Ich werde immer da sein, wo du auch bist
und Maddy.
»Caitlin?«, fragt eine männliche Stimme, aber es ist nicht Taylors.
Ich drehe mich um.
Davey und Amanda. Davey hat jetzt einen Bart, und Amanda hat sich die Haare kurz schneiden lassen. Sofort fühle ich mich etwas benommen. In meinem Kopf brummt es.
»Du liebe Güte«, flüstert Amanda.
»Caitlin.«
Sie macht einen kleinen Schritt auf mich zu, aber dann bleibt sie stehen. Früher haben wir uns immer umarmt, wenn wir uns gesehen haben, deshalb fühlt sich der Abstand zwischen uns viel größer an, als er in Wirklichkeit ist.
»Hi«, krächze ich.
Sie sind anscheinend genauso verdutzt wie ich. Amanda sieht aus, als würde sie sich die Tränen verkneifen, und Davey steht stocksteif da.
»Du siehst …«, sagt er schließlich. Aber er beendet den Satz nicht.
»Du siehst so erwachsen aus«, sagt Amanda.
Als Davey sich endlich bewegt, berührt er schnell und leicht meine Schulter.
»Entschuldige«, sagt er. »Es ist schwer für dich, was? Aber, Scheiße, es tut so gut, dich zu sehen. Sind das deine Freunde?« Er zeigt zum Fenster. Vor dem Café stehen Taylor und Dylan und unterhalten sich.
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Wie kann ich ja sagen, ohne dass es sich anhört, als hätte ich Ingrid total vergessen? Aber ich kann keine andere Antwort geben.
»Ja.«
Sie sehen nicht sauer aus.
»Weshalb seid ihr hier?«, fragt Amanda.
»Wir wollen uns ein Theaterstück ansehen.«
»Du musst uns mal besuchen.«
»Gern.« Aber will ich das?
»Das wäre super«, sagt Davey, als würde er es meinen.
»Ja«, sage ich. »Ich werde kommen.«
Ich weiß nicht, wie ich das Gespräch beenden soll, und sie anscheinend auch nicht. Ich mache einen Schritt in Richtung Tür.
»Ich hör mir immer noch die Kassette an, die du mir mal gemacht hast.«
»Wirklich?«, fragt Davey.
»Ja.«
Ich sehe Amanda an. »Und ich hör mir fast jeden Abend die Cure- CD an.«
Sie lächelt.
»Okay«, sage ich. »Also, meine Freunde warten …«
Sie nicken beide, ihre Köpfe bewegen sich total synchron.
»Viel Spaß«, sagt Davey, und dann steh ich auf dem Gehweg.
4
Dylan erzählt, dass die Theatergruppe von der Dolores Highschool in der ganzen Stadt berühmt ist. Vor ein paar Jahren bekam sie eine Spende von einer reichen alten Schauspielerin aus Pacific Heights, und von dem Geld haben sie dort, wo früher die Sporthalle war, ein richtiges Theater gebaut.
Schon beim Reinkommen ist klar, dass das keine der üblichen Schüleraufführungen ist. Es wimmelt nur so von teuer gekleideten Leuten. Eine Frau an der Tür verteilt Programme. Ich schaue in das Programm und sehe ein Foto von Maddy, die ernsthaft, anmutig und konzentriert in die Kamera blickt.
Ich zeige es Taylor.
Dylan strahlt.
»Sie ist echt süß«, sagt Taylor zu ihr.
Dylan sieht aus, als würde sie gern noch breiter lächeln, aber das geht leider nicht.
»Ich weiß.« Sie schnurrt beinahe.
Wir suchen uns drei Plätze in der dritten Reihe. Ich sitze zwischen Dylan und Taylor. Als die meisten Plätze besetzt sind, sehe ich Dylans Freunde reinkommen, mit denen wir damals im Park rumgehangen haben.
»Hey, sieh mal«, sage ich zu ihr. Dylan winkt ihnen zu, aber sie steht nicht auf. Sie bleibt bei Taylor und mir sitzen, und das macht mich irgendwie glücklich. Ich halte es kaum aus, wie richtig es sich anfühlt, wie ich hier zwischen Taylor und Dylan sitze und darauf warte, dass die Lichter ausgehen.
Ich schaue wieder ins Programmheft und erkenne auch den Schauspieler, der den Romeo spielt.
»Hey«, sage ich zu Dylan und zeige auf das Porträt. »Das ist doch auch ein Freund von dir, nicht? Der in diese Kellnerin verknallt war?«
»Ja. Er ist auch echt gut.«
Dann ertönt eine Glocke, und es wird still im Saal und dunkel. Es raschelt, als der Vorhang sich hebt. Auf der Bühne stehen drei Schauspieler im Scheinwerferlicht.
Sie sprechen synchron: »Zwei Häuser in Verona, beide an Ansehen gleich, entfachen neuen Streit aus altem Hass …«
Ich lehne mich auf meinem Platz zurück.
Die Männer der Capulets und Montagues kämpfen mit Schwertern auf der Bühne, und es scheppert, wenn sie aufeinandertreffen.
Dylans Freund betritt die Bühne.
»Erst so früh?«, fragt er Benvolio. »Weh mir! Gram dehnt die Zeit.«
Es ist Romeo, und er ist untröstlich. Jedes Wort ist voller Sehnsucht. Als er sagt: »So lehre mich das Denken zu vergessen!«, erkenne ich zum ersten Mal in meinem Leben, warum sie um Shakespeare so ein Trara machen.
Es scheint eine Ewigkeit,
Weitere Kostenlose Bücher