Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich und andere uncoole Dinge in New York

Ich und andere uncoole Dinge in New York

Titel: Ich und andere uncoole Dinge in New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia K. Stein
Vom Netzwerk:
sein Party-Leuchten in den Augen. Das kenne ich schon. Er zieht mich von der Sitzbank und wir beginnen uns zu der russischen Rock-Musik zu drehen. Die Musik klingt besser als vieles, was in New Yorker Bars gespielt wird. Der Russe stapft hinter den Tresen zurück, wippt im Takt und grinst uns aufmunternd zu. Als wir kurz Pause machen, bringt er ein weiteres Tablett an unseren Tisch. „Stolichnaya, Qualität aus Russland. Diese Runde geht auf mich.“ Wahrscheinlich kommt es einer krassen Beleidigung gleich, so eine Einladung auszuschlagen. Wir blicken uns mit glasigen Augen an und Rachel presst ihre Lippen in gespielter Resignation zusammen.
    „Puh, vielleicht sollten wir bald mal Schluss machen“, erinnere ich zaghaft. Ich habe keine Lust in ein russisches Plumpsklo zu kotzen. Und das steht mir definitiv bevor, wenn ich so weitermache. Aber Rachel und Peter nehmen mich nicht mehr ernst und Adam und Meredith tanzen gerade.
    „Wir nehmen noch eine Runde. Ich lade euch ein.“ Peter nickt dem Wirt zu, der das mit einer kleinen Verbeugung quittiert.
    „A krasiwii Dschenschine – Auf die schönen Frauen!“, verkündet der Russe feierlich, als er mit einer neuen Flasche zum Tisch zurückkommt und sieht Meredith, Rachel und mir der Reihe nach tief in die Augen. Ich stürze den gesamten Inhalt des Glases herunter und atme dann in kurzen Stößen durch die Nase. Das hilft am besten. Als Peter Rachel zum Tanzen hinter sich herzieht, ruft Adam ihm nach: „Hey, mach gefälligst meine Schwester nicht an.“
    Dann zieht er mich hoch und wirbelt mich zwischen den Tischen und Stühlen des Lokals umher. „Dich soll der Idiot auch endlich in Ruhe lassen“, murmelt Adam noch dicht in mein Ohr. Obwohl wir das Schachspiel der anderen Männer stören, beschwert sich niemand. Ich könnte ewig tanzen. Peter tanzt mit Meredith und Rachel gleichzeitig. Meredith wirbelt ihren Oberkörper um die eigene Achse und begleitet ihre Drehungen mit weit ausholenden Armen. Einer der wenigen Russen unter fünfzig im Pasternak versucht, sie Peter abzujagen, und nachdem er Meredith eine Weile abgeschirmt hat, schiebt Meredith sich an ihm vorbei und tanzt dem Russen, der sein Glück kaum fassen kann, mit nach hinten geworfenem Kopf und hochgestreckten Armen entgegen. Einige Männer singen und klatschen. Adam tanzt enger mit mir, als die Musik nahelegt. Als wir uns einen Moment schwer atmend wieder an den Tisch gesetzt haben, bringt Kolja, so heißt der russische Besitzer, noch eine Runde Wodka zum Probieren.
    „Amerikaner wissen nicht, wie man trinkt. Deshalb werden sie krank“, erklärt er.
    „Wie wird man davon nicht krank?“, frage ich. Vielleicht habe ich da bisher ja nur etwas falsch gemacht.
    „Mein Vater hatte Brennerei. Ich bringe euch bei, wie man Wodka trinkt. Wenn ihr lernen wollt, ich bringe es bei.“
    Wir folgen Koljas Empfehlungen und bestellen salzigen Fisch und saure Gurken. Adams Hand ist heiß, als er sie kurz auf meinen Arm ablegt. Rachel tanzt wieder mit Peter und ihr Tube-Top hängt extrem gefährlich knapp über ihrem Busen. Wieso merke ich eigentlich immer, wenn mein Top herunterrutscht, und andere Frauen merken es überhaupt nicht, oder erst sehr spät, um es dann schwül-erotisch nach oben zu schieben? Rachel, der sonst nichts entgeht, fällt nie auf, wenn ihr Top auf halbmast sitzt. Das kann mir niemand erzählen, dass das Zufall ist. Ich muss morgen mal ein ernstes Wort mit Rachel reden. Schließlich sollen wir doch jetzt Freundinnen sein, da flirtet man nicht mit dem Besitz der anderen. Dann bringt Kolja ein großes Tablett mit verschiedenen Wodka-Sorten: Charka und Istok und Gospoga Oficeri. Meredith, Rachel und Peter kommen zurück an den Tisch. Meredith lallt inzwischen, bemüht sich aber mit unfokussiertem Blick um höfliche Konzentration. Ich fürchte, da helfen auch die Salzheringe nicht mehr.
    „ Pfeffer-Wodka wird aus roten Körnern gebrannt, nicht aus den gewöhnlichen schwarzen. Peisahovka ist ein sehr süßer jüdischer Wodka. Hier probier mal“, sagt Kolja und schiebt mir ein Glas hin, das ich an Peter weiterschiebe, der den Inhalt dankbar herunterspült.
    „Hey, ich brauch e keinen Schongang“, lallt Meredith und droht Peter mit dem Finger.
    „Das Wasser ist entscheidend für den Geschmack“, fährt Kolja fort, ungerührt vom angeschlagenen Zustand seiner Zuhörer. „Einige Gegenden in Russland haben weicheres Wasser und manchmal wird sogar Schneewasser zum Brennen benutzt.“
    Meredith’

Weitere Kostenlose Bücher