Ich war Jack Falcone
nicht an die Oberfläche lassen durfte. Stattdessen grinste ich, und wir schüttelten uns die Hände. Beide hofften wir auf eine gute – und einträgliche – Freundschaft. Eines muss ich Chris lassen: Die Albaner kamen nie wieder. Das bewies entweder, dass die Mafia stark genug war, um sie in die Schranken zu weisen, oder dass beide zusammenarbeiteten und einen neuen Fisch am Haken hatten, nämlich uns. Ich glaube, so ist es wirklich gelaufen. Was kann der Besitzer eines Stripclubs oder eines anderen profitablen Geschäftes schon tun? Die Cops rufen? Sie können das Lokal nicht rund um die Uhr bewachen! Wer Schutz braucht, muss dafür zahlen, und das heißt, er muss Kontakt mit organisierten Kriminellen aufnehmen – genauer gesagt, er braucht nur auf sie zu warten.
Jetzt hatte ich genug Beweise, um Chris festzunehmen, wenn ich gewollt hätte – es ist illegal, Schutzgeld anzunehmen. Das ist Erpressung. Aber uns ging es nicht um Chris. Wir wollten uns im Club einnisten und schauen, wer uns sonst noch über den Weg lief. Das Lustige war, dass die FBI-Zentrale darauf beharrte, dass Chris, Louis Filippelli und Alphonse »Funzi« Sisca keine Mitglieder des Gambino-Clans seien. Schließlich standen sie nicht auf der offiziellen Liste der Mafiosi, und was nicht auf der Liste steht, kann nicht sein.
Ich konnte es nicht glauben. Diese Leute schworen, ihre Liste sei auf dem neuesten Stand und die einzige zuverlässige Informationsquelle über die Gambino-Familie. Anscheinend glaubten sie ihren eigenen Schlagzeilen, seitdem sie Gotti verhaftet hatten. Das Problem war, dass sie eine Menge Informationen von Gefängnisinsassen erhielten. Eine Liste ist nur so gut wie der Spitzel auf der Straße. Aber die Mafia ändert sich jeden Tag. Ihre Mitglieder lernen aus ihren Fehlern. Knastbrüder wissen nicht immer, was auf der Straße vor sich geht. Gangster sind Chamäleons, die sich andauernd ihrer Umgebung anpassen. Wer nicht auf der Liste steht, kann dennoch in der Mafia aktiv sein. Ich wollte neue, präzise Informationen aus erster Hand von der Straße liefern, damit wir beim FBI wirklich verstanden, mit wem und womit wir es zu tun hatten.
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass John Gotti die Mafia ganz allein vernichtete, weil er darauf bestand, dass alle einmal in der Woche im Ravenite Social Club erschienen und ihn küssten. Er machte publik, was privat war, und daher konnte das Gambino-Einsatzkommando des FBI Diagramme zeichnen, welche die Machtverhältnisse und die Identität der Clan-Mitglieder genau widerspiegelten. Aber das war damals, und heute ist heute. Jetzt mischten Ganoven mit, die nicht einmal auf diesem Schaubild standen, und ich hatte einen Platz in der ersten Reihe.
Schritt für Schritt erwarb ich mir einen Ruf als Big Jack, der freundliche Typ aus Florida, dem ein Teil des Clubs gehörte und mit dem man jederzeit Spaß haben konnte.
Ich genoss die Gesellschaft der Ganoven, und bald hatte ich keine Angst mehr, mit ihnen auszugehen. Bei der Mafia dreht sich alles ums Essen. Manche dieser Männer begingen drei oder fünf Mal am Tag eine Straftat, andere nicht; aber alle speisten drei bis fünf Mal am Tag in einem guten Restaurant. Jeden Abend erwähnten sie ein anderes italienisches Lokal irgendwo in der 3-Staaten-Region, das sie ausprobieren wollten. Vielleicht sagte dann einer von ihnen: »Los, wir fahren nach Port Chester. Ich kenne dort einen neuen Schuppen, der Joey Potsandpans gehört, und Vinnie Baga donuts ist der Chefkoch.« Ihr Motto hätte lauten können: »Immer hungrig, immer auf Achse.«
Ich schloss mich den Mafiosi an, aß mit ihnen, lebte auf großem Fuß, schloss Freundschaften. Geschäfte machte ich keine. Das wäre etwas zu früh gewesen. Unsere Ziele waren immer noch Louis, Chris und Funzi. Ich hing mit ihren Freunden herum und hoffte, dass die Neuigkeiten über mich zu ihnen durchsickern würden – dass ich ein zuverlässiger Kerl mit Beziehungen in Florida war.
Bald akzeptierten sie mich. Ich war nicht mehr der Neue. Man hielt mich für einen coolen Typen, der zu ihnen gehörte und ihre Sprache sprach. Niemand hielt mich je für einen Agenten. Stattdessen hieß es: »He, Jackie, komm schon, wir gehen aus!« Und sie stellten mich ihren Freunden vor. Mein Bekanntenkreis im Gangstermilieu wurde immer größer.
Wir feierten sieben Tage in der Woche – die Party hörte nie auf und dauerte bis spät in die Nacht. Es war echt anstrengend, diese Rolle unter diesen Leuten zu
Weitere Kostenlose Bücher