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Ich war zwölf...

Ich war zwölf...

Titel: Ich war zwölf... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Schweighoffer
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Schachtel. Es sind
Zigaretten darin.
    »Nimm meine.«
    »Wozu? Was haben deine Besonderes?«
    »Diese Zigaretten, mein Liebling, habe
ich extra für dich gemacht. Ich wollte, daß du heute abend gut drauf bist.
Wirklich gut drauf.«
    Ich begreife nicht. Warum nicht meine?
Was ist das wieder für eine Komödie?
    »Wenn du nicht geläutert werden willst,
wirst du eine von diesen Zigaretten rauchen.«
    Geläutert, mit dem Gürtel. Mist. Ich
verstehe nicht.
    »Aber ich will keine davon. Laß mich in
Ruhe mit diesen Dingern. Ich will meine rauchen. Und dann gehen mir deine
Blödheiten auf den Wecker! Hörst du mich? Ich hab’s satt. Bis oben hin!«
    Diesmal habe ich übertrieben.
Schimpfworte. »Bis oben hin.« Normalerweise müßte er nun explodieren. Er
explodiert. Er brüllt:
    »Ach so? Du willst das nicht rauchen?
Das werden wir ja sehen. Zieh dich aus und zwar dalli! Los, nerv mich nicht!«
    Selbst das wirkte also nicht. Es
kümmerte ihn wenig, daß ich ihm die Stirn bot. Er konnte losbrüllen. Er hatte
für die Isolierung gesorgt. Und er brüllte: »Nerv mich nicht!«
    Ich hatte das Faß zum Überlaufen
gebracht. Alles, was ich tun konnte, war, mich so schnell wie möglich
auszuziehen. Er war fähig, mich totzuprügeln. Ich war schon halbtot vor Angst.
Er hat seinen Gürtel genommen, er hat begonnen, wie ein Rasender auf mich
einzuschlagen, wobei er schrie, ich dürfe den Gehorsam nicht verweigern.
Niemals den Gehorsam verweigern. Der Gürtel ging wie wahnsinnig auf und nieder,
das Leder schien auf meine Haut abzufärben. Mein Körper und insbesondere meine
Brust waren ganz rot geworden, und ich konnte mich überhaupt nicht wehren.
Dieser gottverdammte Gürtel glitt immer zwischen meinen Händen, meinen
Ellenbogen durch. Sie haben im Kino sicherlich schon solche Szenen gesehen,
wenn man Peitschenhiebe auf Sklavenrücken niedersausen läßt, das läßt Sie
völlig kalt. Das ist Kino. Ein Ledergürtel, der auf die nackte Haut
niederprasselt — diesen Schmerz können Sie sich nicht vorstellen. Das Sausen,
das Klatschen, der Schmerz, wieder und wieder. In dieser Nacht war er
vollkommen tollwütig. Ein Irrer. Ein Hysteriker. Er tobte. Das tat er gern. Das
verschaffte ihm Erleichterung. Danach war er glücklich. Und ich, was war ich? Ein
Hund. Wer dachte an mich? Niemand. Ich war ein Gegenstand, auf den man
einschlägt, um sich zu erleichtern. Kein junges Mädchen. Ein Nichts. Weniger
als ein Nichts. Und danach war ich gezwungen, seine verdammte Zigarette zu
rauchen. Sie schmeckte komisch, richtig ekelhaft. Aber ich hatte keine Wahl.
Entweder rauchte ich oder er begann von neuem, mich zu »läutern«.
    Ich sehe mich wieder schlottern vor
Angst und Schmerz, wie ich diesen Rauch inhaliere. Ich höre ihn noch sagen:
»Inhaliere den Rauch, inhaliere. Du wirst sehen, es ist einmalig.« Der Kopf
drehte sich mir davon, und ich wollte wissen, was dieses abscheuliche Zeug war.
Es war Shit. Eine Droge. Er gab mir, seiner Tochter, Drogen!
    »Du wirst sehen, das entspannt. Das
wird dir Lust machen...«
    Er glaubte wirklich, ich würde mich mit
seinem Shit im siebten Himmel fühlen. Er hatte sich verrechnet. Alles drehte
sich in meinem Kopf, weiter nichts. Er warf sich auf mich in dem Glauben ich
»liebte«, was er mit mir tun würde. Und ich empfand nichts. Rein gar nichts.
Ich war frigide. Das mußte er akzeptieren. Und weder seine Droge, noch sein
Champagner, noch irgend etwas anderes würde daran das geringste ändern. Ich
empfand nur Haß, einen grenzenlosen Haß. Er war ein Schwein, und ich war eine
Hure, aber ich wollte ihm nicht ähnlich sein. Um nichts auf der Welt.
    Ich mußte einen zweiten Joint rauchen
und mir seinen nicht endenwollenden Blödsinn anhören. Ich hatte einen Orgasmus
gehabt, ich war auf dem Höhepunkt gewesen. Er war davon überzeugt. Mir war
schwindlig, schwindlig, ich war am Ende meiner Kraft, aber bei klarem Verstand.
Im stillen machte ich mich über ihn lustig, etwas anderes blieb mir nicht. Ich
beleidigte ihn. »Armes Schwein, armer Idiot, armer Dummkopf, wenn du glaubst,
daß ich mir aus deinem Dreck etwas mache...«
    Auch ich stellte meine Berechnungen an.
Ich machte eine Art Liste. Die Rechnung wurde höher. Jetzt waren wir bei Drogen
angelangt. Vergewaltigung, Auspeitschungen, sexuelle Willkür, ich begann mich
daran zu gewöhnen. Drogen, das war etwas anderes. Er würde mich körperlich und
moralisch zum Wrack machen, mit dem einzigen Ziel: meine Frigidität zu
bezwingen.
    »Liebe zwischen Vater

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