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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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Bruder einander fortan – oder er suchte das Weite und begleitete meinen Vater zu unserem Grundstück.
    Das Grundstück lag außerhalb von Athen in der Nähe eines Strandes, der den Ansprüchen meines Vaters eher genügte, denn hier war das Meer sauber. Nach dem Bad begaben Papa und mein Bruder sich auf den kleinen Acker am Berg, den meine Mutter irgendwann erworben hatte, und gossen die Olivenbäume. Einmal kam mein Bruder ganz aufgeregt zurück: »Ich muss dir etwas zeigen.«
    In einer alten Zigarrenkiste hatte er ein paar chrisomiges , golden glänzende Käfer, gesammelt, die er als Haustiere halten und sogar mit nach Deutschland nehmen wollte. Die Käfer waren putzig anzusehen, und ich fand, es sei Tierquälerei, sie in die enge Zigarrenkiste zu sperren. Doch mein Bruder sagte, sie sollten nur nachts darin schlafen. Tagsüber dürften sie raus.
    An diesem Abend hämmerte er besonders lang in seiner Handwerkerecke in der avli herum, denn er baute einen Parcours für die chrisomiges .

    Ich erwachte mitten in der Nacht von einem brummenden Geräusch direkt an meinem Ohr. Ich richtete mich abruptauf und schlug den Verursacher hektisch fort: eine katzarida! Mein schlimmster Alptraum war wahr geworden!
    Ich sah sie noch quer über mein Kissen krabbeln, dann verschwand sie unter dem Bett, auf dem ich wie versteinert im Sitzen verharrte – voller Panik, die Kakerlake könnte auf die Idee kommen, erneut in mein Bett zu klettern. Erst, als es hell war, wagte ich es, mich wieder hinzulegen und weiterzuschlafen.
    Am Morgen stellte sich heraus, dass es den Käfern meines Bruders nachts gelungen war, aus der Zigarrenkiste auszubrechen. Und so wurde klar, dass das Krabbeltier in meinem Bett wohl gar keine abstoßende katzarida , sondern nur ein niedlicher Käfer gewesen war. Umsonst war ich die halbe Nacht wach gelegen und hatte mich geekelt.
    Da schnappte ich mir meinen Bruder und verabreichte ihm eine ausgiebige Portion Brennnesseln – so, wie ich es von Cousin Stelios gelernt hatte. »Für die chrisomiges «, sagte ich. »Und komm bloß nicht auf die Idee, jemals wieder welche mitzubringen!«
    * Sämtliche Laute werden im Glossar erklärt.

Badeurlaub mit viel »kefi«
    S eit den Vierzigerjahren verbrachten die Großeltern ihre Sommerferien in Methana, einem Kurort mit Strandanbindung auf dem Peloponnes. Yiayia besuchte dort früher die Kuranlage und absolvierte Schwefelbäder. Irgendwann vertrug sie die Schwefelbäder nicht mehr. Dennoch fuhr sie mit Pappous weiterhin jedes Jahr nach Methana. Wir kamen mit.
    Methana wurde von Tragflächenbooten, den »Flying Dolphins«, angefahren. Sie legten die Strecke bequem in guten zwei Stunden zurück. Außerdem gab es schwerfällige, rostige alte Autofähren, die doppelt so lange brauchten. Wir nahmen die Fähre – Papa wollte unbedingt den Wagen dabeihaben, um darin sein Motorschlauchboot zu transportieren, das den Winter über bei Pappous in einer Kammer im Hof verstaut gewesen war.
    Während Papa sich mit unserem Opel in die Schlange der Kleinlaster, Mopeds und Familienkutschen und ihrer Fahrer einreihte, die sich gegenseitig beschimpften und ohrenbetäubend hupten, warteten wir am Kai in der grellen Morgensonne nervös auf den Pappous. Er machte sich immer kurz vor Abfahrt aus dem Staub – angeblich, um Koulouria , Sesamkringel, für uns Kinder zu besorgen. In Wirklichkeit wollte er wohl so wenig Zeit wie möglich in der Nähe des Schiffes verbringen. Schon der Anblick der sich an den Tauen sanft wiegenden Fähre verursachte ihm Seekrankheit.
    Endlich, kurz vor dem Ablegen, tauchte Pappous wieder auf, und wir hetzten an Bord. Dabei mussten Mama und Pappousunsere Taschen und Koffer auf die Fähre transportieren, die wegen des Schlauchbootes nicht mehr in unser Auto passten. Gleichzeitig galt es, die blinde Yiayia über den schmalen, glatten Metallweg neben dem Fahrzeugbereich zu einem Sitzplatz zu leiten. Für uns hatten sie keine Hand frei. Deswegen gingen mein Bruder und ich an Bord sofort stiften. »Passt auf!«, rief Mama uns hinterher. »Lehnt euch nicht über die Reling!«, rief Pappous. »Min trechete, rennt nicht!« rief Yiayia.
    Wir Kinder postierten uns an der rechten Seite des Schiffes (von hier aus würde bald »unser« Haus in der Monemwassias Nummer dreizehn zu sehen sein) und starrten gebannt aufs Wasser. In Hafennähe war es bräunlich, dann wurde es plötzlich giftgrün, violett, orange, petrolfarben, knallgelb, dann wieder grün – wir passierten die

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