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Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Titel: Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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gemeinsam durch die Straßen und genossen den milden, sonnigen Nachmittag – einen Nachmittag, wie Julie sich nun mit einem schmerzhaften Stich erinnerte, der so schön gewesen war wie der heutige, nur dass es damals nichts gegeben hatte, was ihn getrübt hätte. Der Tag war angefüllt gewesen mit Frühlingsdüften, Plänen für den bevorstehenden Ball und dem Wunder, jung zu sein und hübsch und verliebt.
    Der kleine, etwas heruntergekommene Bungalow, in dem Helen mit ihrer Familie wohnte, hallte von Kindergeschrei wider. Zwei kleine Jungs stritten sich im Vorgarten lautstark, und das Wohnzimmer wurde von einem plärrenden Fernseher beherrscht, vor dem wie hypnotisiert ein ungefähr zwölfjähriges Mädchen mit ernstem Gesichtsausdruck sowie ein Kleinkind mit nassem Windelhöschen saßen.
    Helens Mutter war im Schlafzimmer.
    »Ihr geht es nicht so gut«, erwähnte Helen wie nebenbei. »Der Lärm und das Geschrei machen ihr immer zu schaffen, wenn sie schwanger ist. Komm, mein Zimmer liegt im hinteren Teil des Hauses.«
    Dort lernte sie Elsa kennen. Ein plumpes Mädchen, das offensichtlich ein paar Jahre älter war als Helen und, auf einem der Betten liegend, in einer Zeitschrift blätterte. Sie blickte auf, als Julie und Helen hereinkamen, und kniff ganz leicht die Augen hinter der Brille zusammen.
    »Ich fasse es nicht«, sagte sie spöttisch, »die Prinzessin bringt tatsächlich eine Freundin mit nach Hause.«
    »Meine Schwester Elsa«, stellte Helen sie vor. »Elsa, das ist Julie James.«
    »Von den Cheerleadern.« Elsas Stimme klang abfällig. »Klar. Schon viel von dir gehört, Julie James. Von dir und Barry Cox und den ganzen anderen coolen Leuten, mit denen Helen am liebsten ihre kostbare Zeit verbringt.«
    »Hallo, Elsa«, erwiderte Julie so freundlich wie möglich, dann wanderte ihr Blick zu dem Kleid, das auf Helens ordentlich gemachtem Bett lag. »Wow, es ist wunderschön!«
    Es war wirklich wunderschön. Fließender weißer Stoff, im schlichten Stil einer griechischen Toga geschnitten und mit einer dünnen goldenen Borte gesäumt. Als Helen das Kleid hochnahm und an ihren Körper hielt, verschlug es Julie beinahe den Atem.
    »Ein absoluter Traum«, rief sie. »Ich kann mir nichts Eleganteres vorstellen! Wo hast du das bloß gefunden?«
    Helen errötete und zögerte, bis Elsa schließlich sagte: »Na los, Helen. Erzähl deiner Freundin ruhig, wo du das Kleid herhast!« Dann wandte sie sich mit hämischer Miene an Julie und verkündete: »Sie hat es aus dem Secondhandladen, wo sie alle ihre ›eleganten‹ Klamotten herhat. Sachen, die andere Leute nicht mehr haben wollten. Das Kleid hat wahrscheinlich mal irgendeiner stinkreichen Schnalle gehört, die zu fett dafür wurde.«
    »Muss das sein, Elsa?« Helen ließ das Kleid sinken und hielt es wie einen Schild vor sich, als könne sie sich damit vor den gehässigen Worten ihrer Schwester schützen. »Außerdem sieht es überhaupt nicht aus, als ob es aus einem Secondhandladen wäre.«
    »Ist doch egal, wo du es herhast«, versicherte Julie ihr hastig. »Es ist absolut perfekt und sieht aus wie für dich gemacht. Wenn man in Secondhandläden solche coolen Sachen finden kann, gehe ich in Zukunft auch dort shoppen.«
    »Man findet nicht immer was«, murmelte Helen. »Und meistens gehe ich in ganz normale Läden. Aber so ein Abendkleid kann ich mir neu einfach nicht leisten.«
    »Hauptsache, unsere wunderschöne Prinzessin sieht immer aus wie aus dem Ei gepellt.« Elsa setzte sich auf dem Bett auf. Sie hatte es ganz leise gesagt, aber in ihrer Stimme hatte eine Bitterkeit gelegen, bei der es Julie kalt über den Rücken lief.
    »Ist mein freier Tag heute. Ein Montag. Wirklich ganz toll. Ich meine, was soll man an einem Montag schon großartig unternehmen? Den Rest der Woche stehe ich bei Wards in der Unterwäscheabteilung hinter der Kasse. Und wozu das Ganze? Um genügend Geld nach Hause zu bringen, damit Mom über die Runden kommt und Helen sich ein Abschlussballkleid kaufen kann, das sie nur ein einziges Mal in ihrem Leben tragen wird, bevor es in der hintersten Ecke des Schranks verrottet.«
    »Es war nicht teuer«, sagte Helen.
    »Und warum hast du dir das Geld dafür nicht selbst verdient? Warum kannst du nach der Schule nicht jobben gehen und ein bisschen was zur Haushaltskasse beitragen, statt immer nur unser Geld auszugeben? In dem Burgerladen in der Carlisle Street suchen sie für abends eine Küchenhilfe. Du musst bloß hingehen und dich

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