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Ich und andere uncoole Dinge in New York

Ich und andere uncoole Dinge in New York

Titel: Ich und andere uncoole Dinge in New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia K. Stein
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Augen.
    Wir erklimmen die Treppe zur Promenade. „Brighton Beach“ verkündet ein grünes Schild. Die Sonne ist weg und plötzlich wird es kühler und ich habe eine Gänsehaut. Peter redet mit Rachel, aber dabei legt er seinen Arm um mich und ich trotte zufrieden neben ihm. Wir gehen unter dem Subway hindurch, der auf einer wenig vertrauenserweckenden verrosteten Trasse über unseren Köpfen daherrollt. Die gelben und roten Plastikmarkisen der angrenzenden Häuserfronten verlaufen so dicht neben der Straße, dass sie fast an die Schienen stoßen. Die Markisen sind mit kyrillischen Buchstaben beschriftet. Adam sucht das Pasternak, das ein Freund ihm empfohlen hat, und eilt voran. Die Leute, die uns entgegenkommen, sprechen Russisch, die Läden quellen über mit Heringen, Schnürsenkeln und Waschpulver, Orangen. Alles steht durcheinander.
    „Adam, warum können wir nicht einfach in ein vernünftiges Restaurant gehen und ausgehen wie normale Leute?“, fragt Meredith etwas entnervt. „Meine Freundin hat heute einen Tisch im Bungalow. Ihr könnt alle mitkommen.“
    „Jetzt sei mal nicht so mainstream. Wo ist die Abenteurerin in dir?“
    „Die ist vor Hunger umgekommen. Außerdem liebe ich mainstream. Ist wesentlich komfortabler.“
    Endlich taucht der nur teilweise erleuchtete Schriftzug „Pasternak“ über einer unspektakulären Tür auf. Adam dreht sich triumphierend zu uns um.
    „Das kann doch nicht dein Ernst sein“, zetert Meredith. „Nein, nein, ich hätte es wissen müssen. Es ist dein Ernst.“
    Wir müssen einen braunen Vorhang zur Seite schieben, um ins Innere zu kommen. Es wird sofort ein paar Grad wärmer. Der Innenraum erinnert an das Wohnzimmer eines deutschen Rentners. Beige Tapeten mit braunen Rosetten verzieren die Wände und Männer in abgetragenen Anzügen rauchen bitter riechende Zigarren und spielen Schach. Auf den Tischen liegen geblümte Plastiktischdecken und auf jedem steht eine Vase mit einer künstlichen Nelke. Ein Poster an der Wand zeigt eine platinblonde Sängerin mit aufgeworfenen Lippen. Adam wendet sich mit leuchtenden Augen zu uns um. „Das ist ja so cool.“ Das kenne ich schon. Wenn ein Restaurant oder Club so aussieht, als hätte in den letzten zehn Jahren niemand hineininvestiert, lieben New Yorker das besonders. Die Restaurant- und Club-Besitzer tun alles, um genauso auszusehen. Aber natürlich sind die meisten nur hip und eine zum Himmel schreiende Fälschung. Überall bedienen wahnsinnig trendige Kellnerinnen, die ihre Hüften nach vorn schieben und gleichzeitig die Schultern fallen lassen, weil sie wegen Magersucht ihre Knochenstabilität eingebüßt haben. Das Pasternak dagegen ist echt. Die Zähne des Mannes hinter der Theke schimmern bräunlich und seine Haare sind nicht pomadiert, sondern fettig. Der Rauch von Zigarren und Zigaretten mischt sich mit scharfen Essensgerüchen. Durch die geöffnete Tür hinter der Theke sieht man eine wuchtige Frau in der Küche hin- und herlaufen. Ihre zotteligen, schwarzen Haare sind nachlässig zusammengebunden und in ihren Armen trägt sie einen Topf wie ein Baby. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Meredith nicht recht geben muss und mir ein gefälschter, hipper Laden nicht lieber ist als so ein schmuddeliger echter.
    „Oh Gott, Adam. Denkst du eigentlich auch mal an deine unverheiratete Single-Schwester? Mainstream bedeutet vor allem, dass die Typen wesentlich besser aussehen.“ Meredith’ Augen streifen über die anderen Gäste, die größtenteils über fünfzig sind und mit Gewichtsproblemen kämpfen oder kämpfen sollten. Ihr Gesicht ist vor Hitze tomatenrot angelaufen und sie zerrt hektisch ihren Pullover über den Kopf, den sie am Strand übergezogen hat. Dabei verfängt sie sich in einem der hauchdünnen Ärmel, beginnt ungeduldig zu reißen und flattert mit den Armen wie ein Vogel, bis das Geräusch der berstenden Naht sie gellend aufschreien lässt.
    „So ein Mist!“, ruft sie und ihr glühendes Gesicht, um das sich lange Haarsträhnen gewickelt haben, erscheint zwischen dem Pulloverwust. „Das darf doch wohl nicht wahr sein. Ich habe gerade meinen Lieblings-Marc Jacobs-Pullover mit meiner Nase kaputtgerissen. Ich hasse diese unmögliche Nase. Ich möchte eine Nasen-OP, verdammt noch mal!“
    Adam und Rachel lachen.
    „Ich meine es ernst.“
    „Ich fürchte, sie meint es ernst“, sagt Adam in meine Richtung.
    „Meredith glaubt, dass sie keine echte New Yorkerin ist, solange sie nicht irgendwann ein Nasenpflaster,

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