Ich und er und null Verkehr
aus dem seitlichen Fach, dann gehe ich in das
Hauptmenü.
So, was könnte mich da interessieren?
Finanzen zum Beispiel. Mal sehen, wie es um den Angeber steht,
kohlemäÃig. Philipp hat alles schön geordnet, wie ich sehe, Einnahmen und
Ausgaben, wie es sich für einen richtigen Streber gehört. Ah, da ist was
Interessantes: Monatseinkommen. Als ich es abrufe, fallen mir fast die Augen
aus dem Kopf. Der verdient ja fast doppelt so viel wie ich! Das darf doch wohl
nicht wahr sein. Jetzt bin ich erst recht froh, dass ich gekündigt habe. Dem
schieben sie das Geld in den Hintern, und mir zahlen sie ein beschissenes
Mittagessen, wenn ich einen Riesenfall gewinne, diese verdammten Geizkragen!
Wütend tippe ich auf dem Touchscreen weiter.
Was haben wir denn da? Kontakte. Das könnte interessant sein. Wer
weiÃ, vielleicht hat ja auch Mr. Perfect ein schmutziges kleines Geheimnis. Ich
suche neugierig weiter und komme zu den Anruflisten. Ein ganzer Haufen Namen
und Telefonnummern erscheint. Mann, der telefoniert aber viel. Allein die Liste
vom heutigen Tag erstreckt sich über drei Seiten. Ich will schon weiterdrücken,
als mein Blick an einem Namen hängen bleibt: Rebecca Theesink.
Rebecca? Moment mal.
Philipp hat doch immer so getan, als kenne er sie gar nicht! Um acht
Uhr dreiÃig hat er mit ihr telefoniert. Heute, vor unserer Verhandlung. Was
hatte er denn da mit Rebecca zu besprechen?
Was hat Philipp Streiff überhaupt irgendwann mit Rebecca Theesink zu
besprechen?
Ich fühle, wie die Hitze in mir hochsteigt. Hastig tippe ich auf
ihren Namen, und auf dem Bildschirm erscheint eine chronologische Anrufliste.
Als ich zurückblättere, sehe ich, dass Philipp und Rebecca schon seit Monaten
in Kontakt gestanden haben, genauer gesagt seit dem sechsten März um fünfzehn
Uhr elf.
Warum um alles in der Welt hat er da eine gegnerische Anwältin
angerufen, die er angeblich gar nicht kannte? Und der sechste März, wieso sagt
mir dieses Datum etwas?
Ich rase hinaus zum Empfang und zerre meinen Stehkalender aus dem
Karton. Hastig blättere ich darin herum, bis ich zur richtigen Seite komme. Als
ich lese, was an besagtem Tag stattgefunden hat, ist es wie eine schallende
Ohrfeige.
Vorbesprechung Scheidungsverfahren Lorenz steht da. Elf Uhr.
Aber klar doch, der sechste März war ein Montag. Am Freitag davor
war Ivana Lorenz aufgrund der Empfehlung einer Freundin zu mir gekommen mit dem
Wunsch, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen. Und am Montag diskutierten wir
den Fall in der Kanzlei. Wurzer war dabei und Gottfried und auch Philipp. Ich
kann mich noch gut daran erinnern, weil Philipp die Befürchtung äuÃerte, dieser
Fall könnte zu groà für mich sein und dass es vielleicht besser wäre, wenn er
mir dabei zur Seite stünde. Und wie eingeschnappt er reagierte, als ich
erklärte, dass ich mich lieber auf Gottfried verlassen würde. Und ich weià auch
noch, dass zur Sprache kam, dass Rebecca Theesink Hermann Lorenzâ
Rechtsanwältin sei. Und dass wir uns bei dieser Besprechung auf den Plan
einigten, Hermann Lorenz von einem Detektiv beschatten zu lassen, um später im
Verfahren seine Untreue beweisen zu können â¦
Diese Ratte!
Philipp hat mich verraten, er hat meine Pläne eiskalt den Gegnern
auf dem Tablett serviert. Um mich ins offene Messer laufen zu lassen, um meinen
wichtigsten Fall zu zerstören. Um meine Karriere bei Fichtel & Wurzer zu
beenden.
Und ich dachte die ganze Zeit, Sandra sei schuld daran gewesen, ich
habe ihr die schlimmsten Vorwürfe gemacht, habe ihr mein Vertrauen entzogen.
Auf einmal sehe ich sie vor mir, wie sie weint â¦
Dabei konnte sie doch gar nichts dafür!
Plötzlich spüre ich, wie sich mein Herz zusammenkrampft. Es ist, als
würde eine riesengroÃe Faust es ergreifen und unbarmherzig zudrücken. Meine
ganze linke Seite wird schlagartig taub, und mir bleibt die Luft weg. Hennings
Worte fallen mir wieder ein: »Es könnte das Herz sein ⦠vielleicht ein bisschen
zu viel zugemutet in letzter Zeit â¦Â«
In meiner linken Brusthälfte beginnt ein dumpfer Schmerz zu wüten,
und ich fühle, wie ich ganz schwach werde. Ich sinke zu Boden, und mit letzter
Kraft gelingt es mir, das Handy aus der Tasche zu ziehen und die Nummer des Notrufs
zu wählen. Eine fröhliche weibliche Stimme meldet sich, und ich kann gerade
noch »Herzinfarkt« und die
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