Ich war Jack Falcone
weil er sehr viele Leute so nannte. Jetzt erzählte er uns, was für ein toller Kerl LaSorsa sei. Das war ein Befehl von oben, um Streit zu verhindern.
So sehr Greg Geld liebte, ein bestimmtes finanzielles Angebot konnte nicht einmal er annehmen. Lenny Minuto war 64 Jahre alt und seit Jahrzehnten ein Gambino-Mitläufer. Er hatte ein Vermögen als Buchmacher und Kredithai für den Clan verdient. Und er hatte Paulie Castellano, den Gambino-Boss, den John Gotti später umbrachte, immer wieder gebeten, ihn für Geld in die Organisation aufzunehmen.
Castellano weigerte sich, die fünfzig- bis hunderttausend Dollar anzunehmen, die Minuto ihm anbot, obwohl man munkelte, dass mehrere Leute sich ihre Mitgliedschaft gekauft hatten. Alle wussten, um wen es sich handelte, und keiner respektierte sie, weil sie sich die Aufnahme nicht verdient hatten. Dennoch wurde Minuto von Castellano ebenso abgewiesen wie von Gotti und allen anderen Bossen einschließlich Arnold Squitieri. Greg meinte, Minuto sei ein »Aufschneider« und ein »Wichser«, der nicht den Mumm habe, ein echter Soldat zu sein. Als ich mich in den Fall einschaltete, hatte Minuto sein Angebot auf eine Million erhöht – er war bereit, einen siebenstelligen Betrag zu zahlen, um in die Mafia aufgenommen zu werden.
Greg spielte mit der Idee, das Geld zu nehmen und Minuto dann einfach ins Gesicht zu lachen. Aber soviel ich weiß, tat er es nie. Dieses eine Mal waren seine Skrupel als Mafioso stärker als seine enorme Gier. Als der Gambino-Fall abgeschlossen war, wurden Minuto und sein Sohn verhaftet und verurteilt, weil sie auf das Auto eines Zeugen geschossen hatten. Schließ lich arbeitete er mit der Staatsanwaltschaft zusammen. Wie sich herausstellte, hatte Greg recht gehabt. (Minutos Anwalt behauptete, sein Mandant habe nie versucht, sich in den Gambino-Clan einzukaufen. »Aus den Tonbändern kann ich nur den Schluss ziehen, dass es sich hier um Mafiaklatsch handelt«, erklärte der Anwalt. »Wenn Sie dieses Beweismittel bewerten wollen, müssen Sie berücksichtigen, welche Leute die Aussagen gemacht haben.«)
Greg war bei Weitem der schwierigste Mensch, dem ich in meiner jahrelangen Arbeit als verdeckter Ermittler je begegnet bin. Auch der Fall war für mich sehr schwierig. Es war anstrengend genug, nur bei ihm zu sein. Einerseits wollte ich ihm so viele Informationen wie möglich entlocken, andererseits versuchte er, möglichst viel Geld mit mir zu verdienen. Ich habe ihn nie als Mensch respektiert; aber ich muss anerkennen, dass er als Mafioso immer die Regeln einhielt.
Das gleiche Gefühl hatte Greg auch bei mir. Obwohl er mich gründlich überprüft hatte, wollte er, dass ich die Bosse traf, damit auch sie mich testen konnten.
Warum? Weil er mich zu einem Mitglied und Soldaten des Gambino- Clans machen wollte. Greg wollte mich durchchecken, damit ich ein Soldat, ein einfaches Mitglied der Mafia werden konnte, ein amico nostro – »ein Freund von uns«.
Zwischenspiel 3
Abstecher nach Hollywood
Im Dezember 2002, kurz bevor ich bei Nat in die Mafiaschule ging, rief mich FBI-Agent Kevin Luebke aus Miami an. Er hatte von mir gehört und wusste, dass ich dort bereits einige wichtige Fälle gelöst hatte.
»Wir könnten dich in einem Fall einsetzen, in dem es um Hehlerei geht«, erklärte er. »Ein Typ, der sich um Strafmilderung bemüht, hat uns verraten, dass ein bestimmter Juwelier Diebesgut kauft. Er schmilzt die Stücke ein und verkauft die Edelmetalle.«
»Und warum ist das ein Fall fürs FBI?«, fragte ich.
»Darauf wollte ich gerade kommen«, sagte Kevin. »Der Juwelier hat viele Polizisten bestochen. Sie handeln mit gestohlenen Juwelen und sind an allem beteiligt, vom Versicherungsbetrug bis zum Raub.«
Das hörte sich gut an. Also flog ich nach Miami und stieg in den Fall ein. Ronnie war der Kerl, der im Knast saß und uns Informationen gab, und ich sollte seinen Onkel spielen. Ronnie war oft bei diesem Juwelier gewesen, sowohl als Kunde, der gestohlenen Schmuck kaufen wollte, wie auch als Verkäufer von Diebesgut. Dabei freundete er sich mit den vielen Polizeibeamten in Hollywood an, die nach Dienstschluss den Verkaufsraum bewachten, weil sie ein wenig Geld dazuverdienen wollten. Die Cops mussten mitbekommen haben, dass der Eigentümer gestohlene Ware verkaufte.
Eines Tages wurde Ronnie vom FBI wegen Bandendiebstahls verhaftet. Die Gauner hatten sich auf den Diebstahl von Geld, Juwelen und anderen Wertsachen in Privatwohnungen spezialisiert.
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