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Ich war Jack Falcone

Ich war Jack Falcone

Titel: Ich war Jack Falcone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquinn Garcia
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half, diesen Ruf im Viertel aufzubauen, und ich riskierte mein Leben, weil ich in den Badlands arbeitete, oft sieben Tage in der Woche, und versuchte, Ganoven hinter Gitter zu bringen.
    Um mein Image als Manolo und Oberganove zu pflegen, begann Tony, mich im Viertel herumzuführen. Anfangs bestanden unsere Vorstöße in die Unterwelt der Badlands darin, dass wir ein Restaurant mit Nachtclub namens El Kibuk im Herzen des Viertels mehrmals täglich besuchten, bis zu viermal am Tag. Die Eigentümer des Clubs waren kubanische Drogenhändler, und der Club war das Stammlokal, der Treffpunkt und der Marktplatz für die Dealer und anderen Kriminellen im Norden von Philadelphia.
    Um mein Image aufzupolieren, fuhr ich einen neuen, nach Kundenwünschen gefertigten AMG-Mercedes SL 500, den das FBI bei einem Drogenhändler in Miami beschlagnahmt hatte. Ich stellte immer riesige Geldbündel zur Schau, die ich vom FBI bekam. Rasch lernte ich von Tony, wie man sich auf den Straßen und in den Clubs benahm. Tony sagte oft: »Wer mächtig aussieht, ist mächtig.« Ganoven fragten nie nach einer Rechnung, wenn sie in ein Restaurant oder in eine Bar gingen. Sie bestellten einen Kaffee oder einen Drink, zahlten aber nie sofort. Das wäre ein Verstoß gegen die Ganoven-Etikette gewesen. Tony brachte mir bei, stattdessen 50 oder 100 Dollar Trinkgeld zu geben. Ein Ganove würde nie in eine Bar gehen und fragen: »Was für Biermarken habt ihr?«, oder: »Habt ihr Bier vom Fass?« Solche Fragen stellen Versager.
    Ein echter Ganove weiß genau, welche Biermarke er trinkt. Gib mir einen llave (spanisch für Schlüssel). Das war für den Barkeeper das Zeichen, dass der Gast ein Beck’s wollte; denn auf dem oberen Etikett der Flasche ist ein Schlüssel zu sehen. Und wenn ich als Kubaner Rum mit Cola wollte – meine Spezialität als Manolo –, bestellte ich nicht ein Cuba libre, was »freies Kuba« bedeutet und die übliche Bezeichnung ist, sondern eine mentira (spanisch für Lüge), weil alle wussten, dass es unter Castro niemals ein Cuba libre geben würde. Natürlich warf ich den Strohhalm sofort weg. Kein harter Kerl mit Selbstachtung saugt an einem Strohhalm!
    Ein massiger Mann wie ich ist kaum zu übersehen, erst recht nicht, wenn er einen dicken Mercedes fährt, viermal am Tag im El Kibuk auftaucht und mit Tony abhängt, einer bekannten Größe in den Badlands. Schon nach wenigen Wochen fingen die Leute an, Tony nach meinem Leumund zu fragen. War ich ein Ganove? Konnte man mir vertrauen? Was machte ich? Was suchte ich? Um die Ganoven davon zu überzeugen, dass ich wirklich gefährlich war und zu ihnen gehörte, hatte ich mir ein Foto besorgt, auf dem ich als Drogenhändler und Mörder zu sehen war, den das FBI suchte.
    Tony zeigte das Foto auf den Straßen herum und behauptete, er habe es von korrupten Cops bekommen. Bald wurde ich von Kriminellen angesprochen, die mit mir Geschäfte machen wollten. Andere FBI-Agenten zeigten ihren Informanten das gleiche Foto und fragten: »Habt ihr diesen Kerl gesehen?« Das machte mich noch glaubwürdiger, weil die Ganoven nun zusätzliche »Beweise« dafür hatten, dass ich einer von ihnen war.
    Hatte ich Angst? Selbstverständlich. Einige der Drogenbosse, die Dutzende oder Hunderte von Kilos Kokain oder Heroin auf einmal kaufen und verkaufen, sind Geschäftsleute, die genauso aussehen und sich genauso benehmen wie Pendler, die morgens mit dem Zug zur Arbeit fahren. Die meisten denken nicht im Traum daran, selbst Drogen zu konsumieren. ­Ihnen geht es nur ums Geschäft. Obwohl ich in ihrer Gegenwart nie völlig sicher war, fühlte ich mich auch nie besonders gefährdet.
    Die Drogenhändler auf der Straße waren von einem ganz anderen Schlag. Alle nahmen selbst Drogen. Sie waren bewaffnet und immer misstrauisch bis zum Verfolgungswahn, was sicherlich auch an ihrem Drogenkonsum lag. Sie waren eine ständige tödliche Gefahr und hätten mich umgebracht, ohne mit der Wimper zu zucken. Einmal ermordete ein Dealer einen Typen, der ihm Geld für ein paar Kilo schuldete. Er steckte ihn in ein Fass voller Lauge, nagelte das Fass zu und warf es in den Fluss.
    Ich traf alle denkbaren Vorsichtsmaßnahmen. Wenn ich mit einem Dealer telefonierte, den ich noch nie getroffen hatte, sagte ich: »Man nennt mich Flaco (spanisch für »mager«). Ich bin eins 57 groß und wiege 68 Kilo. Ich trage Jeans und ein T-Shirt.«
    Auf diese Weise war ich im Vorteil. Der Typ wusste nicht, wer ich war, und ich war ganz bestimmt

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