Ich war nur kurz bei Paul
Saskia, die sich ihnen unbemerkt genähert hatte, mitgehört. Sie musste schlucken und räusperte sich, um ihrer Stimme wieder Festigkeit zu geben. »Ich bringe dich zur Tür, Ralf. Und keine Sorge, deine Oma hat es gut bei uns. Wenn du das nächste Mal kommst, um sie zu besuchen, kenne ich dich ja schon. Dann ist es auch kein Problem, dich wieder rein zu lassen. Am günstigsten kommst du um dieselbe Zeit wie heute. Dann passt das schon. So einen Enkel wie dich habe ich lange nicht zu Gesicht bekommen. Es war lieb von dir, dass du hergekommen bist«
»Danke, Saskia! Und passen Sie gut auf meine Oma auf! Sie liebt den Kaffee wirklich ganz süß.«
»Ich werd's mir merken, Ralf.«
Kapitel 6
Eine Woche nach Ende der Herbstferien geschah es. Sie hatten gerade eine anstrengende Mathestunde bei Herrn Broderkamp hinter sich und unterhielten sich nun an diesem trüben Herbstmorgen in der Ecke des Schulhofes.
Lorenz und Julius standen bei ihm. Gerade waren sie noch einmal die Ergebnisliste des UEFA-Cups durchgegangen, als zwei Typen aus der 9c bei ihnen aufkreuzten. Sie hatten die beiden nicht kommen sehen, wie aus dem Nichts standen sie plötzlich Kaugummi kauend vor ihnen. Ralf spürte sofort die Gefahr, noch ehe einer der beiden den Mund aufmachte. »Hey, ihr! Geht mal beiseite, wir wollen uns einmal dem Neuen da vorstellen.« Grob zog jeder der beiden mit einer Hand Ralfs Freunde beiseite.
»Geht solange woanders spielen! Wir Erwachsenen woll'n 'mal ein paar Worte miteinander reden. Na los! Haut ab!« Julius und Lorenz wandten sich eingeschüchtert ab. Ralf konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie sie in einiger Entfernung stehen blieben und zu ihnen herüber guckten. »Hey, Junge!« Der größere der beiden wandte sich an Ralf. »Das ist Ata.« Er zeigte überheblich lächelnd auf seinen Kumpan, der mit finsterem Blick schweigend neben ihm stand und nur nickte. »Und ich bin Tim. Die Namen tun aber nichts zur Sache. Du bist doch neu hier. Wie heißt du?«
»Was geht euch das an? Lasst mich in Ruhe!«
»Aaah, auch noch 'ne große Fresse, das Bürschchen! Na mir soll's recht sein. Wir werden es unserem Boss ausrichten, dass du nicht kooperativ sein willst. Hör zu! Er mag das aber gar nicht, wenn Neue sich nicht an die Schulregeln halten.«
»Ich versteh nur Bahnhof, was für Regeln?« Ralf merkte beim Sprechen ein leichtes Zittern in seiner Stimme und hoffte, dass die Typen es nicht auch hörten. Er wollte sich abwenden, aber schon hielt ihn der als Ata vorgestellte, an der Jacke fest. »Regel Nummer eins lautet: Wenn man an die Kollwitz-Schule kommt, stellt man sich umgehend bei Maik vor und fragt, welcher Einstand gewünscht wird. Ohne Einstand ist hier noch niemand aufgenommen worden. Haben dir das deine beiden Witzfiguren von Freunden nicht erklärt?«
Nun mischte sich Tim ein; seine Stimme klang hämisch. »Wir sollen dir ausrichten, dass Maik dich heute nach der Schule beim Kiosk sehen will. Bis dahin kannst du darüber nachdenken, was du zum Einstand geben willst. Hast ja noch drei Stunden Zeit. Und denk dir was möglichst Originelles aus. Wenn der Maik das Gefühl bekommt, dass du ihn verscheißern willst, kann der nämlich recht ungemütlich werden. Willst doch keinen Ärger, oder Ralf Jensen?«
Ralf schnürte es in seiner aufkeimenden Angst den Hals zu, so dass er nur stumm nickte. »Na also, ich sehe ja doch Ansätze, dass du kooperieren wirst. Werd ich Maik ausrichten. Wir sehen uns. Übrigens..., wir beobachten dich. Überlege dir also genau, was du tust - ist gesünder!«
Der feste Griff Atas löste sich und er ließ Ralfs Jacke los. Die beiden drehten sich um und schritten gemessen in Rambo-Manier auf die andere Seite des Schulhofes.
Im Nu waren Julius und Lorenz wieder zur Stelle. »Was wollten Tim und Ata von dir?« Aufgeregt starrte ihn Julius an. Lorenz mischte sich ein. »Erzähl schon, was wollten die Arschlöcher von dir! Die gehören zu Maiks Gang.«
Verstört versuchte Ralf einen klaren Gedanken zu fassen. Die ganzen Wochen über hatte er befürchtet, dass eine solche Situation eintreten würde. Seit Lorenz das erste Mal diesen Namen in Travemünde beim Baden erwähnt hatte, konnte er das beklemmende Gefühl der Angst nicht ablegen. »Sie haben was von Verletzung der Schulregeln gefaselt.«
»Ist doch Quatsch! Was sollst du gemacht haben?« Julius Frage erschien lächerlich naiv, als hätte er die reine Willkür der
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