Ich und andere uncoole Dinge in New York
Menschen heraus. Das Klack-Klack ihrer Schritte auf dem Stein ist ungewohnt. Die stylischen, hohen Stiefel hat sie bestimmt auch nur wegen Peter an.
„Da seid ihr ja.“
„Sorry, wir haben nicht auf den Weg geachtet.“
„Macht doch nichts“, sagt Rachel, als würde ihr das wirklich nichts ausmachen.
„Eine Freundin hat mir Karten für ihr Musical geschenkt. Sie tanzt irgendwo in der hintersten Reihe. Ich habe versprochen, vorbeizukommen. Möchte eine von euch mitgehen?“, fragt Peter und sieht uns beide nacheinander und, wie ich finde, mit ziemlich gleichem Interesse an. Noch ist nicht alles verloren. Ich lächele hypnotisiert zurück. Deshalb verpasse ich es, zu antworten.
„Klar, sehr gern“, sagt Rachel zögernd, als ich schweige. „Macht dir doch nichts aus, wenn ich mitgehe, oder?“, fragt sie. Ihre Haare, die sie ausnahmsweise nicht zu einer Rolle eingedreht und mit einem Bleistift oder Kuli fixiert hat, umrahmen ihr Gesicht. Sie ist wirklich eine Schönheit. Es ist einfach ungerecht. „Ich war das letzte Mal mit zwölf in einem Musical. Das wird bestimmt lustig.“
„Super, um acht geht’s los. Sorry, ich habe leider nu r eine Extra-Karte“, sagt Peter, bevor ich etwas erwidern kann.
Ich stehe neben den beiden wie ein Zuschauer.
„Heute?“ Rachel reißt die Augen auf. „Heute kann ich nicht.“
Meine Lebensgeister beginnen sich wieder zu regen. „Ich könnte mitkommen.“ Jetzt ist nicht die richtige Zeit für falschen Stolz, weil man nur zweite Wahl ist.
Da klingelt Peters Mobiltelefon zum zweiunddreißigsten Mal und diesmal nimmt er ab.
„Einen Moment“, sagt er in den Telefonhörer und hält seine Hand über die Muschel. „Prima, dann kommst du mit“, sagt er und lächelt mich so an, als wäre ich die erste Wahl. Ich fühle mich euphorisch, als hätte ich ein Tennismatch gewonnen. Ich versuche, mein Strahlen zu unterdrücken und gleichgültig auszusehen.
Rachel sieht trotzdem nicht sonderlich enttäuscht aus. Sie ist wirklich voller Rätsel.
„Wir treffen uns dann um sieben, ich texte dir noch, wo genau.“
Peter hält sein Handy wieder an sein Ohr, mit der anderen Hand drückt er meinen Arm zum Abschied. Dann konzentriert er sich auf das Gespräch, dreht sich um und geht davon. Ha!
Ein paar Stunden später stehe ich in der Schlange vor einem Salsa Club an der Lower Eastside und könnte heulen vor Wut. Mein Handy meldet eine neue Nachricht: „bin in 10 min da, halt die Stellung“. Es ist schon zehn und in den letzten Stunden bin ich zu Peters Platzhalter mutiert. Um kurz vor sieben hat er per SMS das Musical abgesagt. Dann hat er unser Treffen immer weiter verschoben, aber ich habe mich nicht überwinden können, einfach abzusagen. Ich weiß, ich weiß, man muss zumindest so tun, als sei man schwer zu kriegen, aber ich fürchte, wenn ich zu schwer zu kriegen bin, geht er einfach mit Rachel aus. Die ist ja nicht sonderlich schwer zu kriegen, wie man weiß. Inzwischen ist mein um sechs Uhr mit größter Sorgfalt in langwieriger Prozedur aufgetragenes Make-up schon weggeschwitzt. Der Tag war heiß und, nachdem sich der Wind gelegt hat, ist der Stadt die Frischluft ausgegangen. Nichts bewegt sich. Heute Abend weht nicht der Hauch einer Brise. Jeder Zentimeter meines Körpers ist heiß.
„Judith.“
Im ersten Moment weiß ich nicht, ob ich mir das eingebildet habe. Aber dann spüre ich, wie eine Hand meine Haare zur Seite schiebt und kurz scheinen ein Paar Lippen meinen Nacken zu berühren.
Als ich mich umdrehe, ist Peters Gesicht ganz nah vor meinem. Seine Augen glänzen, er riecht nach irgendetwas sehr Leckerem und nach, mmmh, vielleicht ein wenig nach Gin? Aber er wirkt nicht betrunken und seine Hand hält immer noch meine Haare zur Seite. Meine Wut verpufft wie flüchtiges Gas. Mein Nacken kribbelt, nein, das Kribbeln wandert durch meinen ganzen Körper .
„Es tut mir wirklich total leid, ich musste noch ein paar Sachen erledigen.“
„Ist in Ordnung“, bringe ich mühsam hervor, obwohl ich mir in den letzten Stunden eine Menge zynischer Sprüche ausgedacht habe, um nicht jede Selbstachtung zu verlieren. Aber mir fällt keiner mehr ein. Mein Hirn ist ein schwarzes Loch. Peter lässt meine Haare los und fährt dabei mit dem Daumen über meinen Nacken. Ich höre für einen Moment auf zu atmen.
„Hey, wir müssen nicht warten, ich kenne den Türsteher“, er greift nach meiner Hand und zieht mich hinter sich her an der Schlange vorbei. Ich sehe eigentlich
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