Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast
Erwachsener verurteilt werden.«
»Aber es war doch ein Unfall«, wandte Helen ein. »Das kann jeder von uns bezeugen. Das Fahrrad ist wie aus dem Nichts aufgetaucht. Wir sind um die Kurve gefahren und da war es plötzlich. Ohne Licht. Ohne Rückstrahler. Es war nicht unsere Schuld.«
»Du vergisst anscheinend, dass wir alle getrunken und gekifft haben«, hielt Barry dagegen. »Die Bullen sind schließlich nicht blöd. Die werden das merken, sobald wir aus dem Wagen aussteigen. Und wir sprechen hier von einem Unfall mit Fahrerflucht, das ist mit das Schlimmste, wofür man angeklagt werden kann. Da spielt es keine Rolle, dass Ray den Krankenwagen gerufen hat.«
»Vielleicht ist er ja gar nicht tot«, murmelte Julie. »Vielleicht ist er nur verletzt.«
»Es bleibt trotzdem Fahrerflucht.«
»Ich bin genauso verantwortlich«, sagte Ray. »Schließlich ist es mein Wagen.«
»Den du auch gefahren wärst, wenn du beim Münzewerfen nicht gewonnen hättest.« Barry warf ihm über die Schulter einen Blick zu. »Du bist doch hier der Überflieger, der eine Klasse übersprungen hat, und du bist erst siebzehn. Wenn du dich stellen willst, bitte.«
»Du meinst, ich soll so tun, als sei ich gefahren?« Gegen seinen Willen war Ray sein Entsetzen über diesen Vorschlag deutlich anzuhören.
» Warum eigentlich nicht?«, meldete sich Helen zu Wort. »Wenn du so wild darauf bist, dich zu stellen, wäre das eine Möglichkeit. Das Schlimmste, was dir passieren kan n, ist, dass du deinen Führerschein für ein paar Monate abgenommen bekommst. Es ist dein Wagen, und wie Barry schon gesagt hat, war es pures Glück, dass du nicht am Steuer gesessen hast.«
»Das ist doch lächerlich!«, entgegnete Julie aufgebracht. »Fakt ist, dass er nicht gefahren ist und bescheuert wäre, es zu behaupten. Das könnte ihm seine ganze Zukunft versauen.«
»Dann wäre es also in Ordnung für dich, wenn Barry ins Gefängnis wandern würde, aber dein Ray soll auf gar keinen Fall einen Fleck auf seiner makellos reinen Weste riskieren, ja?« Helens Stimme überschlug sich beinahe vor Empörung. »Was seid ihr bloß für Freunde, dass ihr Barry einfach so an Messer liefern würdet? Ihr habt nichts zu verlieren – ganz im Gegensatz zu ihm!«
»Sie hat nicht ganz unrecht, Jules«, sagte Ray leise. »Barry würde die Hauptverantwortung tragen, dabei hat er nicht mehr oder weniger Schuld als der Rest von uns, außer dass er zufällig derjenige war, der gefahren ist.«
»Zu schnell gefahren ist«, erwiderte Julie. »Das weißt du genau. Er fährt immer zu schnell.«
»Hast du jemals irgendetwas dagegen gehabt?«, fragte Barry aufgebracht. »Wenn dir mein Fahrstil nicht passt, hättest du mir das ja auch früher mal sagen können. Aber dich hat ja nur interessiert, auf diese Scheißrückbank zu kommen. › Oh Ray, Ray – wir haben gewonnen! ‹« , äffte er sie nach. »Du wusstest genau, dass ich was geraucht hatte. Scheint dich aber nicht gestört zu haben.«
»Lasst uns abstimmen«, schlug Helen vor.
Einen Moment lang sagte niemand etwas. »Okay«, meinte Barry schließlich. »Was ist mit euch beiden? Seid ihr damit einverstanden?«
»Es wird zwei gegen zwei stehen«, sagte Julie.
»Dann losen wir.«
»Bei so etwas lost man nicht.«
»Wie sollen wir sonst zu einer Entscheidung kommen?«
»Wir müssen abstimmen«, sagte Helen. »Das ist das Einzige, was wir tun können. Ich stimme dafür, dass wir nicht umkehren. Wir fahren nach Hause und lassen die Polizei und die Ärzte ihre Arbeit tun. Wir können jetzt sowieso nichts mehr machen.«
»Ich schließe mich Helen an«, sagte Barry.
»Ich nicht«, entgegnete Julie. »Ich bin dafür, dass wir zurückfahren … sofort .«
»Hältst du dich dann wenigstens an das Ergebnis der Abstimmung?«, fragte Barry.
»An die Abstimmung, nicht an das Auslosen. Wenn es zwei zu zwei steht, bin ich dafür, zurückzufahren.« Zuversichtlich wandte sie sich Ray zu.
»Ich … ich stimme …« Ray blickte unsicher zu Barry. Er konnte ihn im dunklen Wageninneren nicht richtig sehen, aber an der Art, wie er dasaß und angespannt das Lenkrad umklammerte, wusste er genau, was in ihm vorging.
In der Ferne wurde das durchdringende Heulen von Sirenen hörbar.
»Er ist mein bester Freund, Julie«, sagte Ray leise.
Sie sah ihn ungläubig an. »Willst du damit etwa sagen, dass du auf ihrer Seite bist? Ray, das kann nicht dein Ernst sein!«
»Aber Barry hat recht. Was würde es bringen, wenn wir jetzt zurückfahren?
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