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Ich und andere uncoole Dinge in New York

Ich und andere uncoole Dinge in New York

Titel: Ich und andere uncoole Dinge in New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia K. Stein
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riesigen Skelett stehen. Es ist enttäuschend. Die schwarzen Knochen sind makellos und der mit Parkett ausgelegte Raum ist beleuchtet wie ein Wohnzimmer. Das Skelett ist riesig, aber es sieht aus wie aus Plastik. Ich lasse mir nichts anmerken, weil Peter begeistert ist. Rachel geht dazu über, uns die Ausstellungsstücke zu erklären, als könnten wir kein Englisch lesen und als würde sie nicht selbst seit Jahren zum ersten Mal durch die Ausstellung laufen. Sie wiederholt in sachkundigem Tonfall die Tafelinschriften und ich versuche, genauso interessiert und gut gelaunt auszusehen wie Peter. Niemand mag Spielverderber. Wenn er lacht, zeigen sich die Grübchen, die mir schon beim ersten Treffen aufgefallen sind, und ich lache mit. Rachel muss zur Toilette und für einen Moment habe ich ihn für mich. Jetzt bloß nicht alles vermasseln und irgendetwas Schwachmatisches von mir geben.
    „Was machst du denn eigentlich für Kurse hier an der Sommer-Uni?“ Das war ungefährlich.
    „Drehbuch schreiben.“
    „Du willst Drehbücher schreiben?“ Ich habe noch nie jemanden getroffen, der Filme machen will. Wahrscheinlich rede ich gerade mit dem nächsten Martin Scorsese.
    „Ich würde gern welche produzieren.“ Er zuckt mit den Schultern.
    „Das ist ja total interessant. Was lernst du denn genau an der New York University?“
    „Alles. Im Moment sehe ich mir viele erfolgreiche Filme an und versuche herauszufinden, warum sie erfolgreich sind.“
    „Aber jeder Film ist doch aus anderen Gründen erfolgreich. Kann man da überhaupt Kriterien finden, die immer gleich sind?“ Wir schlendern unter einem lebensgroßen Blauwal entlang, der hoffentlich mit Schrauben aus deutscher Qualitätsfertigung über unseren Köpfen befestigt ist.
    „Das stimmt. Ist nicht so leicht.“ Peter grinst mich an, als hätte ich etwas Kluges gesagt. Ich grinse zurück und komme mir genial vor.
    „Es gibt echt zu viel Zeug, das man sich merken muss. Ich würde gern die Festplatte in meinem Hirn erweitern. Dann bräuchte man auch keine anderen Hilfsmittel mehr.“ Er grinst bedeutungsvoll, als würde er abwarten, ob ich verstehe, was er meint.
    Klar verstehe ich, was er meint. „Du meinst, du möchtest dir einen Computer in den Kopf verpflanzen?“
    „Eigentlich müsste das gehen. Das wäre nicht viel anders als ein Herzschrittmacher. Wir würden die langsamen Kohlenstoff-Nervenleitungen durch schnellere Computerchips ersetzen und dann könnten wir schneller denken.“
    „Ein Mensch mit eingebauter Gehirn-Prothese.“              
    „Dann bräuchten wir auch keinen Fernseher mehr, alles könnte direkt eingespeist werden.“ Peter sieht verträumt aus.
    Ich stelle mir vor, wie ein Schlauch vom Fernseher durch das Ohr in den Kopf eingeführt wird und mir läuft ein Schauer über den Rücken. „Ihr Amerikaner wollt immer alles so künstlich wie möglich machen. In Kalifornien weiß doch niemand mehr, wie ein echter Körper überhaupt aussieht, weil überall diese Tennisbälle aus den Bikinis herausplatzen. Vielleicht ist ein langsames, echtes Gehirn besser als ein künstliches.“ Das mit den Tennisbällen ist mir jetzt so rausgerutscht und ich werde rot.
    „Aber du gehst doch auch zum Zahnarzt, weil du lieber künstliche Ersatzzähne als kaputte, echte Zähne hast.“ „Es gibt einen Unterschied zwischen Reparieren und Optimieren.“
    Peter denkt kurz nach. „Das stimmt nicht, dass alle so sind.“
    „Was?“
    „Tennisbälle. Ich habe mal in Kalifornien gelebt. Ich muss es wissen.“
    Ich brauche einen Moment, bevor ich verstehe, wovon er spricht, dann werde ich noch röter. Ich sehe natürlich nicht, wie ich rot werde, aber ich spüre die Hitze in meiner Stirn und unter meinen Haaren. Wir haben natürlich nur allgemein von Brüsten geredet, aber ich muss an meine kleinen Brüste denken, die erstens weit davon entfernt sind, wie Tennisbälle auszusehen und zweitens sehr wohl optimiert werden könnten, und habe das Gefühl, dass sie brennen, weil sie ebenfalls rot anlaufen. Ich wende mich schnell einem Dinosaurierzahn zu, der an der Wand hängt. Als ich mich wieder umdrehe, grinst Peter immer noch.
    Wir haben Rachel verloren. Es ist keine Absicht gewesen. Gut, ich habe mich jetzt auch nicht übermäßig angestrengt, sie nicht zu verlieren. Peter und ich folgen den Schildern zum Haupteingang und leider ist sie auf die gleiche Idee gekommen. Mein Blick filtert ihre vertrauten Bewegungen sofort aus dem breiten Strom von

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