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Ich war zwölf...

Ich war zwölf...

Titel: Ich war zwölf... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Schweighoffer
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ich hasse Matratzen, ich kann sie nicht
ausstehen. Ich kann dich nicht ausstehen, Nathalie, kleine Hure, die zuließ,
was dieser Schuft mit dir anstellte. Ich verurteile dich zum Tode.
    Ich bin ganz plötzlich eingeschlafen, erschöpft,
ausgelaugt, körperlich und geistig fertig. Eingeschlafen mit dem TOD im Kopf.
Wenn er schuldig war, war ich es auch. Wenn er gemein war, war ich es auch. Ich
hatte nicht mehr das Recht, wie die anderen zu leben, mich Nathalie zu nennen,
diejenige, die alle gekannt haben. Die war auf einer Waschmaschine gestorben.
Ich war etwas Ekelhaftes, namenlos. Ich ließ alles über mich ergehen.
    Der schöne Tag war im Eimer. Im Eimer
der Freudentanz, um dem gefühllosen lieben Gott zu danken. Er würde immer etwas
finden, und nichts würde sich je ändern. NICHTS. DER TOD.
    Im Grunde dachte ich an den Tod, ohne
wirklich zu wissen, was das war, abgesehen von einer Erlösung. Und ich lebte
mein Leben in einem Gefängnis ohne Gitter, mit unsichtbaren Mauern, mit
verriegelten Türen, mit einem Wächter, einem Folterknecht.
    Wenn er tagsüber zu Hause war,
gebrauchte ich ständig Tricks, um mit ihm nicht im selben Zimmer sein zu
müssen. Ich war besessen davon. Kam er durch eine Tür herein, huschte ich dicht
an den Wänden entlang, um flugs durch eine andere zu entweichen. In diesem
kleinen provisorischen Loch war das keineswegs einfach, ich war schnell in die
Enge getrieben. Meine Mutter war den ganzen Tag in ihrem Laden, sogar am
Samstag. Am Abend kam sie fix und fertig nach Hause und erhob keinen Einspruch,
wenn er mit den Fingern schnipste, um mich zum Rechnungen schreiben in sein
Büro mitzunehmen. Bald haben wir die Kartons wieder eingepackt und verschnürt.
Die große Wohnung über dem Laden war endlich frei geworden. Jeder freute sich,
mir war’s egal. Ich hab’ mich ein bißchen in meine Gleichgültigkeit geflüchtet.
Und dann fand ich im Collège eine Freundin. Flo. Äußerlich wirkte ich normal.
Innerlich bestand ich förmlich aus Haß. Haß auf die Nacht, den Vater, auf alle
und sogar auf mich selbst.
    Er weckt mich in der Nacht. Dieses
Hochfahren, das Bild des Vaters in seinem braunen Morgenmantel. Selbst beim
Schlafen balle ich die Fäuste, leiste ich Widerstand. Letztlich gegen nichts.
    »Komm ins Wohnzimmer.«
    Er fürchtet nicht einmal, die anderen
aufzuwecken. Die Zimmer liegen weit vom Wohnzimmer entfernt. Mama schläft, oft
mit einem Schlafmittel. Er nicht. Aber da ich immer unzugänglicher bin, hat er
einen neuen Einfall gehabt: die Pornokassette.
    Ich lasse meinen Teddybären allein auf
dem Kopfkissen und gehe zur Vorstellung. Auf mich hat das überhaupt keine
Wirkung. Das erste Mal hatte ich Angst. Ich schaute hin, ohne zu sehen, und
zwang mich dabei, an etwas anderes zu denken. Ich sang mir im Kopf ein
Liedchen. Er konnte sagen, so oft er wollte, das würde ihn erregen, ich scherte
mich einen Dreck darum. Und auch jetzt interessierte es mich nicht im
geringsten.
    »Erregt es dich, hm?«
    »Och!«
    Wie immer. Das bringt ihn auf die
Palme.
    »Das ist nicht normal.«
    »Wer ist nicht normal?«
    »Du. Ich weiß, daß du nicht frigide
bist.«
    Das ist ja ganz was Neues. Woher weiß
er das? Er glaubt an den Blödsinn, den er mich zu sagen zwingt. In der Art von
»ich mag es«. Oder »das ist gut«.
    Er kann mich beschmutzen, so viel er
will, indem er seinen Dreck auf meinem Bauch ausleert. Ich denke nur an das
eine: mich zu waschen und zu schlafen, meinen Teddy auf dem Kopfkissen
wiederzufinden. Ich lege mich wieder schlafen, den Kopf zwischen den Schultern,
vollständig angezogen, ich höre den Atem meiner Schwester über meinem Kopf, und
am Ende schlafe ich mit geballten Fäusten wieder ein. So ist das. Morgen ist
Schule. Ich durchlaufe die Schule, ohne bei der Sache zu sein.
    Alle Nächte sind gleich. Ich habe ein
ständiges Bedürfnis zu weinen, mich auszuschütten. Auch Lust zu beißen. Mein
Kopfkissen bekommt es zu spüren. Die Schluchzer und die Bisse. Danach kommen
der Schlaf und die Alpträume.
    Ich stehe mitten in der Nacht auf, ich
taste mich in die Küche, ich nehme das große Messer, und ich werde ihn töten.
Ich weiß, daß er mich am Zustechen hindern wird, wenn ich das Messer mit der
Klinge nach unten anfasse. Ich müßte es andersherum halten, mit erhobener
Klinge. Aber ich kann nicht. Nie komme ich mit diesem Messer bei ihm an. Ich
versuche verzweifelt, einen Schritt vor den anderen zu setzen, ohne Erfolg, und
ich erwache schweißgebadet, mit dem Messer in

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