Ich war Jack Falcone
Jetzt beschloss er, die Seiten zu wechseln, um ein milderes Urteil zu erwirken. Er berichtete dem FBI von den korrupten Polizisten, die im Juweliergeschäft herumhingen. Deshalb brauchte das Büro einen verdeckten Ermittler, der sich mit dem Juwelier – nennen wir ihn Freddy – anfreundete und Kontakt mit den bestochenen Cops aufnahm.
An einem heißen Sommertag schaute ich bei Freddy vorbei. Vorher zog ich mich an wie ein New Yorker Gangster, der in Miami Urlaub macht: seidene Guayabera, modische Hose, teure Schuhe, Rolex President aus reinem Gold und der unvermeidliche Diamantring am kleinen Finger. Ich fuhr sogar einen neuen Cadillac, den ich am Flughafen gemietet hatte.
Zurückhaltung ist die Basis für eine erfolgreiche verdeckte Ermitt-lung. Also versuchte ich nicht sofort, ein Geschäft mit Freddy abzuschließen oder ihn zu schröpfen, sondern sagte nur zu ihm: »Ich bin Big Jack, Ronnies Onkel aus New York. Ich weiß, dass Sie gewisse Geschäfte mit ihm gemacht haben, und er lobt Sie sehr. Er ist im Knast, aber es geht ihm gut. Er wollte, dass ich Sie von ihm grüße, und er sagte, Sie seien ein guter Mann.«
Ich merkte Freddy an, dass seine Alarmglocken schrillten. Aber ich redete nicht von Hehlerei oder korrupten Cops. Ich sagte nur, ich sei aus New York und hätte gehört, er sei ein zuverlässiger Mann. Ich wollte mich nur vorstellen. Das war alles. Kein Grund zur Aufregung. Bei der ersten Begrüßung wollte ich niemandem Angst einjagen.
Ein paar Wochen später besuchte ich Freddy erneut. Inzwischen war ich in den Fall Naked Truth eingestiegen und ermittelte gleichzeitig gegen die korrupten Politiker und die asiatischen Fälscher in Atlantic City. Zwischendurch nahm ich kleinere Dealer fest und bearbeitete ein paar andere Fälle. Ja, ich hatte als verdeckter Ermittler einen ziemlich vollen Terminkalender.
»Hören Sie«, sagte ich zu Freddy, »ich möchte etwas für meine Freundin kaufen. Nicht wertvoll, aber hübsch.«
Freddy hatte tatsächlich etwas für mich – ein wunderschönes Schmuckstück, das zweifellos gestohlen war. Er bot es mir für 800 Dollar an.
»Das ist entzückend«, sagte ich. »Sie haben mir aus der Klemme geholfen. Vielen Dank.«
»Keine Ursache«, sagte Freddy. »Übrigens stellen wir auch Schmuck her. Vielleicht können wir irgendwann einmal etwas Hübsches für Ihre Freundin machen.« Ich zog mein Bündel mit dem Brokkoligummiband aus der Tasche und zählte acht 100-Dollar-Scheine ab.
»Durchaus möglich«, sagte ich und ging.
Während meines nächsten Aufenthalts in Miami ging ich wieder in das Geschäft, diesmal nicht, um etwas zu kaufen, sondern nur, um Freddy besser kennenzulernen. Es war ein privater Besuch. Ich lud ihn zu einem Drink ein. Ich hofierte ihn und merkte, dass er jetzt in meiner Gegenwart entspannter war. Er deutete an, dass er mich für einen Mafioso aus New York hielt. Er sagte beispielsweise: »Sie haben bestimmt Freunde hier. Sicher kennen Sie den Soundso.« Dann nannte er den Namen eines Ganoven, den ich wirklich nicht kannte.
»Nein«, sagte ich jedes Mal, »den kenne ich nicht. Eigentlich kenne ich niemanden. Ich habe keine Freunde. Niemand mag mich. Sie sind der Einzige, den ich hier kenne! Ich bin eben ein fieser Typ!«
Das verblüffte ihn. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ein so umgänglicher Typ wie ich in einer Gegend wie Südflorida keine Freunde haben sollte. Aber er wusste, dass Mafiosi solche Antworten geben, damit sie keine weiteren Fragen beantworten müssen.
Normalerweise trug ich in solchen Situationen ein Aufnahmegerät. Aber dies war ein Juweliergeschäft mit einem Metalldetektor. Jedes Mal, wenn ich den Laden oder die angrenzende Werkstatt betrat, musste ich durch ein Magnetometer gehen, das eine Wanze aufgespürt hätte. Bald ließ Freddy mich nicht mehr hindurchgehen – er dachte, ich sei nicht gefährlich. Aber ich freundete mich nicht nur mit ihm an, sondern versuchte, Eindruck auf sein gesamtes Personal zu machen. Ich erwies ihnen kleine Gefälligkeiten, zum Beispiel indem ich ihnen eine ganze Kiste Cannoli schenkte.
»He, schaut mal, was ich hier habe!«, rief ich jovial und zog meine ganze Show ab.
So ging es weiter, bis ich das Gefühl hatte, jederzeit vorbeikommen und mit Freddy von Freund zu Freund plaudern zu können. Eines Tages war ich mir sicher, dass ich die Grenze zwischen Freundschaft und Geschäft überschreiten konnte. Dieser Augenblick lässt sich nicht definieren – der verdeckte Ermittler
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