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Ich war Jack Falcone

Ich war Jack Falcone

Titel: Ich war Jack Falcone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquinn Garcia
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einen Anteil, vom Pflanzer über den Hersteller, Mauleseltreiber, Lagerbesitzer, Transporteur und Verteiler bis zum Dealer an der Straßenecke. Obwohl so viele Mäuler zu füttern sind, bleibt genug Geld übrig, das aus den USA abgezogen werden muss. Hier kommt der Geldwäscher ins Spiel. Er nimmt das Bargeld entgegen und überweist es auf ganz legalem Weg von einer amerikanischen an eine ausländische Bank.
    Diese Situation empört mich, weil die Banken eine Ahnung davon haben müssen, woher die Dollarmilliarden stammen, die sie für die Drogenhändler in deren Heimat transferieren. Aber sie schließen die Augen, weil sie daran verdienen. Es ist schwer, einen Krieg gegen Drogen zu führen, wenn fast alle sich kaufen lassen, entweder insgeheim oder, wie bei den Banken, auf ganz legale Weise.
    Von 1999 bis 2004 arbeitete ich in New York für Special Agent Reynaldo »Rey« Tariche und Detective Frank Berberich von der New Yorker Polizei an mehreren Fällen, die Telewash I, Telewash II und Telewash III hießen. Sie waren Teil eines Großeinsatzes des FBI, der Antidrogenbehörde (DEA) und der New Yorker Polizei, der Operation Gegenseitigkeit hieß. Wir hatten erfahren, dass ein gewisser Amado Carrillo Fuentes eines der größten Drogenkartelle in Mexiko leitete. Er hatte einen Vertrauten nach New York geschickt, um sein Kokain in den Vereinigten Staaten zu vertreiben. Dieser Typ namens Martin Manzo war in den USA bald einer der größten Kokainhändler aller Zeiten. Darum wurde auch er zum Ziel der Ermittlungen, die sich über die ganze Ostküste erstreckten. Es gab sogar Verfolgungsjagden mit Schnellbooten in der Karibik.
    Ein geheimer FBI-Informant machte Manzo weis, er kenne einen hoch angesehenen und vertrauenswürdigen Geldwäscher – mich –, der jede Menge Bargeld innerhalb von nur fünf oder sechs Werktagen umtauschen und legal überweisen könne. Ob Manzo mich treffen wolle?
    Ja, er wollte. Also wurde ein Meeting in Washington Heights vereinbart, einer drogenverseuchten Gegend am Nordzipfel von Manhattan ­Island. Ich fuhr in einem teuren Mercedes neuester Bauart zu einem Restaurant. Soweit Manzo sehen konnte, war ich allein. Er konnte nicht wissen, dass der Mann, der ein paar Tische entfernt saß und still sein Mittagessen verspeiste, ein FBI-Agent war; dass der Betrunkene, der auf dem Gehweg in einem Papiersack steckte und hektisch mit den Armen fuchtelte, ein anderer FBI-Agent war und kein Bier, sondern Limonade trank und dass weitere FBI-Agenten und New Yorker Polizisten eine oder zwei Straßen vom Restaurant entfernt unser Gespräch über einen Sender an meinem Körper mithörten. Soweit Manzo wusste, war ich sauber – ein reicher, erfolgreicher Geldwäscher. Man stelle sich vor: Ich kreuze in einer gefährlichen Gegend in einem teuren Auto auf, parke genau vor dem Restaurant, steige in schicker Kleidung aus und trage eine Rolex aus purem Gold, Goldschmuck, Santería-Perlen und so weiter. Ich strahle Selbst­sicherheit und Unbekümmertheit aus. Was wird Manzo oder ein anderer Dealer denken? Mein Mantra als verdeckter Ermittler lautete immer: »Denke groß, und du bist groß! Denke klein, und du bist klein!«
    Die meisten Dealer glauben, dass jeder, dem sie begegnen, ein harter Kerl ist. Darum bestand meine Taktik darin, sie durch Leutseligkeit und Kontaktfreude zu entwaffnen. Ich betrat das Lokal mit federnden Schritten, als gehöre es mir. Dann machte ich eine Bemerkung über das Wetter: »Mann, diese Hitze bringt mich um! Wie fühlen Sie sich heute? Übrigens – was bekommt man hier zu essen?«
    Die Dealer, die einen zwielichtigen Kerl erwarteten, waren unweigerlich er freut zu sehen, dass ich ein netter Bursche war, mit dem man reden konnte. Ich schätzte es, diesen Leuten gerade ins Auge zu sehen. Das tat sonst niemand. Auf diese Weise drückte ich von Anfang an Dominanz aus. Als wir mit dem Gespräch begannen, war ich in Manzos Augen bereits ein Siegertyp.
    Ich wusste, dass er dachte: »Wer ist der Mann? Warum traut er sich mit so einem Auto in diese Gegend, in meine Welt?« Aber ich zeigte keinerlei Furcht. Ich wurde gut beschützt und wusste, wie ich mich im Notfall verhalten musste. Manzo ging mir voll auf den Leim. Natürlich konnte ich auch anders. Wenn jemand frech wurde, wurde ich noch frecher. Aber ich wollte nicht als Rüpel anfangen. Ich wollte, dass der Ganove mein Freund wurde. Und einerlei, wie groß die Organisation war, die er zu vertreten behauptete, ich ließ mich nie

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