Ich war Jack Falcone
einschüchtern und zeigte mich nie beeindruckt. Schließlich stand ein reicher Onkel hinter mir – Uncle Sam.
»Sie sind Kubaner, nicht wahr?«, fragte Manzo.
Latinos fragen mich immer, ob ich Kubaner bin, und ich sage immer Ja. Mein Akzent verrät mich ohnehin. Das ist vollkommen in Ordnung – hätte ich mexikanisch geklungen, hätten sie sofort nachgehakt und mich gefragt, aus welchem Teil Mexikos ich komme, wen ich dort kenne und so weiter. Darum ist es sogar ein Segen, dass ich aus Kuba stamme. Als Nächstes bemühte ich mich, Vertrauen aufzubauen und mich auf unseren gemeinsamen Freund als Bürgen zu berufen.
Die Bedeutung der Person, die für einen Geldwäscher bürgt, kann gar nicht überschätzt werden. Man stelle sich vor: Ein Drogenhändler, der kaum einem Menschen traut, gibt einem Mann, der ihm im Grunde völlig fremd ist, eine halbe bis zwei Millionen Dollar bar in die Hand. Er erwartet, dass dieser Fremde das Geld fünf oder sechs Werktage lang aufbewahrt und dann überweist. Das erfordert eine Menge Vertrauen. Was ist, wenn ich mich aus dem Staub mache und er mich nie wiedersieht? Sie würden nicht nur mich suchen, sondern auch den Vermittler. Darum muss der Ver mittler, der für jemanden bürgt, von dessen Vertrauenswürdigkeit völlig überzeugt sein. Sein Einsatz ist sein Leben.
»Wir haben ja einen gemeinsamen Freund«, sagte ich, um zur Sache zu kommen. »Er sagt, Sie haben mehr Geld, als Sie bewältigen können.«
Ich merkte, dass ich Manzo gefiel und dass er mit mir ins Geschäft kommen wollte.
»Ich habe einen Insider an der Hand, der Ihr Geld waschen kann«, sagte ich leise. »Ich muss nur wissen, um welchen Betrag es sich handelt.«
Ich fange mit diesen Typen gerne klein an, nur um ihnen zu beweisen, dass ich meine Versprechen halten kann. Außerdem möchte das FBI nicht mehr Geld waschen als nötig! Wir müssen Verbrechern in gewissem Umfang helfen, um sie aus dem Verkehr zu ziehen; aber Geldwäsche gehört eigentlich nicht zu unseren Aufgaben. Darum steigen wir nie zu groß ein.
Ein andermal, als ich wieder die Rolle des Geldwäschers spielte, traf ich in der Queens Mall einen Typen, der mir eine Million Dollar gab – dachte er jedenfalls. Ich nahm das Geld mit ins Büro, und wir zählten es. Es waren drei Millionen! Wir wussten, dass der Ganove wahrscheinlich einen Herzanfall bekommen würde, sobald er merkte, was er getan hatte. Natürlich rief er mich 15 Minuten später an und bat mich inständig, ihm das Geld zurückzugeben. »Kommt nicht in die Tüte«, sagte ich ihm. Ich verriet ihm nicht, dass wir vom FBI waren und dass wir auf keinen Fall zwei Millionen Dollar zurück in den Drogenkreislauf pumpen würden. Ich erklärte ihm, das Geld befinde sich bereits »im System«. Er brauche sich keine Sorgen zu machen, denn der Betrag werde überwiesen. »Gib mir eine Telefonnummer, und ich ruf dich an, sobald alles erledigt ist.«
Der Typ gab mir die Nummer, und jetzt waren wir in der Lage, diesen Anschluss abzuhören. Wir überwachten alle seine Bewegungen, jeden, mit dem er Kontakt hatte, und die Orte seiner Drogengeschäfte. So konnten wir ihn und seine Organisation unschädlich machen. Am Ende der Operation hatten wir mehr als drei Millionen Dollar Drogengelder beschlagnahmt. Da wir an diesem Fall mit der New Yorker Polizei zusammenarbeiteten, bekamen sie zehn oder 20 Prozent des Geldes – so funktioniert das.
Übrigens werden bei den Gesprächen mit diesen Leuten nie Dollarbeträge am Telefon genannt. Aus Hunderttausenden von Dollar werden vielmehr »Einladungen« oder »Karten«. Zum Beispiel: »Ich habe ein paar Einladungen für die Party.«
»Echt? Wie viele Leute kommen denn?«
»300.«
Das bedeutet, der Typ will 30 0 000 Dollar waschen lassen. Vielleicht sagt er auch: »Ich habe 300 Eintrittskarten für das Spiel.«
Nachdem Manzo und ich beschlossen hatten, Geschäftspartner zu werden, mussten wir über die Provision verhandeln, die ich für meine Dienste berechnete. Zunächst verlange ich immer einen hohen Anteil, etwa acht Prozent. Dann lasse ich mich meist auf fünf oder sechs Prozent herunterhandeln. Das ist in etwa die übliche Gebühr für das Waschen von Drogengeldern. Jetzt wollte Manzo nur noch eines wissen: Hatte ich ein paar Referenzen parat – ehemalige Kunden, mit denen ich Geschäfte gemacht hatte –, damit er meine Zuverlässigkeit genauer überprüfen konnte?
Ich sah ihn an, als wäre er ein Idiot. »Referenzen?«, knurrte ich.
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