Ich war nur kurz bei Paul
dritt, dieser Maik und seine Gang.«
»Maik? Du hattest Ärger mit ihm?« Das klang fast so, als ob Paul ihn kannte.
»Wieso, kennst du den denn?«
»Ist so'n schlaksiger, langer Bengel, der dauernd mit 'ner Sonnenbrille 'rumläuft und Kaugummi kaut und vor lauter Coolness nicht weiß, wohin. Ist das der?«
»Ja, die Beschreibung könnte stimmen.«
»Was wollte der von euch?«
»Na, besser gesagt, der wollte eigentlich etwas von mir, nicht von Julius. Sie wollten mich wohl damit einschüchtern, indem sie dem eins auf die Glocke gaben.«
»Und, was wollte er nun genau von dir?«
»Er sagte, es sei üblich, dass ich als Neuer an der Schule einen Einstand an ihn leisten müsste, so 'nen Quatsch! Weiß nicht, was der meint.«
»Na, ich wüsste das schon...«
»Was meinst du?«
»Ist doch klar! Der will von dir so 'ne Art von Schutzgeld erpressen. Das fängt erst mit Geld für 'ne Cola und 'nem Eis an, dann wird es langsam mehr und wenn er merkt, dass er dich einschüchtern kann, werden seine Forderungen im Lauf der Zeit immer größer. Gibt schlimme Geschichten über ihn. Versuch, ihm aus dem Weg zu gehen. Wenn es nicht hilft und er dir weiter Ärger macht, lass es mich wissen, dann denken wir uns etwas aus. Das Wichtigste in dieser Phase ist, Stärke zu demonstrieren, keine Angst zu zeigen. Wenn er merkt, dass es mit dir ungemütlich wird, sucht er sich schnell ein schwächeres Opfer. Also, sei auf der Hut und tritt ihm, wenn es sich nicht vermeiden lässt, aufrecht und mit geradem Blick entgegen! Bleib ihm keine Antwort schuldig. Angst ist ein ganz schlechter Berater; ich hab da so meine Erfahrungen...«
Ralf nickte, solche Überlegungen waren ihm auch schon gekommen. Das Schlimme an der Sache war nur, dass er Angst hatte, verdammt noch mal - eine ganz beschissene Angst sogar! Paul hatte leicht reden.
»Na denn! Ich muss dann mal weiter! Mach's gut, Paul und grüß mir das Karlchen.«
»Wird gemacht, Ralf. Pass auf dich auf!«
Kapitel 7
Das Jahr neigte sich seinem Ende entgegen. Überraschenderweise ließ ihn Maik seit der Begebenheit am Kiosk zunächst in Ruhe. Ralf blieb jedoch in Alarmbereitschaft; er hatte sich schon einen Plan zurechtgelegt, wie er reagieren wollte, wenn es wieder Ärger mit diesem Typen geben sollte.
Schulisch lief es gut, außer in Erdkunde; das war wirklich nicht sein Fach -- war es noch nie! Gottseidank ließ ihn seine Sitznachbarin, die Regine, abgucken und gab ihm Tipps. Sie war ausgesprochen gut in dem Fach und half ihm, wo sie konnte. Sie schien mittlerweile ein besonderes Interesse an ihm zu entwickeln, was schon manchmal lästig wurde. Dauernd suchte sie auch auf dem Schulhof seine Nähe, selbst wenn er mit den übrigen Kumpels zusammenstand und diskutierte. Einige machten bereits spitze Bemerkungen, die Ralf jedoch ignorierte.
In den Weihnachtsferien blieb er zuhause bei seiner Mutter, die nur am Zweiten Weihnachtstag und Silvester Dienst hatte, sonst aber beim Feiertags-Dienstplan glimpflich davon gekommen war. Sie unternahmen den einen oder anderen Stadtbummel, machten sich mit einigen Museen vertraut und lernten so die neue Stadt immer besser kennen. Das Weihnachtsfest verlief ein wenig öde. Zwar gab sich seine Mutter Mühe, alles so weihnachtlich wie möglich zu gestalten, aber am Heiligen Abend waren sie beide nicht wirklich froh - zu sehr trübte die Erinnerung an frühere, glücklichere Weihnachtsfeste ihre Stimmung.
Weihnachten und Silvester gingen vorüber. Ralf war ehrlich froh, als Anfang Januar die Schule wieder begann und der Alltag ihnen wieder seinen festen Rhythmus diktierte. Mittlerweile hatte Ralf seinen Kontakt zu Paul weiter gefestigt. Sie sahen sich regelmäßig, Ralf hegte auch keine Scheu mehr, ihn in seinem Atelier zu besuchen. Da Paul kein Telefon besaß, bestand einfach keine andere Möglichkeit Kontakt zu halten, außer der, dass Ralf mit seinem Mountainbike zu ihm fuhr und bei ihm klingelte. Paul fühlte sich durch solche überraschenden Besuche nie gestört; er nahm sich immer Zeit für den Jungen, den er fest in sein Herz geschlossen hatte.
Pauls Atelier lag im Hinterhof, in der Mansarde im vierten Stock, wie es die Bäckereiverkäuferin beschrieben hatte. Der große Raum war Licht durchflutet, da in die Dachschräge nachträglich ein riesengroßes Fenster eingebaut worden war.
In einer Ecke stand die Staffelei, daneben ein langer
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