Ich uebe das Sterben
ich froh, dass es nicht geschieht.
Auf dem Rückflug bin ich aufgeregt und kann es kaum erwarten, Harald die Bilder zu zeigen und all das Erlebte zu erzählen. Einmal Paradies und zurück. Unzählige Momente für das Buch der Erinnerungen.
Bobs sportliches Highlight –
Ironman Austria
E nergiegeladen und vom Ironman Hawaii inspiriert, starte ich schon bald nach meiner Rückkehr ins kalte, herbstliche Deutschland das Training für meinen großen Tag, den 8. Juli 2007, den Tag des Ironman Austria in Kärnten.
Trainer Ralf, der mir auch schon die Pläne für den Ostseeman gemacht hat, wartet mit neuen Trainingsplänen für das große Unternehmen auf. Ich bin hochmotiviert und begeistert von den professionellen Plänen, obgleich sie mir ziemlich hart erscheinen. Aber ich bin fest entschlossen, mich strikt daran zu halten, um den Traum vom Ironman nicht zu gefährden. Zumindest nicht wegen Faulheit.
Es ist ein großes Wagnis, an diesem Wettkampf teilzunehmen. Ein Wagnis, das bei meinen Ärzten auf keine große Begeisterung und nur auf bedingte, zähneknirschende Zustimmung stößt.
Bob muss die Füße in den nächsten acht Monaten stillhalten. Mein Herz darf ihm also keinen Aktionsraum bieten, sondern muss artig im Takt bleiben, wenn der Traum nicht wie eine Seifenblase zerplatzen soll.
Mein Plan, beim Ironman zu starten und die gesamte Härte dieses Wettkampfs mitzuerleben, ist geheim. Harald, Ralf, die Ärzte und wenige Freunde sind eingeweiht. Ich will nicht zu viel Wirbel darum machen, denn sonst wäre es noch viel schlimmer, falls Bob mir einen Strich durch die Rechnung macht. Meiner Familie sage ich nichts davon; nicht, weil sie mir nicht wichtig ist oder weil ich kein Vertrauen zu ihr hätte, sondern weil ich weiß, dass sie sich riesige Sorgen um mich machen würde. Es ist sicher ohnehin nicht leicht für meine Eltern, damit zurechtzukommen, dass ihre Tochter ein Leben führt, das so oft am seidenen Faden hängt. Dass ich nun das Schicksal auch noch auf eine Art herausfordere, würde – mit Recht – sicher nicht ihre Zustimmung finden.
Mir ist das bewusst, dass ich ein Risiko eingehe, aber letztlich kann mir keiner – auch kein Arzt – sagen, wie das Training meine Erkrankung beeinflusst. Dazu fehlen einfach die Erfahrungswerte. Denn mein Gendefekt ist noch nicht so lange entdeckt und sehr selten – und aus beiden Gründen nur wenig erforscht.
Ich bin oft ein Dickkopf und furchtlos und eine Träumerin. Und wenn alles zusammenkommt, dann befinde ich mich auf dem Weg zum Ironman.
Zunächst stelle ich mein Fahrrad auf einen Rollentrainer ins Wohnzimmer, sodass ich dort trainieren kann. Ich bin seit Jahren nicht mehr Rad gefahren, und selbst die kleinen Einheiten von zwanzig Minuten machen meine Beine ganz schön müde. Das Schwimmtraining gestaltet sich einigermaßen locker; ich profitiere wohl noch vom Training für den Ostseeman im vorherigen Jahr. Gelaufen bin ich ja fast immer, und so ist und bleibt die Bewegung per pedes meine leichteste Disziplin.
Was im November und Dezember noch so locker vor sich hinplätschert und als Aufwärmphase gesehen werden kann, wird ab Januar zu einer echten Aufgabe. Neben den verschiedenen Trainingseinheiten, die ich zu absolvieren habe, stelle ich meine Ernährung um: viele kleine Mahlzeiten, mehr Wasser, mehr Obst, mehr Kohlenhydrate. Der Test für die Verpflegung mit Energie-Gels und Energie-Riegeln während des Wettkampfs erfordert manchmal harte Disziplin. Aber ich funktioniere wie ein Uhrwerk. Mein Leben richtet sich nach dem Trainings- und Ernährungsplan von Ralf. Klingt total irre und ist es sicher auch.
Das Radfahren auf der Rolle im Wohnzimmer ist zwar ziemlich eintönig – ich fahre Einheiten bis zu drei Stunden –, aber ich lenke mich ab und schaue DVD s. Da ich aufgrund meiner Herzprobleme und der damit verbundenen Minderdurchblutung sehr schnell und extrem friere, ist für mich das Radtraining im Wohnzimmer definitiv eine bessere Lösung als halsbrecherische Ausfahrten bei Kälte, Schnee, Eis und Glätte. Außerdem besitze ich kein Mountainbike, und auf dem Rennrad ist es im Winter auf der Straße alles andere als vergnüglich.
Ich starte mit den ersten vorsichtigen Versuchen des sogenannten Koppeltrainings, einer wiederholten Abfolge verschiedener Sportarten. Das bedeutet in meinem Fall: direkt von der Radrolle in die Laufklamotten und ab in den Winterwald. Diese Doppelbelastung macht mir besonders viel Spaß, und nach Rücksprache mit Ralf
Weitere Kostenlose Bücher