Ich und andere uncoole Dinge in New York
gar nicht mehr das Gefühl zu laufen. Ich schwebe. Meine Beine bewegen sich von ganz allein. Dann kommen wir zu der privaten Party und sagen dem Türsteher, dass wir mit Rodrigo da sind. Es ist dann so eine private Party, wie ich sie inzwischen häufiger gesehen habe in New York: nicht so richtig privat, weil man seine Getränke selbst zahlen muss. Peter gibt seine Kreditkarte hinter der Bar ab.
„Ist am P raktischsten. Dann kann man die ganze Zeit ohne Geld bestellen. Außerdem verliert man seine Karte nicht. Man wird erstaunlich selten dabei beschissen.“
Ich nicke beeindruckt. Das würde ich mich nun wirklich nicht trauen. Und der Bartender sieht jetzt auch nicht sooooo vertrauenswürdig aus. Peter erklärt mir noch mehr über New York, aber inzwischen erreichen mich Wortfetzen und Silben in einer Langsamkeit, dass ich sie kaum zu einer Bedeutung zusammenlöten kann. Wir trinken weiter, aber dann sperre ich mich für einen Moment in der Toilette ein, um wieder klarer zu werden und auszuruhen, damit ich nicht wieder alles vermassele, weil ich zu betrunken bin. Dann sitzen wir im Taxi und mein Gesicht spiegelt sich in der Taxischeibe. Wenn ich mich ganz nah an die Scheibe lehne, sind meine Augen nur noch dunkle Flecken und mein Atem hinterlässt einen Nebel auf dem Glas. Es ist unglaublich warm in dieser Nacht und später kurbeln wir die Fenster herunter und der Fahrtwind streicht über meine nackten Arme. Peter riecht einfach wahnsinnig gut. Er schiebt meine Haare nach vorn und streichelt meinen Nacken. Es fühlt sich schön an und ich schließe die Augen und lasse meinen Kopf nach vorn fallen. Peters Finger gleiten den Ausschnitt meines T-Shirts und mein Schlüsselbein entlang. Er streichelt meine Wangen und seine Finger folgen der Linie meines Kinns. Dann nimmt er meine Hand und küsst meine Handfläche. Ich werde nie wieder die Augen öffnen. Außerdem dreht sich immer noch alles und ich will mich auf keinen Fall übergeben.
„Willst du mit hochkommen?“, nuschelt Peter in mein Ohr. Er hält immer noch meine Hand. Ich öffne kurz die Augen und erkenne, dass das Taxi vor irgendeinem Hochhaus gehalten hat. Ich nicke.
Peter gibt dem Taxifahrer fünf Dollar Trinkgeld. Ich mag wirklich, wie großzügig er ist. Ich mag auch, wie er mich ansieht. Und ich mag, wie er mich anfasst.
Wie durch Nebel nehme ich Peters Wohnung wahr. Sie sieht eigenartig aus, viel grün irgendwie, dazu ein Sofa mit Leopardenmuster und in der Ecke steht ein Frisörstuhl. So habe ich mir eine Studentenwohnung nicht vorgestellt. Sie ist in jedem Fall anders als erwartet, auch wenn ich ja gar nichts erwartet habe. Aber egal. In New York ist eben alles anders. Mir ist immer noch so schwindelig und ich lasse mich auf Peters Bett fallen, strecke die Arme nach beiden Seiten aus und schließe die Augen. Ich denke noch, dass ich heilfroh bin, mir heute die Beine rasiert zu haben, denn heute morgen haben die sich eher angefühlt wie der Rücken eines Borstenschweins. Dann bewegt sich das Bett und ich spüre die Wärme, die von Peters Körper ausstrahlt. Als ich die Augen öffne, ist Peters Gesicht nah vor meinem. Seine Pupillen sind riesig und schwarz und sein Mund ist noch hübscher, als ich ihn in Erinnerung habe, und ganz nah. Er streicht wieder über mein Schlüsselbein. Woher weiß er nur, dass mir das so gut gefällt. Ich drehe mich zu ihm und unsere Lippen treffen sich. Ich muss an Rachel denken, wie sie etwas von kleinen Küssen wie Schmetterlingen gesagt hat. Sie hat recht. Peter küsst leicht wie ein Schmetterling. Rachel.
„Ich dachte, du findest Rachel interessanter als mich“, sage ich, viel zu ehrlich durch den Alkohol.
„Nicht so viel denken“, sagt Peter und küsst mich weiter und seine Hände sind irgendwie überall. Ich gehorche nur zu gern. Ich will nicht denken und nichts entscheiden. Das ist es wohl, was man „hormongesteuertes Verhalten“ nennt. Ich steuere nämlich nichts mehr, ich habe das Ruder ganz klar an die Hormone übergeben, die meinen Körper durchwimmeln. Die bestimmen jetzt, wo’s lang geht. So wie Peter hat mich noch nie jemand geküsst. Es fühlt sich alles so unglaublich gut an. Rachel verpasst was. Rachel wird ihn nicht bekommen. Ich küsse ihn auch und meine Hände fahren die Flanken seines Rückens entlang. Er ist fest und viel breiter als meiner. Ich denke sogar daran, meinen Bauch etwas einzuziehen, als er seine Hand auf ihn legt. Irgendwie geht alles so leicht und er zieht meine Jeans herunter,
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