Ich war Jack Falcone
spielte sich der Handel ab: Mei-Lin und ihr Mann importierten Zwölf-Meter-Container, die fast tausend Versandkartons mit gefälschten Zigaretten enthielten. In jedem dieser Kartons waren 50 Stangen Zigaretten. Ein Container war demnach Hunderttausende von Dollar wert.
Die Zigaretten kamen, und FBI-Agenten, die sich als Mafiosi ausgaben, brachten die Schmuggelware in ein Lagerhaus. Dort holten Mei-Lins Leute das Zeug ab. Manchmal fuhren wir nach Jersey City oder Philadelphia, um die Zigaretten abzuliefern; doch das Szenario war immer das Gleiche. Wir halfen ihr, die Zigaretten zu holen, und sie bezahlte uns. Aber jedes Mal, wenn wir nach den Waffen fragten, hatte sie eine andere Ausrede. Der Zeitpunkt sei ungünstig. Sie könne sich jetzt noch nicht damit befassen; aber das werde sich bald ändern. Es war nervtötend.
Etwa um diese Zeit starb Case Agent Jodi Petracci, die den Fall zuerst bearbeitet hatte, an Krebs. Der ganze Fall war ihre Idee gewesen; wir folgten nur der Spur, die sie gelegt hatte. Wir brachten die Zigaretten weg und ermutigten Mei-Lin, mehr über die Waffen zu reden, die für uns im Mittelpunkt des Falles standen.
Aber auch der Schmuggel war keine Kleinigkeit. Ich erfuhr, dass in China eine Fabrik Polohemden für eine amerikanische Firma herstellte und nebenan eine andere Fabrik eben diese Hemden fälschte. Lieferanten brachten die Rohstoffe – das Tuch, den Faden und so weiter – in die eine Fabrik und noch mehr Material in die andere. In China werden oft Markenartikel gefälscht und Mei-Lin erklärte uns, sie könne uns Fälschungen aller erdenklichen Produkte besorgen. Selbst aufmerksame Leute könnten sie nicht vom Original unterscheiden. Ein Witz behauptete sogar: »Wenn du lange genug vor einer dieser Fälscherwerkstätten stehst, machen die Chinesen fünf Kopien von dir!«
Mei-Lin suchte auch Kontakte an der Westküste, um Zigaretten zu importieren. Wir stellten ihr einen verdeckten Ermittler des FBI vor, der im Hafen von Long Beach arbeitete. Unsere Operation hieß Royal Charm (Königlicher Charme); den Fall in Los Angeles nannten wir Smoking Dragon (Rauchender Drache). Für das FBI waren das recht passende Namen. Jetzt brachten wir Zigaretten an beide Küsten; doch was wir wirklich haben wollten, waren die Waffen. Vielleicht dachten die Fälscher: Wir verdienen eine Menge Geld mit falschen Zigaretten – warum sollten wir die Geschäfte mit Waffen komplizieren?
Wir wollten immer noch den Waffenhändler treffen. Er sollte in die Vereinigten Staaten kommen, um mit uns zu reden. Keine Chance. Er fürchtete sich vor der Reise in die USA. Also baten wir um ein Gespräch mit Mei-Lin und Chris.
»Wir haben genug von Zigaretten«, sagten wir. »Wenn ihr uns nicht mit den Waffen helft, schmuggeln wir die Zigaretten nicht mehr für euch rein.«
Das kapierten sie.
Nun endlich stellte Chris uns einen seiner Kumpels vor, der uns nützlich sein konnte. Nennen wir diesen Typen Ken. Nachdem wir für ihn einige Zi ga rettencontainer geschmuggelt hatten, schnitten wir das Thema Waffen an.
»Was kannst du für uns tun?«, fragten wir. »Mei-Lins Mann sagt, du kannst Waffen besorgen.«
»Ich kann Waffen besorgen«, antwortete Ken, »und ich kann Viagra fälschen. Ich kann alles. Ich kann euch auch dem Waffenhändler vorstellen, damit ihr in das Geschäft einsteigen könnt. Aber ihr müsst nach Thailand fliegen. Er kann nicht in die Staaten kommen.«
»Kein Problem«, sagte Lou.
Treffpunkt sollte der Urlaubsort Phuket sein, den der Tsunami an Weihnachten 2004 so schwer getroffen hatte.
Lou, der die Ermittlungen leitete, sagte zu mir: »Jack, pack deinen Koffer. Wir fliegen nach Thailand, um einen Waffenhändler zu treffen.«
Ich machte große Augen. »Wir?«, fragte ich. »Hast du ’ne Meise? Ich fliege nicht nach Thailand! 20 Stunden im Flugzeug? Niemals!«
»Warum denn nicht?«, wollte Lou wissen. Meine heftige Reaktion überraschte ihn.
»So lange halte ich es nicht im Flugzeug aus!«, rief ich. »Schau mich an! Wo soll ich zur Toilette gehen? Du brauchst einen Schneidbrenner, um mich aus einem Flugzeug-WC rauszuholen!«
»Du musst mitkommen!«, bat er.
»Ich fliege nicht!«, erwiderte ich unbeugsam.
So ging das eine Weile hin und her. Dann hatte ich Lou davon überzeugt, dass ich ihn nicht begleiten würde. Aber er musste jemanden zu seinem Schutz mitnehmen, darin waren wir uns einig. Wir entschieden uns für Melissa Shields, die ebenfalls undercover auftreten sollte. Wir hielten
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