Ich waer so gern ganz anders, aber ich komme einfach nicht dazu
ist.
Oder bei mir: »Ich darf nicht so spontan sein. Ich bin viel zu sprunghaft. Menschen halten das nicht aus. Ich muss zurückhaltender, stiller sein, sonst falle ich zu sehr auf. Andere sind doch auch nicht so lebhaft, wie ich das bin!«
Unzufriedenheit entsteht in dem Moment, in dem wir uns unreflektiert in Relation zu einem Gegenüber stellen. Das ist der Moment und das ist der Ursprung, auf den sich später viel zurückführen lässt. Und diesem Ursprung, diesem Moment können wir jeden Tag begegnen. Sie können schon an der Tankstelle Unzufriedenheit darüber verspüren, dass jemand schneller tankt als Sie. Sie können unzufrieden werden, wenn Sie beim Arzt im Wartezimmer sitzen und sehen, dass jemand anderes sich sehr geschmeidig und sehr freundlich mit einer Tafel Schokolade vordrängelt und deswegen vor Ihnen drangenommen wird. Sie denken, das gibt es nicht? Fragen Sie meine Mutter. Ihre Währung ist Schweizer Schokolade. Unglaublich, aber es funktioniert. Sie könnten also in diesem Moment im Wartezimmer sitzen und denken, was bin ich für eine blöde Kuh, dass ich nicht auch auf die Idee gekommen bin, mir ein bisschen Zeit zu sparen, indem ich sehr freundlich mit den Arzthelferinnen umgehe. Und so gibt es über den Tag gesehen viele Möglichkeiten, die Sie unzufrieden werden lassen können, sodass Sie sich am Abend sehr ungnädig im Spiegel angucken, weil Sie wieder einmal festgestellt haben, dass andere besser sind als Sie. Oft genug beruht dieses Gefühl nicht auf einem speziellen Verhalten, sondern setzt sich aus vielen »Andere-sind-besser-als-ich«-Momentaufnahmen zusammen. Beispiele, die uns unzufrieden machen und Gedanken, die verzweigt wie ein Mindmap und in der Regel unreflektiert sind.
Ich darf nicht …, ich bin viel zu …, ich muss …
Das klingt nicht gerade nach einem begeisterten Wunsch, nach einem feurigen Aufbruch in eine strahlende Zukunft, oder? Menschen, die ihren Veränderungswunsch in eine »Wenn-dann«-Beziehung setzen, sind oft selbst nicht von ihrem Vorhaben überzeugt. Dafür spricht schon das Wörtchen »müssen«, das sich in Änderungsvorhaben immer wiederfindet.
Die Änderung ist kein Wunsch mehr, sondern »heilige« Pflicht – und die Veränderung wird damit zum Problem. Das Anderssein wird zu einer Bedingung, von der man meint, dass man sie erfüllen muss, um bei sich oder anderen Menschen »anzukommen«. Zwischen dem Jetztzustand und dem »Ankommen« liegt eine Distanz. Das Boot, das diese Distanz überwinden soll, also von einem Pol zum anderen fährt, nennt man Veränderung. Ob die Veränderung sinnvoll ist und tatsächlich zu Anerkennung und/oder Liebe führt, wird oft genug nicht überprüft und nicht überdacht.
Wenn Sie anders sein möchten, um anderen Menschen zu gefallen, dann tun Sie gut daran zu überprüfen, ob diese Vorstellung auch stimmt!
»Als ich 17 war, war ich total in eine Klassenkameradin verknallt. Weil sie von Typen aus bestimmten Musikbands schwärmte, ließ ich mir die Haare lang wachsen«, erzählte mir ein Klient. »Meine Eltern machten Ärger, die Kumpels im Verein rissen blöde Witze. Ich hielt durch. Als die Haare endlich lang waren, entschied sie sich für einen Typen, der eine Glatze trug.«
So kann’s gehen. Also bleiben Sie vielleicht besser bei der Frisur, die Sie gerade tragen, es könnte sich für Sie lohnen, auch wenn Sie das jetzt noch nicht erkennen können.
Oft genug werden wir aber auch mit Erwartungen konfrontiert, die weder ausgesprochen noch diskutiert wurden. Als ich mich kürzlich im Sportstudio auf dem Stepper abplagte, meldete dieser nach etwa 20 Minuten: »Sie haben 20 Prozent des Trainingsziels erreicht.« Wenn man mal davon absieht, dass 15 Minuten für mich schon mehr als genug sind, frage ich mich doch, wer das ist, der davon ausgeht und mir suggeriert, dass eine Trainingseinheit nur dann eine richtige Trainingseinheit ist, wenn ich meinen Körper 60 Minuten lang stähle.
Ich frage Sie nun erneut: »Warum genau möchten Sie also anders werden und für wen genau?« Alles ist erlaubt, wenn Sie sich nicht unter Druck setzen lassen, sich nicht in Abhängigkeiten begeben und keiner falschen Liebe, unpassenden Vergleichen oder unseriösen Versprechungen nachlaufen.
Aber auch wenn Sie das jetzt erkennen, mag es sein, dass Ihr Veränderungswunsch dennoch einen Sinn ergibt. Es ist nicht schlimm FÜR einen anderen Menschen etwas zu tun, solange Sie die Veränderung auch für sich machen und Ihr Selbstwert nicht von
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