Ich war Jack Falcone
spielen. Wir dürfen keine Minute lang vergessen, womit Gangster ihr Geld verdienen. Sie waren Berufskriminelle und Mörder, und wenn sie mich als Spitzel verdächtigt hätten, wäre das Ende schnell gekommen, und es wäre nicht angenehm gewesen. Darum war es seelisch und emotional sehr belastend, mit diesen Leuten auszugehen. Gleichzeitig musste ich mich jeden Tag im Büro melden und meine Vorgesetzten über meine Aktivitäten informieren. Außerdem hatte ich eine Frau und eine Tochter, die mich immer seltener sahen, als der Fall Gambino Fortschritte machte.
Anfangs fuhr ich täglich ins Büro, erledigte den Papierkram, fuhr nach Hause, machte ein Nickerchen und ging dann zur Arbeit in den Club, um mich auf eine Nacht in der Stadt mit den Ganoven vorzubereiten. Nach einiger Zeit wies man mich an, nicht mehr ins Büro zu kommen. Die gemeinsame Anti-Drogen-Sondereinheit des FBI und der New Yorker Polizei und das Gambino-Team teilten sich praktisch einen Flur. Und der Vernehmungsraum befand sich genau neben unserer Truppe. Es konnte jederzeit passieren, dass mich ein Mafioso erkannte, der in der Nacht zuvor festgenommen worden war.
Aber es gab noch einen anderen Grund für mich, nicht mehr ins Büro zu gehen. Der hatte etwas mit der Antipathie einiger FBI-Agenten gegen verdeckte Ermittler zu tun. Außer Joe Pistone und mir gab es beim FBI keine »Undercover-Agenten«. Manche Kollegen arbeiten gelegentlich undercover, aber im Großen und Ganzen gibt es beim FBI keine Agenten, die ständig verdeckt arbeiten. Deshalb rümpfen die Kollegen über die verdeckten Ermittler die Nase. Sie gelten als Schnorrer, die auf großem Fuß leben, tolle Autos fahren und gut essen, während die »echten Agenten« zu McDonald’s und Burger King gehen. Diesen Kollegen ist einfach nicht klar, dass verdeckte Ermittler an vorderster Front gegen das Verbrechen kämpfen und jeden Tag ebenso gefährlich leben wie sie.
Egal. Meine Welt sollte sich bald verändern, weil ein gewisses Mitglied des Gambino-Clans aus dem Gefängnis entlassen wurde.
Sein Name war Greg DePalma.
Zwischenspiel 1
»Royal Charm« – Königlicher Charme
Während ich im Naked Truth am Mafia-Fall arbeitete, war ich auch an vier anderen großen Fällen und mehreren kleinen Einsätzen für das Drogendezernat beteiligt. Dabei täuschten wir vor, Drogen von einem Verdächtigen kaufen zu wollen, und nahmen ihn auf frischer Tat fest. Dies ist die Geschichte des ersten der anderen großen Fälle, an denen ich beteiligt war, während die Gambino-Ermittlungen sich entfalteten.
Das FBI erfuhr, dass eine Gruppe von Schmugglern gefälschte Zigaret ten, Handtaschen und alle möglichen anderen Waren aus Asien einschleuste. Obendrein hatte sie den FBI-Agenten, die undercover arbeiteten, auch Waffen versprochen. Dabei sollte ihnen ein Verwandter helfen, der mit Armeewaffen handelte. Den Schmuggel mit gefälschten Waren zu unter binden war wichtig. Den Waffenhandel zu unterbinden war von höchster Dringlichkeit. Wenn dieser Verwandte bereit war, Waffen an Mafiosi zu liefern, an wen verkaufte er sie sonst noch?
Also jagten wir sie.
Wir gaben vor, Waffen für kolumbianische Freiheitskämpfer zu kaufen, die uns Kokain zu einem wirklich guten Preis gaben. Deshalb halfen wir ihnen beim illegalen Import von gefälschten Zigaretten in die Vereinigten Staaten – um die Beziehungen zu pflegen, die schließlich zu den Waffengeschäften führten.
Beteiligt waren auch zwei verdeckte Ermittler des FBI aus Newark. Der eine war Lou Calverese, der andere Tom Zyckowski, auch Z-Mann genannt. Sie traten als Mafiosi auf, die im Seehafen von Elizabeth in New Jersey einen Zollbeamten bestochen hatten. Lou und Z-Mann sagten unseren neuen asiatischen Freunden, dieser Beamte könne Container so markieren, dass niemand sie durchsuchen oder die dazugehörigen Papiere prüfen würde. Natürlich verlange er ein saftiges Schmiergeld, aber dafür würden unsere Jungs den Container in ein geheimes Lager in South Jersey bringen und den Inhalt ausliefern.
Kaum hatten wir alles in Gang gebracht, wurde Z-Mann versetzt – eine rein bürokratische Entscheidung. Bevor er ging, stellte er mich den Hauptverdächtigen in diesem Fall vor, einer zierlichen Asiatin in den Fünfzigern, die ich Mei-Lin nennen möchte, und ihrem Mann Chris. Mei-Lin und ich verstanden uns von Anfang an gut. Nachdem Z-Mann sich verabschiedet hatte, übernahm Lou Calverese die Leitung des Falles, und ich wurde sein Vertreter.
Und so
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