie auch ohne Baba gekauft. Mein Onkel
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