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Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich

Titel: Ich trink Ouzo was trinkst du so - Meine griechische Familie und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Bettermann
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mehr Erwachsene in der Familie. Denn Youla himmelt Annas Racker so an, dass sie ihre ganze Zeit mit ihnen verbringt. Erst wenn sie schlafen, besteigt sie die Treppe hinunter in ihre eigene Wohnung im Erdgeschoss. Außerdem schaut fast täglich Tante Matina bei den Enkeln vorbei sowie Annas Schwiegermutter. Wenn Anna und Louis abends mal aus dem Haus müssen, finden sich gleich alle drei als Babysitterinnen ein, »eine allein bekommt meine Kinder nicht in den Griff«, sagt Anna. Außerdem ist es lustiger so. Und auch der Pappous – also mein Onkel Michalis – bleibt nicht außen vor: Er ist für die Spaziergänge zuständig. Nach dem Mittagsschlaf (den nach wie vor jedes Kind halten muss – dafür sind sie später bis Mitternacht wach) kommt er vorbei, nimmt jedes Kind an die Hand, und dann geht es zum nächsten periptero , wo die Jungs sich je ein Eis aussuchen. Dann zuckeln sie weiter zum paidiki chara, Spielplatz – ganz so, wie wir damals mit unserem Pappous.
    Das geht natürlich nur, weil Matina, Michalis und Youla längst in Pension sind. Anna dagegen arbeitet als Maschinenbauingenieurin. Überhaupt ist die typische modernegriechische Mama berufstätig – wer eine gute Stelle ergattert hat im heutigen Griechenland, der gibt sie nicht so leicht wieder her, auch nicht wegen der Kinder. Von einem Gehalt kann kaum eine Familie existieren, das ist wie bei uns. Oft reichen nicht einmal zwei, deshalb haben so viele Griechen zum Hauptauch noch einen Nebenjob; darum ist auch der Stress bei allen XXL.
    Von der Tagesstätte kommen Annas Jungs stets mit persönlichen Essenlisten nach Hause, darauf steht, was sie gegessen haben und vor allem: wie viel. Da muss ich mir ein Lachen verkneifen. Als wir später noch eine Runde rausgehen, erfahre ich, dass sich bei der Erziehung auch sonst nicht viel verändert hat: »Min trechete!«, ruft Anna, kaum dass die Tür ins Schloss fällt. »Wir laufen doch nur zur Ampel«, erwidert der kleine Michalis und gibt Vollgas. »Min trechete!!!«, schreit Anna, und: »Kommt sofort zurück!« Ihr Mann läuft los, zu Michalis, Anna und ich hasten hinter Aristides hinterher. Schließlich erwischt Anna ihn am Arm und sagt: »Habe ich nicht tausendmal gesagt: Min trechete! Jetzt bleibst du bei uns und gehst ganz langsam mit deiner Tante Stella und mir.«
    Da bekommt er plötzlich einen Gesichtsausdruck, der mir vertraut ist: Annas Trotzmine – er ist doch auch ihr ähnlich. Dann wirft er den Kopf zurück, und ich höre ein typisches Schnalzen: »Tu!« Und weg ist er.

    Ein Woche später stehe ich am Hafen einer dieser kleinen Inseln ohne Internetzugang, auf denen fast alles noch so ist wie früher, und warte auf Onkel Michalis. Es gibt täglich nur eine winzige Fähre von Rhodos hierher, sie fasst etwa hundert Gäste und höchstens zwei Autos, die dann im Mittelteil des Bootes stehen und die Türen der Toiletten blockieren – aber die Überfahrt dauert ja nur eine Stunde.
    Zuerst tritt eine kleine Schar Touristen an Land, dann werden Waren für den Supermarkt ausgeladen und großeMehlsäcke für die einzige Bäckerei im Ort. Endlich erscheint Onkel Michalis, noch ziemlich blass um die Nase – er schlägt nach dem Pappous und reagiert schon auf sanftes Schaukeln mit entsetzlicher Seekrankheit. Als er festen Boden unter den Füßen spürt, fasst er sich und zeigt sein breitestes, frechstes Zahnlückenlächeln unter der Tropfensonnenbrille. Da ist auch nach wie vor das lässige Schlenkern in seinem Gang, und am Handgelenk baumelt munter das Herrenhandtäschchen.
    »Wie habt ihr denn diesen Steinhaufen entdeckt?«, fragt der Onkel nach der Umarmung und deutet spöttisch auf die karstigen Hügel über dem Ort.
    »Aber Onkel – hattest du einen Urwald erwartet? Wir sind doch hier in Griechenland!«
    »Schon, aber das ist sicher der trockenste Teil von Griechenland! Drüben auf Rhodos ist doch alles so herrlich grün! Und da zieht es euch ausgerechnet hierher?!«, meint er. »Die meisten Griechen würden hier keine zehn Minuten Urlaub machen!« Die modernen Griechen favorisieren Urlaubsgebiete mit viel Grün – und mit luxuriösen Hotels, in denen sie ihre schicksten Outfits ausführen können, erklärt der Onkel.
    »Die meisten Deutschen wahrscheinlich auch. Deswegen finden wir es ja so herrlich hier. Aber jetzt sollten wir uns endlich um ein Zimmer für dich kümmern!« Das hätte ich schon seit Tagen gern für den Onkel in die Hand genommen, denn die Zimmer auf der Insel sind rar – doch

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