Ich weiss, wie du tickst: Wie man Menschen durchschaut (German Edition)
. Wenn wir dann diese Verzerrung auch noch aufblasen, indem wir nicht nur das Verhalten des anderen, sondern auch noch seine Person bewerten (Du-Botschaften: «Du bist immer so und so …»), dann eskaliert die Sache, denn nun sind Vorwürfen, Rechtfertigungen, Schuldzuweisungen und Nörgeleien Tür und Tor geöffnet.
«Andere zu akzeptieren heißt zu lernen, sich über ihre typischen Eigenarten nicht länger aufzuregen, sondern darüberzu schmunzeln.» (Stöger/Jäger 2004, S. 111)
Wie gehen wir nun vor gegen die typischen «Aufreger» im Alltag? Was machen wir, wenn uns das Verhalten unserer Mitmenschen auf die Palme treibt und wir dazu neigen, mit Vorwürfen, Nörgeleien und Ähnlichem zu reagieren? Schauen wir uns ein Beispiel an:
Thomas gehört zur «Sorte» der Rotdominanten und Kreativen, seine Partnerin Petra ist eine Blaudominante. Als Visionär liegt es Thomas nicht gerade, Ordnung zu halten. Seine getragenen Socken verstreut er liebend gerne über die ganze Wohnung, was Petra bisher immer aufgeregt hat und zu Nörgeleien führte. Sie entscheidet sich, aus diesem Loser-Programm auszusteigen. Statt sich zu ärgern, betrachtet sie ihren Partner ab sofort als fremde, aber faszinierende Spezies. «Aha», sagt sie sich, «kreative Visionäre verteilen ihre Socken also über die ganze Wohnung. Wozu mag das gut sein? Und wie können wir zu einer friedlichen Koexistenz gelangen?» Die neue Sichtweise muss sie einige Male «trainieren», bis es tatsächlich funktioniert. Auf Anhieb gelingt es ihr nicht, aus dem alten Muster herauszukommen, weil der Ärger über diese schlechte Angewohnheit sich in ihr schon festgenagt hatte .
Schließlich hat sie eine tolle Idee: An jeden der herumliegenden Socken heftet sie mit einer Nadel ein unübersehbares rotes Schildchen mit der Aufschrift: «Ich liebe dich!» In ihre Sockenaktion bezieht sie gleich auch diejenigen Socken ein, die noch geordnet im Schrank liegen. Als Thomas nach Hause kommt, wundert er sich über die vielen roten «Eye-catcher», die ihm in der Wohnung ins Auge stechen. Die verstreuten Socken waren ihm bisher gar nicht aufgefallen, aber die roten Schilder schon. Seine Partnerin fordert ihn auf, alle roten Schildchen zu lesen, was er auch tut. Als er den Witz erkennt, fangen natürlich beide an zu lachen, und Thomas sieht ein, dass es so nicht weitergehen kann. Es wird eine rote Kiste mit einem «Ich liebe dich!»-Herzchen darauf angeschafft, in der er ab sofort seine getragenen Socken sammelt .
Mit Humor und Witz lässt sich so manches zwischenmenschliche Problem lösen. Schauen wir uns genauer an, wie man Schritt für Schritt in schwierigen Situationen vorgeht und aus Loser-Programmen aussteigt:
1. Sie beobachten wiederholt ein bestimmtes Verhalten an Ihrem Partner, Ihrem Kind, Ihrem Chef usw., das ihnen missfällt.
2. Sie stellen jegliche negative Bewertung oder Interpretation des Verhaltens zurück (vgl. Tabelle S. 76). Sie vermeiden außerdem negative Bewertungen der Person!
3. Sie tolerieren und akzeptieren das Geschehene.
4. Sie aktivieren Ihre Menschenkenntnis, das heißt, Sie ordnen das beobachtete Verhalten dem jeweiligen Verhaltenstyp zu.
5. Sie bemühen sich um eine «neutrale», wertfreie Sichtweise der Situation und des Verhaltens des anderen.
6. Sie gehen auf Vorwürfe und Nörgeleien des anderen nicht ein und lassen sie ins Leere laufen.
7. Sie fokussieren das Ziel: Was wollen Sie wirklich erreichen?
8. Ihnen fällt eine Lösungsmöglichkeit ein, z. B. argumentieren Sie gegenüber dem Betreffenden entsprechend seinen Motiven und verwenden Signalwörter, die ihn ansprechen. Kommunizieren Sie klar und deutlich, nicht «hinten rum».
9. Hüten Sie sich vorder Ansicht, der andere müsse sich daraufhin «ändern»! Bleiben Sie gelassen, wenn sich nichts ändert.
10. Testen Sie weitere Lösungsmöglichkeiten. Humor könnte helfen.
11. Beobachten Sie die Wirkung. Wenn sich etwas ändert, freuen Sie sich. Wenn sich immer noch nichts ändert, bleiben Sie weiterhin gelassen und akzeptieren Sie das Geschehen!
Sie sehen, dass es keine Universallösung für derartige Probleme gibt. Möglicherweise ändert sich nichts, auch wenn Sie sich tolle Ideen einfallen lassen und gut argumentieren. Meiner Erfahrung nach bewegt sich jedoch in 70 bis 90 Prozent der Fälle etwas zum Positiven, wenn man es schafft, die Motive des anderen anzusprechen. Manchmal sind dafür einige Wiederholungen nötig: Steter Tropfen höhlt den Stein.
Der springende Punkt ist, immer
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