Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast
bewerben.«
»Danke für den Tipp, aber Hamburger brate ich hier zu Hause schon zur Genüge, da suche ich mir lieber einen anderen Job.« Helen hängte das Kleid in den Schrank und drehte sich danach zu Julie um. »Komm. Gehen wir in die Küche und trinken was.«
»Ich muss leider schon wieder los.« Julie warf verlegen einen Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk. »Ray wollte gleich bei mir vorbeikommen.«
Sie hatte Elsa zum Abschied angelächelt, was ihr ziemlich schwergefallen war. »War nett, dich kennenzulernen.«
»Gleichfalls«, hatte Elsa geantwortet.
Ihr war kein sehr schmeichelhaftes Bild von Elsa in Erinnerung geblieben: stämmige Beine, breites Gesicht, der Ansatz eines Doppelkinns, die Haare vom Kissen platt gedrückt, und dann diese kalten, stechenden Augen, die wütend und unglaublich verbittert durch die Brille funkelten.
»Zutrauen würde ich es ihr«, sagte sie jetzt zu Ray. »Elsa könnte Barry angerufen und sich für Helen ausgegeben haben. Vielleicht hat sie sogar auf ihn geschossen.«
»Ich weiß nicht …« Rays Blick war skeptisch. »Sie ist extrem unsympathisch, das stimmt, aber was sollte sie gegen Barry haben? Man geht doch nicht einfach los und schießt völlig grundlos auf den Freund seiner Schwester.«
»Eifersucht ist ein Grund«, sagte Julie. »Indem sie Barry verletzt, verletzt sie auch ihre Schwester.«
»So gesehen wäre es denkbar. Vielleicht weiß sie von dem Unfall – möglicherweise hat Helen irgendwann mal im Schlaf geredet – und hat uns die anonymen Nachrichten geschickt, um den Verdacht von sich abzulenken.«
Mittlerweile waren sie vor dem Haus der James’ angekommen. Ray hielt in der Einfahrt und ließ den Motor laufen.
»Was hältst du davon, wenn ich später noch mal vorbeikomme? Einfach so, um noch ein bisschen zu reden.«
»Ich glaube, für heute haben wir genug geredet«, erwiderte Julie. »Mir schwirrt der Kopf, und ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendetwas bringt, das Ganze noch mal durchzukauen. Wenn es jemanden gibt, mit dem wir reden müssen, dann Barry.«
»Vielleicht klappt es ja morgen.« Ray hob die Hand, als wolle er sie berühren, überlegte es sich dann jedoch anders und legte sie aufs Lenkrad zurück. »Pass auf dich auf.«
Es war nicht nur so dahergesagt, sein Blick war aufrichtig besorgt. »Ich meine es ernst, Jules. Bitte sei vorsichtig.«
»Du glaubst, wir sind in Gefahr?«
»Jedenfalls solltest du dich in nächster Zeit mit niemandem treffen, der sich am Telefon mit dir verabreden will … Immerhin können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass es wirklich Elsa war, die bei Barry angerufen hat. Im Grunde wissen wir gar nichts. Also, gib auf dich Acht, okay?«
Julie nickte beklommen. »Du auch.«
Sie stieg aus dem Wagen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis es dunkel war, am violettfarbenen Himmel leuchtete bereits ein einsamer Stern. Im Haus brannte Licht, und als sie am Fuß der Treppe angekommen war, drehte sie sich um und sah, dass Ray noch keine Anstalten machte loszufahren. Erst als die Haustür hinter ihr ins Schloss fiel, hörte sie, wie er den Wagen anließ und langsam aus der Einfahrt rollte.
Der Duft von warmem Brot durchzog das Haus – offensichtlich backte ihre Mutter wieder.
»Julie?«, rief sie aus der Küche. »Bist du das, Schatz?«
»Wer sonst?«
Eine Weile blieb sie im Wohnzimmer stehen, schlang die Arme um den Oberkörper und versuchte, ihren Herzschlag zu beruhigen. Die Ereignisse des Nachmittags waren so aufwühlend gewesen, dass die emotionale Erschöpfung sie zu überwältigen drohte. Die warme Geborgenheit des Hauses, das Gefühl, hier in Sicherheit zu sein, die liebevolle Stimme ihrer Mutter, die vertrauten Gerüche und Geräusche waren plötzlich mehr, als sie ertragen konnte.
»Julie? Ich bin in der Küche.«
»Komme gleich.« Sie holte ein paarmal tief Luft, ermahnte sich stumm, sich zusammenzureißen, und ging vom Wohnzimmer in die Küche.
Ihre Mutter, die gerade ein Brot aus der Kastenform nahm, drehte sich lächelnd zu ihr um und zog dann besorgt die Brauen zusammen. »Was hast du, Liebes? Stimmt irgendetwas nicht?«
»Nein, alles in Ordnung.« Julie deutete auf das Brot. »Du backst in letzter Zeit ganz schön oft. Was hast du vor? Willst du uns mästen?«
»Ein paar Kilo mehr würden dir nicht im Mindesten schaden.« Ihre Mutter wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. »Wo warst du denn? Es ist schon kurz nach halb sieben.«
»Ray hat mich nach der Schule abgeholt und wir sind ein
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