Ich und er und null Verkehr
mir zwar irgendwie bekannt vor, aber beruflich hatte
ich nie mit ihm zu tun«, erkläre ich beinahe wahrheitsgemäÃ.
»Umso erstaunlicher, dass Sie ihn auf Ihre Seite gebracht haben«,
nickt Wurzer anerkennend. »Das war eine erstklassige Leistung.«
»Es ist aber nicht nur mein Verdienst«, stelle ich klar. »Gottfried
hat auch groÃen Anteil daran, er war mir eine wertvolle Hilfe bei der
Prozessvorbereitung.«
Gottfried wirft mir einen dankbaren Blick zu und wird dabei rot wie
eine Tomate.
»Ja, sicher«, fegt Wurzer meinen Hinweis wie ein lästiges Insekt vom
Tisch. »Jedenfalls haben Sie das groÃartig gemacht, Becker. Und solche
Leistungen honorieren wir auch entsprechend.«
»Tatsächlich?« Ich ziehe eine Augenbraue hoch und lege meine Gabel
beiseite. »Wie denn? Mit einer Gehaltserhöhung?«
Wurzer tauscht einen überraschten Blick mit Fichtel aus, der
ebenfalls zusammengezuckt ist. »Eine Gehaltserhöhung? Nun, äh ⦠nein, ich
meinte damit ⦠das Essen.« Er macht eine groÃzügige Geste über den Tisch.
»AuÃerdem sollten Sie bedenken«, kommt ihm Fichtel schnell zu Hilfe,
»dass Sie sich ohnehin schon in Gehaltsregionen bewegen, die absolute
Höchstleistungen verlangen.«
»So?« Ich nagle ihn mit meinem Blick fest. »Trifft das auch auf
Gottfried zu?«
Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Gottfried unruhig auf seinem
Stuhl hin- und herzuwetzen beginnt.
»Bernau? Also â¦Â« Fichtel
duckt sich unter meinem Blick und grinst dann wie eine hinterlistige Ratte. »Er
hat sich jedenfalls noch nie beschwert.«
Natürlich nicht. Weil Gottfried sich nie über irgendetwas beschwert. Ein Umstand, den Typen wie Fichtel und Wurzer
natürlich schamlos ausnutzen. Von einem Moment auf den anderen habe ich die
Schnauze gestrichen voll von den beiden. Wenn sie wenigstens bei Gottfrieds Gehalt
eingelenkt hätten, dann hätte ich noch über ihre selbstgefällige Arroganz und
ihre Gier hinwegsehen können. So aber reicht es mir.
»Ich kündige«, sage ich.
Wurzer und Fichtel reiÃen die Augen auf, und ich höre, wie Gottfried
die Gabel aus der Hand fällt.
»Wie bitte?«, stoÃen Wurzer und Fichtel gleichzeitig hervor.
»Ich kündige«, wiederhole ich laut und deutlich. »Und Gottfried
auch!«
»Wie ⦠äh ⦠bitte?« Gottfried gleitet das Weinglas, das er eben
erheben wollte, aus den Fingern. Es kippt um, und der Rotwein ergieÃt sich über
den Tisch und über Fichtel und Wurzers Hosen. Die beiden springen fluchend auf.
Ich wende mich Gottfried zu.
»Gottfried, vertraust du mir?«
»Ich ⦠äh â¦Â« Sein Blick huscht zwischen Fichtel, Wurzer und mir hin
und her. Dann bekommt er auf einmal einen entschlossenen Gesichtsausdruck. »Ja ⦠äh ⦠Martin, das tue ich. Verdammt noch mal ⦠ja, ich kündige auch!«
Donnerwetter. So viel Mut hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Ich bin
richtig stolz auf ihn.
Ich erhebe mich, und Gottfried tut es mir gleich.
»Dann ist ja alles klar. Meine Herren«, sage ich zu Fichtel und
Wurzer, die immer noch mit den Servietten an ihren Hosen herumfummeln.
»Betrachten Sie hiermit unsere Zusammenarbeit als beendet. Gottfried und ich
räumen noch heute unsere Büros.«
»Das können Sie nicht machen, Becker!«, poltert Wurzer los, der sich
jetzt von seinem ersten Schock erholt hat. »Da gibt es Fristen, die Sie
einhalten müssen!«
»Genau«, pflichtet Fichtel ihm bei. »Und falls Sie daran denken,
eine eigene Kanzlei zu eröffnen, dann â¦Â«
»Was dann?«, schneide ich ihm das Wort ab. »Wollen Sie uns dann
verklagen?«
Die beiden ziehen unbehaglich die Köpfe ein. »Nun, unter Umständen«,
sagt Fichtel unsicher.
»Okay, nur zu!«, sage ich herausfordernd. »Aber seien Sie sich im
Klaren darüber, mit wem Sie sich anlegen.« Ich ziehe Gottfried an der Schulter
zu mir heran. »Die Kanzlei Becker & Bernau â¦Â«
Mein Blick fällt auf Gottfried. Er steht an meiner Seite und funkelt die beiden
kampfeslustig an. »â¦Â Bernau & Becker besteht aus einem der brillantesten Juristen des Landes und â¦Â« Ich denke
schnell nach. Welche Bezeichnung könnte ich mir selbst verpassen, damit sie
auch entsprechend beeindruckt sind? Ah, ich habâs.
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