Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast
müssen. »Collingsworth ist ein ziemlich ungewöhnlicher Name. Wie wirst du genannt? Collie?«
»Zu Hause habe ich einen anderen Spitznamen, den mir mein jüngerer Bruder gegeben hat«, erklärte er, »aber Collie ist völlig in Ordnung. Eine Menge Leute nennen mich so. Ich bin wie ein gut dressiertes Hündchen – ich reagiere auf jeden Zuruf.«
»Ein gut dressierter Collie ?« Helen lächelte. Sie hatte es sonst nicht so mit Wortspielen, aber dieses hier hatte sich geradezu aufgedrängt. »Freut mich, dich kennenzulernen. Wir sind quasi Nachbarn. Ich wohne in 215.«
»Und dein Freund?«, fragte Collie. »Wieso lässt er seine hübsche Freundin hier so ganz allein in der Sonne liegen?«
»Barry wohnt auf dem Campus, ist aber ziemlich oft hier. Du wirst ihn bestimmt bald kennenlernen.« Sie drehte sich auf den Bauch und schloss wieder die Augen. »Im Sommer findet das Leben im Four Seasons nämlich hauptsächlich draußen am Pool statt und am Wochenende werden regelmäßig Partys gefeiert. Es lässt sich hier ziemlich gut leben. Du wirst dich bestimmt wohlfühlen.«
»Das tue ich jetzt schon«, sagte Collie. »Noch besser würde es mir allerdings gefallen, wenn das schönste Mädchen hier nicht schon vergeben wäre. Bist du schon lange mit deinem Freund zusammen?«
»Fast zwei Jahre. Wir haben uns auf der Highschool kennengelernt. Könntest du bitte kurz schauen, ob ich schon einen Sonnenbrand habe?«
»Schwer zu sagen in dem hellen Licht«, meinte Collie nach einem prüfenden Blick auf ihren Rücken.
»Dann geh ich lieber mal rein. Ich liege hier schon ewig.« Helen drehte sich wieder um und setzte sich auf. »Am Ende schält sich mein Rücken und ich riskiere meinen Job.«
»Was für ein Job ist das, bei dem man keinen Sonnenbrand haben darf?«, fragte Collie. »Bist du Model oder so was?«
»Ich bin der Channel Five Future Star.« Helen schaffte es nicht, den stolzen Unterton in ihrer Stimme zu unterdrücken, dazu war sie selbst noch viel zu überwältigt von der Wendung, die ihr Leben genommen hatte. »Vielleicht hast du mich schon mal im Fernsehen gesehen.«
»Daran würde ich mich mit Sicherheit erinnern«, sagte Collie ernst. »Ich schaue nicht besonders viel fern, aber jetzt weiß ich ja, welchen Sender ich öfter mal einschalten sollte.«
»Im Gemeinschaftsbereich steht ein großer Flachbildfernseher.« Helen griff nach ihrer Sonnenmilch und stand auf.
Netter männlicher Zuwachs für unsere Anlage, dieser Collie, dachte sie. Er sieht zwar bei Weitem nicht so gut aus wie Barry, aber ich bin mir sicher, dass er innerhalb kürzester Zeit ein paar Verehrerinnen finden wird. Zum Beispiel die beiden liebeshungrigen Lehrerinnen aus Nummer 213. Wahrscheinlich kratzen sie sich seinetwegen bald die Augen aus.
»Viel Spaß noch in der Sonne«, sagte sie. »Aber pass auf, dass du nicht eindöst so wie ich und als Hummer wieder aufwachst.«
»Danke für den Tipp. Und dir viel Glück, dass dein schöner Rücken nicht durch Sonnenbrand entstellt wird.« Collingsworth Wilson hob kurz die Hand zum Abschied.
Er ist nett, dachte Helen noch einmal, als sie um den Pool herum und dann die Treppe hochging. Während sie im zweiten Stock in den offenen Durchgang bog und ihr Apartment ansteuerte, fragte sie sich, ob sie sich womöglich tatsächlich einen Sonnenbrand eingefangen hatte. Dabei wusste sie eigentlich, wie dumm es war, sich mitten am Tag in die pralle Sonne zu legen. Eine gesunde Bräune sah vor der Kamera toll aus, aber man musste sie sich vorsichtig zulegen, was bedeutete, dass man nie länger als eine Stunde am Stück sonnenbaden durfte.
Sollte ich mich wirklich schälen , sagte sie sich lächelnd, kann ich das vielleicht irgendwie als Witz in den Wetterbericht einbauen. »Es war ein verdammt heißer Tag heute, und ich kann nur hoffen, dass Sie, liebe Zuschauer, nicht den gleichen Fehler begangen haben wie ich …« Sie übte sich gerade erst in der Kunst der Improvisation. Die Arbeit fürs Fernsehen erforderte nämlich weit mehr als nur gutes Aussehen und ein nettes Lächeln, wie sie Elsa immer wieder zu erklären versuchte. Man musste es schaffen, auch in den größten Stresssituationen ganz entspannt und natürlich zu wirken und hier und da ein paar launige Bemerkungen einbauen, damit man nicht wie eine Aufziehpuppe wirkte.
Den Zettel an ihrer Wohnungstür bemerkte sie erst, als sie den Schlüssel ins Schloss steckte. Und dann stand sie wie gelähmt da und starrte ihn an.
Es war eine aus einer
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