Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich und andere uncoole Dinge in New York

Ich und andere uncoole Dinge in New York

Titel: Ich und andere uncoole Dinge in New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia K. Stein
Vom Netzwerk:
riesigen Fehler gemacht. Aber glaub mir, dass bereue ich selbst am meisten.“ Meine Augen füllen sich mit Tränen, als ich an Adam denke. Rachel sieht mich nüchtern an. Ich schlucke und dränge die Tränen zurück. „Aber es ist alles viel komplizierter. Kannst du dir vorstellen, dass ich schon gedacht habe, dass es vielleicht egoistisch ist, Peter zu verlassen? Er nimmt Drogen, verstehst du? Vielleicht sollte ich ihm helfen, mit den Drogen aufzuhören und sein Leben in den Griff zu bekommen?“
    „Vielleicht“, sagt Rachel. „Aber dafür hättest du meinen Bruder nicht gebraucht. Aber er war wunderbar dazu geeignet, Peter eifersüchtig zu machen, nicht wahr?“ Daraufhin dreht sie sich um, wirft in einer grandios arroganten Geste ihre Haare nach hinten und zieht von dannen. Also, ich habe mich beschissen verhalten. Aber sie kostet das jetzt wirklich aus. Die Rolle der Bitch beherrscht Rachel einfach perfekt.
     
    Ich habe noch eine halbe Stunde, bis wir zur Eröffnung fahren, und die brauche ich dringend, um überflüssige Haare von meinem Körper zu entfernen, da ich vor lauter Chaos nicht dazu gekommen bin, mir die Beine zu rasieren. Ich habe aus Deutschland diesen Apparat mitgebracht, der die Haare direkt an den Wurzeln ausreist, damit man sich wochenlang nicht mehr rasieren muss. So oft, wie ich das verschussele, ist die Maschine die ideale Erfindung für mich. Doch es ist allerhöchste Zeit, sie zum Einsatz zu bringen. Wenn ich gerade noch gedacht habe, dass der Sisalteppich, auf dem ich sitze, entsetzlich stachlig ist, ist das jedoch nichts im Vergleich zu dem Gefühl von Stecknadeln, die sich in mein Fleisch bohren, das dieses unschuldig aussehende Gerät verursacht. Nach ein paar Minuten muss ich Pause machen und lege mich auf den Rücken. Warme, weiße Helligkeit fällt durch die großen Fenster in mein Gesicht und ich schließe für einen Moment die Augen. Ich könnte einfach hier liegen bleiben.
    „Judith, was machst du denn da?“
    Ich habe gar nicht gehört, dass jemand hereingekommen ist und erschrocken blinzele ich gegen das Licht.
    „Benjamin!“ Ich stehe auf und falle ihm in die Arme. Irgendwie bin ich unglaublich froh, ihn zu sehen. Ich habe ihn kaum gesehen, in den letzten Tagen.
    „Uuuh, nicht so stürmisch, Roomie, sonst werde ich noch ganz verlegen“, sagt er. „Was machst du denn Schönes?“, fragt er ironisch und betrachtet ungeniert mein Rasiergerät.
    „Ich sorge dafür, dass die Gäste nicht in ihrem Vorurteil von einem ungewaschenen und unrasierten Europa bestätigt werden“, erwidere ich. Ich freue mich, ihn zu sehen, auch wenn ich beim Beine rasieren gut auf männliches Publikum verzichten kann.
    Ben nimmt das rosafarbene Höllengerät und schaltet es einige Male ein und aus. Dann nähert er die rotierenden Drähte mit dem konzentrierten Gesichtsausdruck eines Wissenschaftlers seinem Arm. Bevor ich ihn davon abhalten kann, hält er die kleinen Drahtspiralen an die dunklen Haare auf seinem Unterarm.
    „AHHHH“, schreit er und reißt mit einer heftigen Armbewegung Elektrokabel mit Akku und Adapter aus der Wand. „Meine Güte, ihr Frauen seid Masochisten. Wo hast du denn dieses Foltergerät her?“
    „Von zu Hause, aus Deutschland.“
    Benjamin inspiziert das Gerät genau. „Made in Israel. Na, das erklärt alles. Damit zahlen die Juden es den Deutschen zurück“, grinst er.
    „Ich werde mich nie daran gewöhnen, wie ihr Amerikaner Witze über den Holocaust macht.“
    „Die Amerikaner sind einfach pragmatischer“, erwidert Ben. „Wären die Amerikaner die Schuldigen des Holocausts gewesen, gäbe es sicher ein Handbuch: 10 Schritte zu einem reinen Gewissen. Über den alltäglichen Umgang mit dem Holocaust oder Wie man als ehemaliger Nazi jüdische Freunde gewinnt, reich und erfolgreich wird .“ Er lacht über seinen eigenen Witz.
    „Oh Mann … Ben, ich wusste gar nicht, dass du auch kommst.“
    „David und ich sind doch alte Kumpels. Meine Eltern sind mit Dave befreundet. Deshalb hat er mir doch überhaupt sein Apartment vermietet.“
    „Ich bin super froh, dass du da bist.“
    „Das habe ich bemerkt. Du bist ja in einer schwer sentimentalen Phase. Wusste gar nicht, dass du mich so vermisst hast. Vielleicht kann ich das bei Gelegenheit ausnutzen.“ Er lächelt selbstgefällig. Ich zwicke in seinen im Fitness-Studio aufgepumpten Bizeps.
    „War ein bisschen kompliziert mit Rachel in letzter Zeit“, erkläre ich vage. Und mit Adam. Und mit Peter. Und mit

Weitere Kostenlose Bücher