Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich und andere uncoole Dinge in New York

Ich und andere uncoole Dinge in New York

Titel: Ich und andere uncoole Dinge in New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia K. Stein
Vom Netzwerk:
nichts mehr, sondern fühle nur noch seine Hand. Sie ist warm, nicht kalt und glitschig wie die unselige Hand von Jan, meinem „Exfreund“ aus dem Astronomie-Kurs, an den ich in diesem Moment zum ersten Mal denken muss, um ihn dann ganz schnell und hoffentlich für immer zu vergessen.
    Peter drückt dem Türsteher einen Schein in die Hand. Hätte ich nicht gesehen, wie Peter den Schein vorher aus der Tasche gezogen hat, wäre mir das gar nicht aufgefallen, so unauffällig macht er das.
    „Good evening, Peter, welcome back“, grinst der, hält die rote Kordel zur Seite und lässt uns durch. Ich wusste gar nicht, dass so eine Nummer in Wirklichkeit klappt und nicht nur im Kino. Der Laden ist berstend voll und könnte genauso gut in Brasilien sein. Die Frauen sind mega-aufgedresste dunkle Schönheiten, dazu gibt’s Männer mit zu viel Gel in den schwarzen Haaren, ein paar Touristen und uns. Peter holt was zu trinken. Die Dance-Party ist schon in vollem Gange. Die Leute tanzen, als wäre Dirty Dancing gestern gewesen. Ich wusste gar nicht, dass man seine Hüften derartig schwingen kann, ohne sie auszukugeln.
    „Hier, Judith, ein bisschen Koks für Kinder: Macht wach, aber nicht abhängig“, grinst Peter und drückt mir ein Glas in die Hand, als er zurückkommt.
    „Wodkabull“, fügt er hinzu, als er mein erschrockenes Gesicht sieht. Ich brauche eigentlich kein Koks für Kinder, weil ich hellwach bin, seit er endlich da ist, aber ich mag den künstlichen Geschmack von Red Bull. Im Büro trinke ich immer die Getränke mit den bizarrsten Inhaltsstoffen aus dem Automaten.
    „Hier ist die Welt noch die Ordnung. Die Männer fordern die Frauen auf und die Frauen sagen nie nein“, schreit Peter in mein Ohr.
    Ich will protestieren, dass das total sexistisch ist, aber Peter legt seine Hand auf meinen Mund und zieht mich auf die Tanzfläche.
    Eigentlich kann ich null Salsa tanzen. Aber ich wackele ein bisschen mit den Hüften und da ich den ganzen Tag kaum gegessen habe, bin ich von dem Drink schon leicht angesäuselt, was meine Hüften lockerer macht. Außerdem bin ich vom Warten und der Hitze irgendwie berauscht, ganz zu Schweigen von Peters Nähe. Etwas passiert mit mir, sobald er da ist. Auch wenn ich nicht sagen kann, was genau: nüchterner werde ich jedenfalls nicht – auch ohne die Drinks, die Peter immer spendiert. Neben uns tanzt ein Südamerikaner mit einem Mädchen mit viel Goldschmuck. Sie lächeln uns zu. Peter lacht zurück. Wir trinken noch mehr Wodkabull und später gibt Peter auch den anderen beiden Drinks aus. Er ist total großzügig. Das gefällt mir. Vielleicht weil meine Mutter so ein Knauserlappen ist. Meine Mutter – da fällt mir ein, dass ich schon tagelang nichts von ihr gehört habe. Sie ist wahrscheinlich in einer künstlerischen Phase: Yoga, Malen und Sex mit David. Ein Ekelschauer läuft meinen Rücken hinunter. Peters Hand liegt auf meinem Rücken und als er merkt, wie mein Rücken zittert, streichelt er mit seiner Hand meinen Nacken entlang, dass mir ein weiterer Schauer über den Rücken läuft, aber ein wesentlich angenehmerer. Dann spricht ihn jemand an und während er sich unterhält, streicht seine Hand weiter über meinen Rücken. Er kennt Unmengen, ganz unterschiedliche Leute. Ich mag das, wenn jemand so vorurteilslos ist. Ich finde mich eigentlich auch ziemlich offen, nur sind die Leute in Dinslaken alle so ähnlich, dass einem Vorurteilslosigkeit wenig bringt, außer die schon erwähnten Loser-Verehrer, weil man nicht unnahbar genug ist. In New York gibt es wenigstens wirklich unterschiedliche Menschen. Ich tanze mit allen Jungen und Männern, die mich auffordern, und irgendwann habe ich fast das Gefühl, dass ich Salsa tanzen kann. Es ist unglaublich heiß. Alle haben Schweißperlen auf der Stirn und feuchte Kleidung und ich ziehe mein T-Shirt aus, werfe es in eine Ecke und tanze in meinem Spagetti-Top.
    Dann wollen die anderen beiden zu einer privaten Party wechseln und wir können mitkommen. Mir ist ganz schön schummrig und ich latsche an Peters Arm gehängt hinter ihnen her. Ich benutze die Frau als Orientierungspunkt und folge ihren hohen Schuhen und schmalen Fesseln. Das Mädchen stellt ihre Füße voreinander, als würde sie auf einer geraden Linie gehen. Es ist mir ein Rätsel, wie Frauen mit Zehn-Zentimeter-Absätzen überhaupt laufen können. Geschweige denn so fabelhaft mit dem Hintern wackeln, dass es nicht ordinär aussieht, sondern mega-sexy. Ich habe inzwischen

Weitere Kostenlose Bücher