Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
Vom Netzwerk:
Drohung nicht erfasst, die von den beiden Schlägertypen ausgesprochen worden war.
       »Sie haben mir gesagt, dass ich um Viertel nach eins zum Kiosk kommen und mich bei diesem Maik vorstellen soll. Er erwartet von mir irgendeinen originellen Einstand. Es sei hier üblich, dass jeder Neue einen ausgibt.«
       »Quatsch! So eine Regel gibt es nicht, dass haben die sich ausgedacht!« Lorenz gab sich selbstsicher. »Die wollen dir nur mal auf den Zahn fühlen. Ich hatte dich vor Maik gewarnt, weißt du noch? Damals in Travemünde. Bei mir haben die das auch schon versucht und als ich denen dann sagte, dass mein Vater bei der Kripo arbeitet, im Dezernat fünf - Wirtschaftsstraftaten - haben die mich schnell gemieden. Ich hatte seitdem keinen Ärger mit denen.«
       »Aber, du hast mir doch gesagt, dein Vater sei Geologe bei einer Mineralölfirma?«
       »Na und? Man muss den Typen gegenüber nur selbstsicher genug auftreten. Sie haben mir geglaubt und nun ist Ruhe.«
       »Aber...aber...was soll denn Ralf denen sagen? Der hat doch gar keinen Vater mehr?« Julius war sichtlich eingeschüchtert. »Hast du doch gesagt, oder?«
       »Naja, einen Vater habe ich schon noch, aber ich leb mit meiner Mutter allein und mein Erzeuger ist weg. Auf den kann ich nicht zählen. Was meint ihr, was ich tun soll?«
       »Denk dir auch 'ne Story aus, womit du denen Angst machen könntest. Die wollen dich nur abziehen, glaub mir.«
       »Kommt ihr nachher mit zum Kiosk?«
       »Nein, ich kann nicht, meine Mutter holt mich ab; wir wollen noch in die Stadt, Klamotten einkaufen.«
       »Ich komme mit!« Dankbar sah Ralf zu Julius. Dem war anzusehen, wie unwohl er sich bei dieser Geschichte fühlte.
       »Da passiert schon nichts! Lasse dich nur nicht einschüchtern. Die Typen warten nur auf Opfer, die vor ihnen kuschen!« Lorenz hatte gut reden! Ralf war nur mäßig beruhigt. In den folgenden Schulstunden kreisten seine Gedanken darum, wie er diesem Maik gegenüber am besten auftreten sollte.
     
    Nach der sechsten Stunde verließen sie die Schule. Vor dem Gebäude warteten viele Mütter in ihren Autos, um ihre Kinder abzuholen. Ausgerechnet heute wurde auch Lorenz abgeholt, das war zu dumm! Gerne hätte Ralf ihn mit dabei gehabt, denn er bewunderte Lorenz wegen seiner Coolness. Ralf fühlte sich bei weitem nicht so mutig wie sein Freund.
       »Und wenn wir einfach nicht hingehen?« Julius schlich neben ihm her.
       »Hab ich mir auch schon überlegt, aber was würde das helfen? Dann habe ich die ganze Zeit über Schiss, dass irgendwas passiert. Das hilft mir nicht. Wir gehen da jetzt hin und schauen, was die von mir wollen.« Der Kiosk lag nur gut dreihundert Meter entfernt. Niemand war dort zu sehen. Einen Moment lang flammte in Ralf die Hoffnung auf, dass er seinen Peinigern heute vielleicht doch entgehen konnte. Wenn die nicht dort waren, war's doch ihre eigene Schuld! Er würde nicht warten. Bei diesem Gedanken beschleunigte er seine Schritte ein wenig. »Hast du's eilig, Mann?« Julius versuchte Schritt zu halten.
       »Wenn die nicht da sind, haben wir es doch für heute überstanden. Ich warte nicht!« Hinter ihnen war jetzt das Knattern mehrerer Mofas zu hören. Der nervtötende Lärm kam rasch näher. Neben ihnen tauchte die Dreiergang auf ihren knatternden Maschinen auf und kam zum Stehen. Die Motoren erstarben.
       Der, mit dem schwarz glänzenden Helm und dem Monster-Totenschädel darauf, klappte sein Visier hoch. 
       »Hi, ich bin Maik! Na, Ralf Jensen, hast du dir etwas ausgedacht zum Einstand?« Dunkle Knopfaugen starrten ihn heimtückisch grinsend an.
        »Ich weiß nicht, was du von mir willst! Es gibt keine solche Schulregel!«
       »Ach nee, gibt es die nicht? Dann führen wir die jetzt ab sofort ein. Was willst du eigentlich hier, wenn sich Erwachsene unterhalten? Verpiss dich!« Seine Worte galten Julius.
       »Ich bleibe!« JuliusStimme klang noch erstaunlich fest.
       »Ach nee? Ich hab wohl 'nen Hörfehler, was?« Die beiden anderen mit den blauen Helmen und den Großbritannien-Emblemen darauf, stiegen ab und nahmen den heftig protestierenden Julius, dessen zuvor noch feste Stimme sich nun in ein aufgeregt heiseres Piepsen verwandelte, in ihre Mitte und führten ihn beiseite.
       Ralf hörte nur ein trockenes Scheppern. Einer der beiden hatte Julius mit seinem Helm eine Kopfnuss gegeben und Julius fiel nach hinten in die Büsche. Die beiden ließen von ihm ab und stiegen

Weitere Kostenlose Bücher