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Ich war zwölf...

Ich war zwölf...

Titel: Ich war zwölf... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Schweighoffer
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nichts für die Schule.«
    »Ich helfe dir im Laden, oder nicht?«
    »Das genügt nicht, und das weißt du
genau. Übrigens sollte dein Vater mir helfen. Er hat es versprochen.«
    Wieder er! Immer er! Arme Mama! Du bist
mit einem Dreckskerl verheiratet. Er schert sich einen feuchten Kehricht um
deinen Laden. Er hat dir Unsinn erzählt. Alles was er will ist, daß du wie eine
Verrückte arbeitest. Schuften, schuften, immer schuften, Kohle verdienen. Und
er will sein kleines ruhiges Leben eines wohl organisierten Dreckskerls leben.
    »Warum wolltest du dich früher scheiden
lassen?«
    »Das ist eine alte Geschichte. Wer hat
dir das erzählt?«
    »Oma. Sie hat auch gesagt, daß du wegen
mir zurückgekommen bist...«
    »Laß uns jetzt von dir reden. Ich will,
daß du mir versprichst, dich in der Schule anzustrengen. Ich weiß, daß alles
ganz anders als früher ist, ich kümmere mich weniger um euch wegen unserem
Umzug und dem Laden. Aber du bist groß und deine Schwester auch...«
    »Meine Schwester hat keine Probleme.«
    »Gut, laß uns von deinen Problemen
sprechen...«
    »Ich habe keine Probleme, Mama... Ich
bin den anderen voraus, das ist alles...«
    »Wenn irgend etwas nicht in Ordnung
wäre, wenn du Kummer hättest, würdest du es mir doch sagen...«
    »Was soll ich für Kummer haben... alles
läuft bestens.«
    »Du hast dich verändert. Du wirst
älter, ich bin deine Mutter... ich kann dir helfen.«
    »Aber ich hab’ nichts... verdammt noch
mal!«
    »Nathalie!«
    Ich habe Lust, meinen Namen zu ändern.
Ich möchte nicht mehr, daß man mich Nathalie nennt. Die Nathalie für ihren Vater...
    Immerhin läßt er mich jetzt in Ruhe,
der Papa.
    »Tut mir leid, Mama...«
    »Ich arbeite zu viel, ich kümmere mich
nicht genug um euch. Ist es das, mein Küken? Ja? Ist es das?«
    Um so besser, wenn sie einen Grund
gefunden hat. Wenn sie sich damit zufrieden gibt! Wenn sie das denkt, soll sie’s
dabei belassen! Wenigstens im Augenblick muß ich keine Lügen erfinden, die ich
ihr erzählen kann. Niemand denkt an mich, ich selbst muß an mich denken. Ich
habe einen schönen Tag gewonnen. Das Collège, die Sorgen meiner Mutter, das
miserable Kaff, letztendlich kümmert mich das alles nicht, wenn mir der
Verrückte nur nichts tun kann.
    Er kommt früher als gewöhnlich nach
Hause. Das macht mir Angst. Er schaut meiner Mutter gerade in die Augen, das
bedeutet, er wird im nächsten Moment lügen.
    »Also gut, reden wir nicht um den
heißen Brei herum, ich habe wahnsinnig viel Arbeit, ich schaff’s nicht. Ich
brauche Nathalie, damit sie mir hilft, die Rechnungen aufzulisten. Ich muß sie
morgen dem Buchprüfer vorlegen...«
    »Du wirst doch nicht heute Abend noch
einmal in die Stadt fahren! Sie hat morgen Schule... Hat das nicht Zeit?«
    »Wenn ich dir sage, ich muß die
Rechnungsliste morgen abliefern. Willst du, daß ich eine Angestellte bezahlen
muß? Daß der Gewinn draufgeht? Willst du es selber machen?«
    Dreckskerl, Dreckskerl, Dreckskerl! Er
weiß genau, daß sie erledigt, daß sie todmüde ist. Er weiß genau, daß die alte
Leier, dieses Gerede von der Angestellten, nie seine Wirkung verfehlt. Ich kann
buchführen, ich kann auf der Maschine tippen, ich bin die älteste, ich bin
meinem Alter voraus, also muß ich ihm helfen, das ist logisch. Sie wird
nachgeben.
    »Gut, wenn du meinst, daß es nicht zu
umgehen ist. Aber gib acht, daß sie nicht zu lange auf ist...«
    »Wenn’s hoch kommt zwei Stunden. Anstatt
Musik zu hören, kann sie mir ohne weiteres helfen. Da tut sie wenigstens etwas
Sinnvolles.«
    Ich armer Dummkopf. Ich habe dem lieben
Gott gedankt, und er hat mich aufs neue fallen lassen. In Wahrheit hat er mir
niemals geholfen. Auch er schert sich einen Dreck drum. Mein Vater ist zu
gerissen. Er hat all diesen Quatsch erfunden, um mich in die Falle zu locken.
Wie soll ich mich herausreden? Bauchweh, Kopfweh, unerledigte Hausaufgaben,
was? Ich habe zuvor schon alles versucht, und es hat nicht funktioniert. Weil
am Ende die Strafe winkt. Ein Vorwand — eine Strafe. Er hat seine Gesetze, der
Schuft. Niemandem etwas sagen. Oder Bestrafung. Keine Ausrede suchen, um ihm
auszuweichen. Bestrafung gleich Gürtel. Selbst wenn ich wirklich krank würde,
würde er mich in meinem Bett belästigen, dieser Widerling. Und wenn ich
versuche, ihm zu entkommen, wird Mama sich Fragen stellen. Es wir wieder
anfangen mit »Was ist los, ich dachte, du arbeitest gern mit deinem Vater? Hast
du’s nicht selbst gewollt?«
    Früher hab’

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