Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono

Titel: Ich vergebe dir - Bucciarelli, E: Ich vergebe dir - Io ti perdono Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
Vom Netzwerk:
betraf. Darüber war sich Maria Dolores im Klaren. Sie hatte die Briefe der Mutter, die Don Paolo ihr bei ihrem ersten Treffen gegeben hatte, in einem Umschlag verstaut. Sie waren für den Vater bestimmt. Briefe, die aus Wörtern der Liebe, der Angst und der Verzweiflung bestanden. Geschrieben von einer Frau, die präsent war, gelitten und gehofft hatte. Und schließlich an ihrem Schmerz zerbrochen war. Besser als nichts. Ganz anders als verstoßen, gewollt allein zurückgelassen worden zu sein. Für immer. Besser, als der Umarmung entrissen worden zu sein, der nährenden Brust, des Geruchs und der Wärme des Bauches, der ihm das Leben geschenkt hatte. Besser eine Mutter, die früh starb, als gar keine. Besser als die absolute Leere und die Ablehnung. Als die Aussichtlosigkeit einer Beziehung, selbst wenn nur in den ersten Jahren.
    Von ihrer eigenen Mutter war Maria Dolores nicht mehr als ihr Taufname geblieben: Maria. Er stand wie das Echo einer unbekannten Existenz. Gerade mal drei Tage alt, wurde sie unter den Krankenschwestern herumgereicht. Ihre kleine Wiege barst über vor Spielsachen. Maria. Nie war ein Name passender. Mit sieben Tagen wurde sie aus der Klinik entlassen und lebte fortan in einem schönen Haus in Mailand, gemeinsam mit einem Mann und einer Frau, die beide rechtschaffene Leute waren. Sie war Italienischlehrerin, die sich für Mythologie und Handarbeiten begeisterte. Er ein Angestellter, mit einer langen, vielversprechenden Karriere vor sich.
    Achtzehn Jahre lang hatte Maria Dolores geglaubt, die beiden seien ihre leiblichen Eltern. Denn so hatten sie sich bis heute immer verhalten und würden es auch in Zukunft so tun. Sie waren immer ihrer Rolle gewachsen gewesen. Bis auf ein winziges Detail, ein einziges Versäumnis.
    Einen Moment lang hatte Maria Dolores sie aus tiefstem Herzen gehasst. Erst ihre Eltern, schließlich ihre leibliche Mutter.
    Später dann hatten die Fragen begonnen. Warum die Entscheidung, ihr zum achtzehnten Geburtstag dieses Geheimnis zu schenken? Ihr war es vorgekommen wie eine Inszenierung auf ihre Kosten. Warum hatten sie so lange damit gewartet? Die Antwort darauf hatte sie sich selbst gegeben: Damit sich ein heranwachsendes Mädchen nicht mit dunklen Gedanken beschäftigen musste. Um sich nicht mit dem Schmerz auseinandersetzen zu müssen, den das Bewusstsein um die eigene Ablehnung in jedem menschlichen Wesen hinterließ. Aus egoistischen Motiven eines Paares, das keine dritte Person im Leben ihres Kindes duldete. Oder einfach, um sie zu schützen? Wie ihr Vater ein ums andere Mal versichert hatte. Damit sie so wohlbehütet wie möglich aufwachsen konnte, nach Aussage ihrer Mutter, während sie sich eine Zigarette nach der anderen ansteckte.
    Damals hatte Maria Dolores mit dem Rauchen begonnen.
    Und warum eigentlich hatte man es ihr überhaupt gesagt? Weil sie beide wussten, was sich gehörte. Im Gegensatz zu der anderen Mutter, den anderen beiden Elternteilen. Schon wieder aus Eigennutz. Um ihren inneren Mangel, die Unfähigkeit, Leben zu zeugen, aufzuwiegen. All dies hatte Maria Dolores ihren Eltern gesagt. Auf unterschiedlichste Weise: unbeholfen, kühl, aggressiv. Sie war für einige Tage ausgezogen. Bei einer Freundin untergekommen, die nach einer Erklärung suchte und Maria Dolores dazu drängte, diese unbekannte Frau zu suchen und zu treffen, um die versteckte und verschwiegene Wahrheit zu enthüllen, die sie zu dieser Entscheidung gezwungen hatte.
    Seit damals war in ihr der Entschluss gereift, Psychologie zu studieren. Um sich in erster Linie selbst zu heilen. Um die Dinge besser zu verstehen, ihre Wunde aufzuspüren und sie zu verschließen. Um in Büchern nach Antworten zu suchen. Andere. Unterschiedliche. Endgültige.
    Niemand wusste davon, dass Maria Dolores adoptiert war. Und wenn sie diese Tatsache ganz nebenbei wie im Scherz erwähnte, nahm niemand sie ernst. Jetzt, wo sie bei der Polizei war, konnte sie doch eigentlich der Sache nachgehen. Sie musste es nur wollen. Doch sie war sich noch nicht im Klaren darüber, ob sie ihrer eigenen Vergangenheit tatsächlich auf die Spur kommen wollte. Im Augenblick zumindest. Zu sehr fürchtete sie sich davor, mit ihren dunklen Seiten konfrontiert zu werden. Ihre eigenen Schwächen im Leben einer Unbekannten wiederzufinden, in der doch ihr eigenes Blut floss. Oder in einem Mann, der ihr zutiefst fremd war, doch dieselben Urtriebe mit ihr teilte.
    Die Zeit war noch nicht reif, doch sie würde ganz bestimmt noch

Weitere Kostenlose Bücher