Ich werde schweigen Kommissar Morry
einen Pernod.
Die blondgelockte Schönheit hinter dem blitzenden Ding aus Chrom und Silber strahlte ihn ermunternd an.
„Lange nicht gesehen, Mr. Vereston“, sagte sie mit blitzenden Zähnen. „Seit Ihrer Reise vergraben Sie sich anscheinend in Ihrer häuslichen Burg.“
Mark Vereston drehte sich unruhig um. Seine Blicke wanderten zerfahren durch die violett angestrahlte Bar.
„Wo sind denn die anderen?“, fragte er zögernd. „Ich meine die Herren, die mich auf meiner Reise begleiteten und die früher immer an meiner Seite . . .“
„Ja, das ist seltsam, Mr. Vereston“, lächelte Daisy Hoorn und befeuchtete mit spitzer Zunge die rotlackierten Lippen.
„Ihre Freunde kommen auch nicht mehr. Weiß der Kuckuck, warum sie sich alle nicht mehr blicken lassen.“
„Ich könnte es Ihnen sagen“, murmelte Mark Vereston geistesabwesend. Noch im gleichen Moment biß er sich auf die Lippen. Er sprach nicht weiter. Er wurde still und in sich gekehrt.
„Sie müßten etwas anderes trinken, Mr. Vereston“, sagte Daisy Hoorn schalkhaft. „Ich habe einen ganz neuen Cocktail da? Wollen Sie ihn probieren?“
Mark Vereston sagte nicht ja und auch nicht nein. Er trank das, was sie ihm vorsetzte. Zwischendurch blickte er sie immer wieder an. Sie war verführerisch zurechtgemacht, und er mußte zugeben, daß sie sich raffiniert zu schminken verstand. Sie konnte reizvoll lächeln, und ihre Worte waren wie ein sanftes Streicheln. Ihre Figur war gerade so üppig, wie es das Handwerk verlangte.
„Sie haben Ihr Wort nicht gehalten, Mr. Vereston“, sagte sie gedehnt. „Sie wollten mir doch die Schätze zeigen, die Sie aus Brasilien mitbrachten?“
„Sie sind ja nicht gekommen“, brummte Mark Vereston wortkarg. „Ich hätte mich über Ihren Besuch wirklich gefreut. Gerade in den letzten Tagen war ich besonders einsam.“
„Man kann es ja nachholen“, meinte Daisy Hoorn mit einem verschleierten Seitenblick. „Ich werde später mit Ihnen gehen. Mich interessieren hauptsächlich die kostbaren Steine, die Sie während Ihrer Reise gesammelt haben.“
Mark Vereston verstand sie nicht gleich.
„Wann wollen Sie mit mir gehen?“, fragte er stirnrunzelnd.
„Nach Dienstschluß. Ich werde um elf Uhr abgelöst.“
„Aber das geht doch nicht“, warf Mark Vereston hastig ein.
„Sie können doch nicht mitten in der Nacht in das Haus eines Junggesellen . . .“
„Und ob ich das kann“, lächelte Daisy Hoorn und wiegte sich kokett in den Hüften. „Sie sind für mich ja kein Fremder, Mr. Vereston. Ich kenne Sie jetzt... na warten Sie mal . . . seit mindestens zwei Jahren. Da ist ein kleiner Hausbesuch schon erlaubt, nicht wahr?“
Wo jeder andere Mann begeistert zugestimmt hätte, hatte Mark Vereston nur ein Achselzucken übrig. Mit keinem Gedanken schien er an die Freuden zu denken, die ein Mädchen wie Daisy Hoorn spenden konnte. Sein Hirn war mit anderen Dingen beschäftigt. Er dachte wieder an den Brief, den er in der Tasche trug.
„Geben Sie mir einen Whisky“, bat er mit spröder Stimme. „Mir schmeckt heute alles so bitter. Sie müssen Galle in Ihre Cocktails gemischt haben.“
Daisy Hoorn nahm ihm die Worte nicht übel. Sie bediente ihn charmant und aufmerksam, bis sie abgelöst wurde. Dann hüllte sie sich rasch in einen flotten Pelzmantel, den sie einem Verehrer abgeluchst hatte und trat auf Mark Vereston zu.
„Ich bin fertig“, sagte sie. „Wir können gehen!“
„Wohin?“, fragte Mark Vereston mit schwerer Zunge.
„Mein Gott!“, seufzte Daisy Hoorn. „Wohin denn wohl? Zu Ihnen natürlich. Sie sollen mir doch etwas zeigen.“
Mark Vereston nickte schwerfällig. Sie hat eigentlich recht, dachte er. Es ist gar kein dummer Gedanke von ihr, wenn sie mich nicht allein läßt. Wer weiß, was ich in meiner Verzweiflung tun würde. Er brachte Daisy Hoorn zu seinem Wagen und schaltete die Heizung ein. Kurz nachher fuhr er ab. Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten. Vor einem altertümlichen Gebäude, das schon dreihundert Jahre auf dem gleichen Fleck stand, hielt er an.
„Das ist ja das reinste Schloß!“, rief Daisy Hoorn anerkennend. „Bewohnen Sie das große Haus ganz allein?“
Mark Vereston hätte anstandshalber etwas sagen müssen. Aber auch diesmal schwieg er. Er schien die Anwesenheit des Mädchens völlig vergessen zu haben. Erst als sie in der Halle neben ihm stand, erinnerte er sich wieder an sie.
„Wir werden hier bleiben“, sagte er. „Oben ist nicht geheizt. Es ist Ihnen
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